
Zunächst einmal gilt: In einem Schwimmbad ist der Bademeister dafür zuständig, die Badegäste zu beaufsichtigen. Wenn er seine Aufsichtspflicht verletzt, also zum Beispiel nicht an seinem Posten steht oder abgelenkt ist, kann er für einen Unfall verantwortlich gemacht werden.
Zu wenig Personal vorgesehen? Betreiber haftet bei Unfall
Erledigen die Bademeister in einem Schwimmbad ihren Job ordnungsgemäß und kommt es trotzdem zu einem Unfall, kann möglicherweise das Bad haftbar gemacht werden. „Das ist dann der Fall, wenn die Leitung des Schwimmbads zu wenig Aufsichtspersonal vorsieht oder die Überwachungsposten so gewählt sind, dass ein Bademeister das Becken nicht ganz überblicken kann“, erklärt Rechtsanwalt Harald Rotter, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Allgemeinanwalt vom Deutschen Anwaltverein (DAV). „In diesem Fall hat der Betreiber die Aufsicht im Schwimmbad nicht ordentlich organisiert. Er kann dann für Unfälle haftbar gemacht werden. Man spricht in diesem Zusammenhang von Organisationsverschulden – verantwortlich für einen Unfall ist also nicht eine einzelne Person, sondern der Betreiber des Schwimmbades.“
Betreiber eines Schwimmbades kann ein privates Unternehmen oder zum Beispiel die Gemeinde sein. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Dienstanweisung des Schwimmbades an seine Mitarbeiter. Sie regelt, wie viele Bademeister im Schwimmbad vor Ort sein und wo sie stehen müssen.
Ein Beispiel: Ein fünfjähriges Kind verunglückt im Kinderschwimmbecken, verliert das Bewusstsein und gerät mit dem Kopf unter Wasser. In letzter Minute wird es von einer Aufsichtsperson gerettet und wiederbelebt. Aufgrund des Sauerstoffmangels behält es aber bleibende Schäden zurück. Die Eltern des Kindes verklagen den Betreiber des Schwimmbads daraufhin auf Schmerzensgeld und Übernahme der Betreuungskosten.
Hätte der Bademeister das Kind sehen müssen, als es verunglückte, war aber abgelenkt, weil er mit einem Badegast geplaudert hat, kann er haftbar gemacht werden. Hat der Bademeister die Badegäste aufmerksam beobachtet, das Kind aber nicht gesehen, weil dieser Teil des Beckens von der ihm zugewiesenen Position nicht einzusehen war, und die Leitung des Schwimmbads an der Unglücksstelle eine zweite Sicherheitskraft hätte vorsehen müssen, spräche man von Organisationsverschulden.
Eltern haften immer für ihre Kinder?
Wie sieht es bei Kindern aus – sind die Erziehungsberechtigen für deren Sicherheit im Schwimmbad verantwortlich? „Erziehungsberechtigte sollten davon ausgehen können, dass der Bademeister die Kinder im Blick hat“, sagt Harald Rotter. „Sie sollten allerdings sicherstellen, dass die Kinder sich nur in Bereichen bewegen, die für sie vorgesehen sind. Das heißt: Kann ein Kind nicht schwimmen, sollte es das Schwimmerbecken nicht, oder nicht alleine betreten. Auch nicht mit Schwimmflügeln.“
Gleiches gilt für Menschen, die an einer Behinderung leiden und dadurch körperlich eingeschränkt sind. „Auch dann liegt es in der Verantwortung der Eltern beziehungsweise der Begleitperson, dass die behinderte Person sich nur in für sie sicheren Bereichen aufhält. Das ist vor allem dann wichtig, wenn die Behinderung nicht erkennbar ist, also der Bademeister nicht sieht, dass die Person besonders gefährdet ist“, warnt Harald Rotter.
Zurück zum Beispiel: Wäre besagtes fünfjähriges Kind nicht im Kinderschwimmbecken verunglückt, sondern im Schwimmerbecken, könnte es sein, dass die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Das Schwimmbad wäre dann gar nicht oder nur anteilig haftbar – je nachdem, ob das Verschulden der Eltern oder das des Bademeisters schwerer wiegt.
Bademeister müssen Risiken reduzieren
Gleichzeitig müssen Bademeister aber auch potenzielle Gefahrensituationen erkennen und einen Unfall soweit möglich verhindern. „Fällt dem Bademeister zum Beispiel auf, dass ein kleines Kind alleine mit einem Schwimmring in einem tiefen Becken schwimmt, muss er das Kind auffordern, das Becken zu verlassen.“ Wenn sich das Kind jedoch nicht an die Anweisung des Bademeisters hält, kann er es theoretisch des Schwimmbads verweisen.
Seen und Strände: Untiefen sorgen für Unfallgefahr
Nicht nur in Schwimmbädern kommt es hin und wieder zu einem Unfall – an Seen und am Strand sind Badegäste mindestens ebenso gefährdet. „An Stränden und Seen gelten im Grunde die gleichen Regeln wie im Schwimmbad“, informiert Harald Rotter. „Das Sicherheitspersonal beziehungsweise der Betreiber des Strandbades können haftbar gemacht werden, wenn sie ihrer Aufsichtspflicht nicht nachkommen.“
Das gilt auch für Rettungsschwimmer vom DLRG oder Helfer vom Roten Kreuz, die ehrenamtlich tätig sind. „Auch hier müssen Eltern darauf achten, dass die Kinder sich nur in Gebieten bewegen, die für sie sicher sind“, erklärt Harald Rotter.
Die Gefahr bei Seen und Stränden: Oft ist nicht sichtbar, wie tief das Wasser ist. Zudem flacht sich der Grund nicht sanft ab, wie es im Schwimmbad oder an tropischen Stränden manchmal der Fall ist. Hier ist für Badegäste also besondere Vorsicht geboten.
Eintritt im Schwimmbad = Haftung?
Ein Zusammenhang zwischen zu zahlendem Eintritt und der möglichen Haftung von Sicherheitspersonal im Falle eines Unfalls besteht übrigens nicht. Das heißt: „Nur weil man im Schwimmbad Eintritt zahlt, heißt das nicht automatisch, dass Eltern nicht auf ihre Kinder aufpassen müssen, weil der Bademeister alles im Blick haben muss“, erklärt Harald Rotter.
Andererseits gilt: Wer im Meer badet, wo man naturgemäß keinen Eintritt zahlt, badet nicht komplett auf eigenes Risiko. „Hier greift die Verkehrssicherungspflicht. Demnach muss jeder, der eine potenzielle Gefahrenquelle schafft, das Risiko für andere möglichst gering halten. Das bedeutet: Weist die Gemeinde oder Kommune einen Strand zum Baden aus, muss die dafür sorgen, dass er sicher zu nutzen ist“, erläutert der Experte.
Gesunde Selbsteinschätzung kann Unfall im Schwimmbad verhindern
Harald Rotter fasst zusammen: „Ob bei Badeunfällen jemand haftbar gemacht werden kann und wenn ja, wer, kommt auf den Einzelfall an. Bademeister und die Betreiber von Schwimmbädern sind in manchen Fällen verantwortlich, wenn sie den Unfall hätten verhindern können.“
Letztlich muss jedoch jeder einzelne selbst dafür sorgen, sein Unfallrisiko zu minimieren. „Wichtig ist, dass Badegäste sich nicht selbst überschätzen, was ihre Schwimmfähigkeiten angeht. Zudem sollten Eltern ihre Kinder immer im Blick haben. So sinkt das Risiko erheblich, dass es zu einem Unfall im Schwimmbad kommt“, resümiert der Rechtsanwalt.
- Datum
- Aktualisiert am
- 15.02.2016
- Autor
- vhe