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Ärztliche Haftung

Ärztliche Aufklärung über riskante Alternative zur Organent­fernung?

Ärzte sind verpflichtet, Patienten umfassend über Behandlungen oder Operationen aufzuklären. © Quelle: HeroImages/gettyimages.de

Ärzte müssen ihre Patienten über unterschiedliche Möglich­keiten einer operativen Behandlung informieren – ebenso wie über die Risiken. Doch wo sind die Grenzen der ärztlichen Aufklä­rungs­pflicht gegenüber Patienten? Muss ein Mediziner einen Patienten auch über eine sehr riskante und wenig erfolg­ver­spre­chende Operati­ons­al­ter­native aufklären?

Ärzte müssen Patienten umfassend aufklären. Dazu gehört auch, einen Patienten über eine riskante oder wenig erfolg­ver­spre­chende Operation aufzuklären. Das hat das Oberlan­des­gericht Hamm am 7. Dezember 2016 in einem von der Arbeits­ge­mein­schaft Medizinrecht des Deutschen Anwalts­vereins (DAV) mitgeteilten Fall entschieden (AZ: 3 U 122/15).  

Der Fall: Der neunjährige Junge musste operiert werden, da seine Niere aufgrund verschiedener Schädi­gungen nur 22 Prozent ihrer Leistungs­fä­higkeit hatte. Die Ärzte wollten bei dem Jungen eine neue Verbindung zwischen Nieren­becken und Harnleiter schaffen, um die Abfluss­ver­hältnisse in der linken Niere zu verbessern. Während der Operation stellten die Ärzte jedoch fest, dass die geplante Rekonstruktion bei dem Jungen aufgrund nicht vorher­sehbarer anatomischer Gegeben­heiten unmöglich war.

Die Ärzte unterbrachen die Operation des Jungen, um ein Gespräch mit den Eltern des Patienten zu führen. Die behandelnde Ärztin empfahl die sofortige Entfernung der Niere. Die Eltern stimmten zu. Später meinten sie jedoch, mangelhaft von den Ärzten aufgeklärt worden zu sein. Die Eltern verlangten von der Klinik und der Ärztin Schadens­ersatz, unter anderem Schmer­zensgeld in Höhe von 25.000 Euro.

Wann erhalten Patienten Schmer­zensgeld wegen mangel­hafter ärztlicher Aufklärung?

Der Richter sprach dem jungen Patienten 12.500 Euro Schmer­zensgeld zu. In der Tat sei die ärztliche Aufklärung unzureichend gewesen. Die Ärztin habe die Entfernung der Niere als alterna­tivlos dargestellt und die sofortige Nieren­ent­fernung empfohlen. Es wäre jedoch möglich gewesen, die Operation zunächst für eine Übergangszeit mit einer äußeren Harnab­leitung zu beenden, um danach die weitere Vorgehensweise in Ruhe zu besprechen.

Neben der Entfernung der Niere des Jungen hätte grundsätzlich auch die Möglichkeit bestanden, den Patienten nieren­er­haltend zu operieren und dadurch eventuell die Restfunktion seiner linken Niere zu erhalten. Laut dem Sachver­ständigen wäre diese Operation allerdings mit einem höheren Risiko und sehr zweifel­haftem Erfolg verbunden gewesen. Angesichts der Tragweite und der Bedeutung der Entscheidung für eine Nieren­ent­fernung oder eine riskante und schwierige Nieren­er­hal­tungs­ope­ration hätte man die Eltern des Jungen aber über die Möglichkeit eines OP-Abbruchs informieren müssen.

Die Eltern des Patienten hätten bei dieser Vorgehensweise die Möglichkeit gehabt, in Ruhe zu überlegen und zu entscheiden. In der Übergangszeit hätte eine ärztliche Aufklärung, Beratung und Entscheidung in Bezug auf die mögliche andere, wenn auch riskante und schwierige Option erfolgen können. Die Richter wiesen auch darauf hin, dass sich die Eltern als Einver­ständ­nisgeber vor der Operation ausdrücklich gegen eine Entfernung der Niere ihres Kinds ausgesprochen hatten.

Vor diesem Hintergrund war es für die Richter ohne Bedeutung, dass es sich nach Einschätzung des Sachver­ständigen bei der nieren­er­hal­tenden Operation um eine eher spekulative Maßnahme handelte, die über 90 Prozent der Urologen nicht durchführen würden.

Datum
Aktualisiert am
12.05.2017
Autor
red/dpa
Bewertungen
81
Themen
Arzt Gesundheit Haftung Krankenhaus Krankheit

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