
Wieviel darf ein seriöser Schlüsseldienst kosten?
Die Kosten müssen ortsüblich sein, würden Juristen sagen. „Solange am Telefon kein Festpreis vereinbart wird, gilt automatisch der ortsübliche Preis als vereinbart und angemessen“, sagt Rechtsanwalt Harald Rotter, Experte des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Er rate, selbst Preise zu vergleichen oder bei der Handwerkskammer anzufragen.
Der Bundesverband Metall BMV rechnet unterdessen diese Leitlinien vor: Circa 150 Euro inklusive Anfahrt für eine ins Schloss gefallene Tür, die unter der Woche zu üblichen Arbeitszeiten bei einem Zeitaufwand von 15 Minuten geöffnet werden soll. Mehr kosten darf der Schlüsseldienst abends, an Wochenenden oder Feiertagen: 250 Euro sind dann nicht unüblich.
Grundsätzlich können diese Kosten aber nur als Anhaltspunkt dienen: Inwieweit ein Preis tatsächlich akzeptiert werden muss, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. So unterscheiden sich die Preise für Türöffnungen zum Beispiel in Großstädten von denen im ländlichen Raum. Einen Überblick findet sich hier.
Urteil: Wohnungsöffnung kein strafbarer Wucher
Eine Rechnung von 320 Euro für eine sofortige Türöffnung am Wochenende durch den Schlüsseldienst ist kein strafbarer Wucher. Dies entschied das Oberlandesgericht Köln in einem am 1. März 2017 veröffentlichten Urteil (AT: 1 RVs 210/16).
Die Richter bestätigten damit den Freispruch eines Schlüsseldienst-Betreibers. Dieser war Anfang 2015 an einem Samstagnachmittag von einem Mann gerufen worden, der sich aus seiner Wohnung ausgesperrt hatte. Der Schlüsseldienst kam und öffnete innerhalb einer Minute mit Hilfe einer Plastikkarte die Wohnungstür.
Für diese Dienstleistung verlangte der Schlüsseldient rund 320 Euro, inklusive einer Einsatzpauschale von 159 Euro, sowie Wochenendzuschlag und eine An- und Abfahrtpauschale.
Die Staatsanwaltschaft wertete diesen Betrag als strafbaren Wucher. Das Langgericht Aachen sprach den Schlüsseldienstbetreiber allerdings frei. Für einen strafbaren Wucher müsse eine Zwangslage ausgebeutet werden. Allein das Ausschließen aus einer Wohnung stelle aber keine Zwangslage dar. Hierfür müssten noch weitere Umstände hinzukommen. Etwa ein in der Wohnung eingesperrtes Kind, austretendes Wasser oder in der Wohnung eingeschaltete elektrische Geräte, bei denen Brandgefahr besteht. Dem Kunden sei es also in diesem Fall zuzumuten gewesen, sich vorher nach dem Preis zu erkundigen oder einen alternativen Schlüsseldienst zu beauftragen. In dem Verfahren ging es nicht darum, ob die Rechnung des Schlüsseldienstes bezahlt werden muss. Das wäre in einem Zivilverfahren zu klären.
Ab wann ist der Schlüsseldienst zu teuer und beginnt der Wucher?
Die Grenze ist da erreicht, wo mehr als das doppelte der oben beschriebenen Beträge verlangt wird. Dann könnte es sich um Wucher handeln. Juristen definieren Wucher so: die Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen (…) eines anderen durch Fordern oder Annahme von Vermögensvorteilen, die in auffälligem Missverhältnis zur Leistung stehen.
Die Grenze zum Wucher wäre zum Beispiel überschritten, wenn der Schlüsseldienst unter der Woche tagsüber in einer Stadt wie Berlin 500 Euro für seine Dienste verlangen würde oder bei einer „Notöffnung“ in der Nacht etwa 1000 Euro. Derart hohe Rechnungen des Schlüsseldiensts müssen nicht bezahlt werden.
Wie man gegen eine zu hohe Rechnung vorgehen kann
Bei Wucher wäre der Vertrag mit dem Schlüsseldienst unwirksam. Die Rechnung müsste dann nicht bezahlt werden, beziehungsweise allenfalls in Höhe des berechtigten Rechnungspreises. Allerdings, so Rechtsanwalt Rotter, sei Wucher vor Gericht „wahnsinnig schwer durchzusetzen“.
Kann man den Vertrag kündigen, wenn der Schlüsseldienst bereits vor der Tür steht?
Der Kunde hat jederzeit das Recht, den Auftrag zu kündigen und einen anderen Handwerker zu beauftragen, wenn ihm der erste Monteur etwa suspekt ist. „Dann muss er allerdings das bezahlen, was bisher geleistet wurde: Die Anfahrt und gegeben falls die Zeit, die schon gearbeitet worden ist“, sagt Rotter. Nur wenn der Handwerker sich als völlig ungeeignet erweise – und man das im Zweifelsfall auch beweisen könne – dürfe man die außerordentliche Kündigung aussprechen. Das wiederum hätte zur Folge, dass der gekündigte Monteur leer ausgeht.
Kann man das Geld zurückfordern, wenn man den Schlüsseldienst bereits bezahlt hat?
Auch hier mahnt Rotter: „Das Zurückfordern von Geld, das ein anderer bereits in der Tasche hat, ist schwierig.“ Insbesondere wenn der Kunde bereits ahnt, dass die Kosten für den Schlüsseldienst zu hoch sind und trotzdem zahlt. „Wenn ich einen Betrag bezahle, von dem ich ahne, dass es dem anderen nicht zusteht, laufe ich mit offenen Augen ins Messer“, so der Rechtsanwalt. Vor Gericht stünden die Chancen schlecht: „Eine ungerechtfertigte Bereicherung kann man nicht zurückfordern, wenn man darum wusste.“
Auf Nummer Sicher: Tipps für die Begegnung mit dem Schlüsseldienst
Der Schlüsseldienst kann einen vor Ort nicht zwingen, die Rechnung sofort zu begleichen. Wer sich also nicht sicher ist, ob die Kosten zu hoch angesetzt sind, sollte darauf beharren, die Rechnung zu begleichen, nachdem er die Kosten geprüft hat oder erst einmal nur einen Teil der Rechnung bezahlen. „Keine Angst“, rät Rechtsanwalt Rotter, „wenn der Schlüsselmann mit der Polizei droht.“ Die mische sich nicht in zivilrechtliche Streitigkeiten ein. Die Polizei würde nur die Personalien aufnehmen und die Streitenden auf den Zivilrechtsweg, also die Klageform, verweisen.
In jedem Fall rät Rechtsanwalt Rotter dazu, den Zweifel zu dokumentieren. Die Notiz „Zahlung unter Vorbehalt der Rückforderung“ auf der Rechnung kann für den Kunden bei einem etwaigen Rechtsstreit von hohem Wert sein. „Sicherheitshalber sollte man, wenn irgend möglich, einen Zeugen hinzuziehen“, so Rotter. Der könne notfalls vor Gericht aussagen.
- Datum
- Aktualisiert am
- 10.11.2022
- Autor
- kgl