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Hygienestandards

Klinik: Verunrei­nigter Handschuh kein grober Behand­lungs­fehler

Die Einhaltung von Hygienestandards ist extrem wichtig, aber nicht alles ist gleich ein Verstoß. © Quelle: XiXinXing/gettyimages.de

Wer sich im Krankenhaus behandeln lässt, muss auf die ärztliche Kompetenz ebenso vertrauen können, wie auf die Einhaltung der hygienischen Standards. Doch wie schwer wiegt ein Verstoß gegen die Hygiene?

In dem Fall, den die Arbeits­ge­mein­schaft Medizinrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) mitteilt, hatte ein Kranken­pfleger mit einem verunrei­nigten Gummihandschuh einen Abszess geöffnet. Das Oberlan­des­gericht Hamm sah darin zwar einen Hygiene­mangel, aber keinen groben Behand­lungs­fehler.

Die Frau litt bereits seit längerem unter Beschwerden in den Bereichen der Hals-, Brust- und Lenden­wir­belsäule. Mit einer Blockade im Rücken wurde sie Ende Dezember 2011 in ein Krankenhaus eingewiesen. Sie erhielt über einen Katheter auf dem linken Handrücken einen Schmerztropf.

Nach dem Entfernen des Katheters zeigte sich eine Entzündung der Vene an der Einstich­stelle. Es bildete sich ein Abszess, den ein Pfleger öffnete. Mit den Handschuhen, die er dabei trug, hatte er vorher die Türklinke des Kranken­zimmers angefasst. 

Infektion nach Behandlung mit kontami­niertem Handschuh

Die Entzündung heilte anschließend aus. Im Januar 2012 musste die Frau erneut stationär behandelt werden, da sie starke Beschwerden in der Lenden­wir­belsäule hatte. Es stellte sich heraus, dass sie unter einer Infektion der Bandscheiben im Bereich der Lenden­wirbel litt (Spondy­lo­diszitis). In ihrem Blut fanden sich Erreger des Bakteriums Staphy­lo­kokkus aureus. Wegen Hygiene­mängeln und weiterer Behand­lungs­fehler verklagte die Frau die Klinik und den behandelnden Arzt auf Schadens­ersatz.

Gericht: Kein Nachweis für Behand­lungs­fehler als Ursache für Infektion

Die Frau hatte in erster und zweiter Instanz keinen Erfolg. Die Benutzung der kontami­nierten Handschuhe sei zwar fehlerhaft gewesen, jedoch kein grober Behand­lungs­fehler. 

Das Landgericht entschied, dass die Behandlung der Rücken­be­schwerden fehlerfrei erfolgt sei. Es lasse sich nicht feststellen, dass die Behandlung der Patientin die Spondy­lo­diszitis und die Infektion mit dem Staphy­lo­kokkus aureus verursacht habe. Ursache einer Spondy­lo­diszitis könnten kleinste Entzün­dungen sein, die sich in der Wirbelsäule festsetzen. Bei der Frau kämen darüber hinaus auch eine Zahn- oder Kiefer­ent­zündung in Frage. Zwar sei denkbar, dass die während des Klinik­auf­enthalts aufgetretene Entzündung der Vene zur Spondy­lo­diszitis geführt habe. Die Frau habe jedoch nicht nachweisen können, dass die Entzündung ihrerseits auf einen Behand­lungs­fehler zurück­zu­führen sei und der Grund für die Spondy­lo­diszitis gewesen sei. Was den Staphy­lo­kokkus aureus betraf, wiesen die Richter darauf hin, dass dies ein Keim sei, der überall vorkomme.

Auch das Oberlan­des­gericht konnte einen Behand­lungs­fehler lediglich in der Benutzung des kontami­nierten Handschuhes sehen. Die Frau habe aber nicht beweisen können, dass dadurch ein Gesund­heits­schaden verursacht worden sei.

Auch sei nicht jeder Verstoß gegen den hygienischen Standard ein grober Behand­lungs­fehler. Das Gericht schloss sich der Sichtweise des Sachver­ständigen an. Dieser hatte dargelegt, dass es aus medizi­nischer Sicht vier Risiko­gruppen gebe, nach denen sich die Anforde­rungen an die hygienischen Standards richten. Dementsprechend sei entscheidend, in welche Risiko­gruppe die Tätigkeit fällt, bei der solche Standards verletzt worden seien. 

Im vorlie­genden Fall sei die Tätigkeit lediglich der untersten Risiko­gruppe zuzuordnen. Der Sachver­ständige erläuterte weiter, dass auch dann, wenn die Handschuhe durch das Berühren der Türklinke zusätzlich kontaminiert seien, es nicht wahrscheinlich sei, dass dies gravierende Folgen nach sich ziehe. Im übrigen seien diese Handschuhe von vornherein nur bakterienarm, aber nicht steril. Generell kann bei Themen rund um medizi­nische Behand­lungs­fehler eine anwaltliche Beratung wichtige Unterstützung bieten.

Datum
Aktualisiert am
26.02.2016
Autor
DAV
Bewertungen
48
Themen
Arzt Gesundheit

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