
(O-Ton: Hinterbliebenengeld – Wann haben Angehörige Anspruch auf Entschädigung?)
Hinterbliebenengeld – was ist das?
Hinterbliebenengeld ist eine gesetzlich geregelte Entschädigung in Geld, die Hinterbliebene nach dem Tod eines nahen Angehörigen durch eine Straftat erhalten können. Es dient dazu, das seelische Leid zu lindern, das durch den Verlust eines geliebten Menschen verursacht wird. Einfacher ausgedrückt: Wenn jemand durch eine Straftat stirbt, haben die engsten Familienmitglieder (z.B. Ehepartner, Kinder, Eltern) oft das Recht auf eine finanzielle Entschädigung. Dieses Geld soll ihnen helfen, den Verlust besser zu verkraften. Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist die Entschädigung unter § 844, Absatz 3 geregelt.
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Welche Voraussetzungen müssen für Hinterbliebenengeld erfüllt sein?
Die Entschädigung steht nicht jedem zu, der ein persönliches Verhältnis mit der gestorbenen Person reklamiert. Um einen Anspruch prüfen zu lassen, müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:
- Todesfall durch fremdverursachten Tötungsfall: Der Tod des Angehörigen muss durch eine rechtswidrige Handlung eines Dritten verursacht worden sein. Dazu erklärt Rechtsanwalt Jürgen Spatzier, Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Versicherungs- und Sozialrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV): „Bei der Tötung ist kein besonderer Verschuldensgrad erforderlich. Unter Umständen käme sogar ein Anspruch aufgrund der Billigkeitshaftung im Falle der Verletzung durch einen nicht schuldfähigen Verletzer in Betracht.“
- Besonderes persönliches Näheverhältnis: Zwischen dem Hinterbliebenen und dem Verstorbenen muss ein besonders enges persönliches Verhältnis bestanden haben. Dies ist in der Regel bei Ehepartnern, Kindern und Eltern der Fall, kann aber auch bei anderen Personen bestehen, wenn sie eine vergleichbare enge Beziehung hatten.
- Geltendmachung: Der Anspruch auf Hinterbliebenengeld muss in der Regel innerhalb von drei Jahren geltend gemacht werden – sonst verjährt der Anspruch. „Anders ist dies bei einer vorsätzlichen Tötung, hier liegt die Frist bei 30 Jahren“, so Rechtsanwalt Spatzier.
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Hinterbliebenengeld: Wie wird die Höhe berechnet?
Die Höhe der Entschädigung wird im Einzelfall durch die Gerichte festgelegt und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen unter anderem die Intensität und Dauer der Beziehung zum Verstorbenen, sowie das Alter des Hinterbliebenen und die Schwere der Tat. Eine feste Formel für die Berechnung gibt es nicht, sodass die Gerichte hier einen großen Ermessensspielraum haben.
Welche Unterlagen sind für die Geltendmachung erforderlich?
Im Allgemeinen sind folgende Dokumente üblicherweise erforderlich:
- Todesurkunde: Ein offizieller Nachweis über den Tod des Angehörigen.
- Ehe-/Lebenspartnerschaftsurkunde oder Geburtsurkunde: Ein Nachweis über das besondere persönliche Näheverhältnis zum Verstorbenen.
- Meldebescheinigungen: Um den gemeinsamen Haushalt oder eine enge persönliche Verbindung nachzuweisen.
- Kontoauszüge: Zur Überprüfung der finanziellen Verhältnisse des Hinterbliebenen.
- Ärztliche Atteste: Können erforderlich sein, um das Ausmaß des erlittenen seelischen Leids nachzuweisen.
„Ein konkretes Antragsformular wird nicht benötigt“, ergänzt Rechtsanwalt Spatzier, „der Anspruch muss schlicht gegenüber dem Ersatzpflichtigen geltend gemacht werden – dies ist auch formlos möglich.“
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Sohn verklagt Mörder seiner Mutter auf Hinterbliebenengeld
Am 21. November 2024 (AZ: 3 U 103/24) urteilte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main zugunsten eines jungen Mannes, dessen Mutter von seinem Stiefvater getötet wurde. Der Täter wurde zu einer langen Freiheitsstrafe verurteilt. Daraufhin klagte der Sohn auf Hinterbliebenengeld. Zunächst wies das Landgericht Gießen die Klage ab, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main gab dem Sohn in der Berufung jedoch recht. Ihm wurde ein Betrag von 10.000 Euro als Hinterbliebenengeld zugesprochen.
Motorradfahrer stirbt durch Unfall: Hinterbliebene erhalten Geld
Ein weiteres Beispiel aus dem Verkehr: Das Landgericht Tübingen sprach am 17. Mai 2019 (Az. 3 O 108/18) den Angehörigen eines Unfallopfers Entschädigung zu. Im vorliegenden Fall verstarb Motorradfahrer unmittelbar bei einem Verkehrsunfall, den ein PKW-Fahrer grob fahrlässig zu verschulden hatte. Der Ehefrau wurde ein Hinterbliebenengeld in Höhe von 12.000€ zugesprochen – den zwei Kindern jeweils 7.500€ sowie dem Bruder 5.000€.
Psychische Erkrankung: der Schockschadensersatz
Neben dem Hinterbliebenengeld gibt es den so genannten Schockschadenersatz. Während bei ersterem der Anspruch auf Schadensersatz die Tötung einer nahestehenden Person voraussetzt, geht es beim Schockschadensersatz um eine psychische Erkrankung, die durch ein traumatisches Ereignis ausgelöst wird. Dieses Ereignis kann ein Unfall, ein Gewaltverbrechen oder der Tod eines nahen Angehörigen sein.
Ein Anspruch besteht, wenn folgende Faktoren zusammenkommen:
- Gesundheitsschaden: Der Schock muss zu einer psychischen Erkrankung geführt haben, die Krankheitswert hat.
- Unmittelbare Zeugenschaft: Der Geschädigte muss das traumatische Ereignis selbst miterlebt haben oder unmittelbar danach davon erfahren haben.
- Schuld des Schädigers: Der Schädiger muss für das traumatische Ereignis verantwortlich sein.
Anspruch geltend machen: Anwältinnen und Anwälte helfen
Professioneller Rechtsbeistand kann wertvolle Unterstützung bieten, wenn es sich um mögliche Ansprüche zum Hinterbliebenengeld handelt. Anwältinnen und Anwälte mit Spezialisierung auf Erbrecht und Schadensersatzrecht stellen sicher, dass alle formellen Anforderungen erfüllt werden. Besonders wenn die Ansprüche gegen eine Versicherung, den Täter oder andere Parteien durchgesetzt werden müssen, ist professionelle Unterstützung wichtig.
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- Datum
- Aktualisiert am
- 07.02.2025
- Autor
- red/dav