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Badesaison

Unfall im Schwimmbad: Wer haftet?

Immer wieder kommt es zu Badeunfällen im Schwimmbad oder am See. Der Bademeister oder der Betreiber des Schwimmbades können unter Umständen dafür haftbar gemacht werden. © Quelle: Sunny studio/fotolia.com

Ein sommer­licher Ausflug ins Schwimmbad kann mitunter böse enden: Immer wieder kommt es zu Unglücken. Allein 2014 sind nach Angaben der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesell­schaft (DLRG) 392 Menschen in Deutschland ertrunken. Hinzu kommen zahlreiche Unfälle mit Verletzten. Einem tragischen Ereignis folgt nicht selten ein langwieriger Rechts­streit um die Frage, wer für einen Unfall im Schwimmbad haftbar gemacht werden kann.

Zunächst einmal gilt: In einem Schwimmbad ist der Bademeister dafür zuständig, die Badegäste zu beaufsichtigen. Wenn er seine Aufsichts­pflicht verletzt, also zum Beispiel nicht an seinem Posten steht oder abgelenkt ist, kann er für einen Unfall verant­wortlich gemacht werden.

Zu wenig Personal vorgesehen? Betreiber haftet bei Unfall

Erledigen die Bademeister in einem Schwimmbad ihren Job ordnungsgemäß und kommt es trotzdem zu einem Unfall, kann möglicherweise das Bad haftbar gemacht werden. „Das ist dann der Fall, wenn die Leitung des Schwimmbads zu wenig Aufsichts­personal vorsieht oder die Überwa­chungs­posten so gewählt sind, dass ein Bademeister das Becken nicht ganz überblicken kann“, erklärt Rechts­anwalt Harald Rotter, Mitglied der Arbeits­ge­mein­schaft Allgemein­anwalt vom Deutschen Anwalt­verein (DAV). „In diesem Fall hat der Betreiber die Aufsicht im Schwimmbad nicht ordentlich organisiert. Er kann dann für Unfälle haftbar gemacht werden. Man spricht in diesem Zusammenhang von Organi­sa­ti­ons­ver­schulden – verant­wortlich für einen Unfall ist also nicht eine einzelne Person, sondern der Betreiber des Schwimmbades.“

Betreiber eines Schwimmbades kann ein privates Unternehmen oder zum Beispiel die Gemeinde sein. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Dienst­an­weisung des Schwimmbades an seine Mitarbeiter. Sie regelt, wie viele Bademeister im Schwimmbad vor Ort sein und wo sie stehen müssen.

Ein Beispiel: Ein fünfjähriges Kind verunglückt im Kinder­schwimm­becken, verliert das Bewusstsein und gerät mit dem Kopf unter Wasser. In letzter Minute wird es von einer Aufsichts­person gerettet und wieder­belebt. Aufgrund des Sauerstoff­mangels behält es aber bleibende Schäden zurück. Die Eltern des Kindes verklagen den Betreiber des Schwimmbads daraufhin auf Schmer­zensgeld und Übernahme der Betreu­ungs­kosten.

Hätte der Bademeister das Kind sehen müssen, als es verunglückte, war aber abgelenkt, weil er mit einem Badegast geplaudert hat, kann er haftbar gemacht werden. Hat der Bademeister die Badegäste aufmerksam beobachtet, das Kind aber nicht gesehen, weil dieser Teil des Beckens von der ihm zugewiesenen Position nicht einzusehen war, und die Leitung des Schwimmbads an der Unglücks­stelle eine zweite Sicher­heitskraft hätte vorsehen müssen, spräche man von Organi­sa­ti­ons­ver­schulden.

Eltern haften immer für ihre Kinder?

Wie sieht es bei Kindern aus – sind die Erziehungs­be­rechtigen für deren Sicherheit im Schwimmbad verant­wortlich? „Erziehungs­be­rechtigte sollten davon ausgehen können, dass der Bademeister die Kinder im Blick hat“, sagt Harald Rotter. „Sie sollten allerdings sicher­stellen, dass die Kinder sich nur in Bereichen bewegen, die für sie vorgesehen sind. Das heißt: Kann ein Kind nicht schwimmen, sollte es das Schwim­mer­becken nicht, oder nicht alleine betreten. Auch nicht mit Schwimm­flügeln.“

Gleiches gilt für Menschen, die an einer Behinderung leiden und dadurch körperlich eingeschränkt sind. „Auch dann liegt es in der Verant­wortung der Eltern beziehungsweise der Begleit­person, dass die behinderte Person sich nur in für sie sicheren Bereichen aufhält. Das ist vor allem dann wichtig, wenn die Behinderung nicht erkennbar ist, also der Bademeister nicht sieht, dass die Person besonders gefährdet ist“, warnt Harald Rotter.

Zurück zum Beispiel: Wäre besagtes fünfjähriges Kind nicht im Kinder­schwimm­becken verunglückt, sondern im Schwim­mer­becken, könnte es sein, dass die Eltern ihre Aufsichts­pflicht verletzt haben. Das Schwimmbad wäre dann gar nicht oder nur anteilig haftbar – je nachdem, ob das Verschulden der Eltern oder das des Bademeisters schwerer wiegt.

Bademeister müssen Risiken reduzieren

Gleich­zeitig müssen Bademeister aber auch potenzielle Gefahren­si­tua­tionen erkennen und einen Unfall soweit möglich verhindern. „Fällt dem Bademeister zum Beispiel auf, dass ein kleines Kind alleine mit einem Schwimmring in einem tiefen Becken schwimmt, muss er das Kind auffordern, das Becken zu verlassen.“ Wenn sich das Kind jedoch nicht an die Anweisung des Bademeisters hält, kann er es theoretisch des Schwimmbads verweisen.

Seen und Strände: Untiefen sorgen für Unfall­gefahr

Nicht nur in Schwimm­bädern kommt es hin und wieder zu einem Unfall – an Seen und am Strand sind Badegäste mindestens ebenso gefährdet. „An Stränden und Seen gelten im Grunde die gleichen Regeln wie im Schwimmbad“, informiert Harald Rotter. „Das Sicher­heits­personal beziehungsweise der Betreiber des Strandbades können haftbar gemacht werden, wenn sie ihrer Aufsichts­pflicht nicht nachkommen.“

Das gilt auch für Rettungs­schwimmer vom DLRG oder Helfer vom Roten Kreuz, die ehrenamtlich tätig sind. „Auch hier müssen Eltern darauf achten, dass die Kinder sich nur in Gebieten bewegen, die für sie sicher sind“, erklärt Harald Rotter.

Die Gefahr bei Seen und Stränden: Oft ist nicht sichtbar, wie tief das Wasser ist. Zudem flacht sich der Grund nicht sanft ab, wie es im Schwimmbad oder an tropischen Stränden manchmal der Fall ist. Hier ist für Badegäste also besondere Vorsicht geboten.

Eintritt im Schwimmbad = Haftung?

Ein Zusammenhang zwischen zu zahlendem Eintritt und der möglichen Haftung von Sicher­heits­personal im Falle eines Unfalls besteht übrigens nicht. Das heißt: „Nur weil man im Schwimmbad Eintritt zahlt, heißt das nicht automatisch, dass Eltern nicht auf ihre Kinder aufpassen müssen, weil der Bademeister alles im Blick haben muss“, erklärt Harald Rotter.

Andererseits gilt: Wer im Meer badet, wo man naturgemäß keinen Eintritt zahlt, badet nicht komplett auf eigenes Risiko. „Hier greift die Verkehrs­si­che­rungs­pflicht. Demnach muss jeder, der eine potenzielle Gefahren­quelle schafft, das Risiko für andere möglichst gering halten. Das bedeutet: Weist die Gemeinde oder Kommune einen Strand zum Baden aus, muss die dafür sorgen, dass er sicher zu nutzen ist“, erläutert der Experte.

Gesunde Selbst­ein­schätzung kann Unfall im Schwimmbad verhindern

Harald Rotter fasst zusammen: „Ob bei Badeun­fällen jemand haftbar gemacht werden kann und wenn ja, wer, kommt auf den Einzelfall an. Bademeister und die Betreiber von Schwimm­bädern sind in manchen Fällen verant­wortlich, wenn sie den Unfall hätten verhindern können.“

Letztlich muss jedoch jeder einzelne selbst dafür sorgen, sein Unfall­risiko zu minimieren. „Wichtig ist, dass Badegäste sich nicht selbst überschätzen, was ihre Schwimm­fä­hig­keiten angeht. Zudem sollten Eltern ihre Kinder immer im Blick haben. So sinkt das Risiko erheblich, dass es zu einem Unfall im Schwimmbad kommt“, resümiert der Rechts­anwalt.

Datum
Aktualisiert am
15.02.2016
Autor
vhe
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Themen
Sportunfall Unfall Verletzung Wasser

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