Wintersport

Skiunfälle: Welches Recht gilt auf der Piste?

Um beim Skifahren Zusammenstöße zu verhindern, hat der Internationale Skiverband Verhaltensregeln herausgegeben – zumindest in Deutschland fehlt dazu ein Gesetz. © Quelle: Dahm/gettyimages.de

Der Skiurlaub ist für viele Menschen das Winter-Highlight. Doch ist die Wedelei auf der Piste ein gefähr­licher Sport. Um beim Skifahren Zusammenstöße zu verhindern, hat der Interna­tionale Skiverband Verhal­tens­regeln heraus­gegeben – zumindest in Deutschland fehlt dazu ein Gesetz.

Zehntausende Winter­sportfans verletzen sich jedes Jahr. Meist geschieht das ohne Fremdein­wirkung, teilweise aber auch durch Zusammenstöße. Anders aber als im Straßen­verkehr gibt es für das richtige Verhalten auf der Piste zumindest in Deutschland keinen gesetz­lichen Rahmen.

In Deutschland: Verhal­tens­regeln statt Gesetz

Dr. Thomas Summerer sieht darin kein Problem. Der Rechts­anwalt ist Vorsit­zender der Arbeits­ge­mein­schaft Sportrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV) und sagt: „Man muss nicht für jeden Lebens­bereich ein spezielles Gesetz verabschieden." Der Sport könne seine eigenen Regeln aufstellen – und tut es auch. Für das Verhalten auf Skipisten hat der Interna­tionale Skiverband (FIS) zehn Regeln aufgestellt.

Unter anderem appelliert die FIS an die Umsicht der Ski- und Snowboard­fah­re­rinnen und –fahrer:

  • Niemand darf sich so verhalten, dass man dadurch andere Fahrer gefährdet und schädigt.
  • Grundsätzlich darf von allen Seiten überholt werden, allerdings mit ausreichend Abstand zu den anderen Fahrern.
  • Der von hinten kommende Sportler muss seine Fahrspur so wählen, dass andere Fahrer nicht gefährdet werden.  

Die Empfeh­lungen des Skiver­bandes sind zwar keine Gesetze im eigent­lichen Sinn, die Gerichte berück­sichtigen sie aber durchaus bei ihren Entschei­dungen.

Das „Verkehrs­ver­halten" auf der Piste war in Deutschland schon mehrfach Gegenstand gericht­licher Verfahren. So entschied bereits 2006 das Landgericht Ravensburg gemäß der FIS-Empfeh­lungen, dass stets derjenige Skifahrer Vorfahrt hat, der weiter vorn, also talwärts, am Hang fährt. Der von hinten kommende Fahrer habe entsprechend Rücksicht darauf zu nehmen (Az.: 4 O 185/05).

Das Oberlan­des­gericht Hamm bezeichnete in einem Urteil aus dem Jahr 2008 die FIS-Regeln als „maßgeb­liches Verkehrsrecht" und stellte damit klar: Die dort festge­schriebenen Regeln sind rechtlich bindend (Az.: I-13 U 81/08).

Nach Skiunfällen: Streitig­keiten mit Versiche­rungen vor Gericht

Neben der Schulfrage befassen sich Gerichte häufig auch mit Unfällen auf der Piste aus anderem Grund. Unlängst hat sich etwa das Hessische Landes­so­zi­al­gericht der Frage angenommen, inwiefern ein Skiunfall während einer Tagung ein Arbeits­unfall ist (Entscheidung vom 20. Juli 2015, AZ: L 9 U 69/14).

Hierbei verlangte ein 49-jähriger Mann einen Sturz beim Ski fahren als Arbeits­unfall anzuer­kennen. Die Berufs­ge­nos­sen­schaft lehnte das ab, da sich der Unfall zwar auf der Tagung, doch während der Freizeit­ak­ti­vitäten ereignete – und diese seien nicht gesetzlich unfall­ver­sichert.

Das Gericht gab der Genossen­schaft Recht, da das Skifahren in keinem inneren oder sachlichen Zusammenhang mit der Tagung gestanden habe und zudem nicht Teil des Tagungs­pro­gramms gewesen sei. Demnach sei der Freizeit­bereich davon klar abgegrenzt gewesen.

Nach einem Unfall: Ruhe bewahren und Zeugen suchen

Sportrechts­experte Summerer erklärt: „Auch auf der Skipiste gilt der allgemeine Haftungs­maßstab, an dem orientieren sich die Gerichte bei der Rechtsprechung." Das Bürgerliche Gesetzbuch legt fest: „Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrläs­sigkeit zu vertreten. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt." Diese erforderliche Sorgfalt wiederum werde auf der Piste durch die FIS-Regeln konkre­tisiert, so Summerer.

Eine Regel, wie man sich im Falle eines Unfalls auf der Piste verhalten soll gibt es dagegen nicht. DAV-Experte Summerer hat dennoch einen Ratschlag: „Man sollte Ruhe bewahren und nach Zeugen Ausschau halten, die den Unfall gesehen haben." Das sei wichtig, um später bei einem möglichen Streit keine Beweis­schwie­rig­keiten zu haben.