Auf einer Drückjagd muss man besonders aufpassen. Die Jägerinnen und Jäger müssen ihr Ziel genau identifizieren, bevor ein Schuss abgefeuert wird. Ansonsten muss man mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. Trifft man einen Menschen, ist man schnell im Strafrecht, trifft es einen Hund, wird zumindest Schadensersatz fällig. Das Rechtsportal anwaltauskunft.de informiert über ein Urteil und die aktuelle Rechtslage.
Ein Jagdteilnehmer ist vor Schussabgabe verpflichtet zu prüfen, dass er niemand anderen schädigen kann. Hat er zuvor in der Nähe des Wildes einen Jagdhund wahrgenommen, reicht es nicht, dass er ihn nicht mehr sieht. Der Hund kann auch verdeckt sein und sich somit in Schussrichtung aufhalten. Dann verstößt die Schussabgabe gegen die Sorgfaltspflicht. Der Jäger muss dann Schadensersatz zahlen. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. April 2021 (AZ: 4 U 184/19).
Wann darf grundsätzlich geschossen werden?
In Deutschland legt das Bundesjagdgesetz fest, dass ausschließlich in ausgewiesenen Gebieten, den Jagdbezirken, gejagt werden darf. Zusätzlich wird durch die Unfallverhütungsvorschrift Jagd der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft detailliert geregelt, wann geschossen werden darf. Dazu führt Rechtsanwalt Dr. Christian Halm, Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Agrarrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV), weiter aus: „Wichtig ist zunächst, dass sich der Schütze vor Abgabe des Schusses vergewissert, dass ein natürlicher Kugelfang vorhanden ist. In der Regel ist dies das vorhandene Erdreich, in das die Kugel im Falle eines Fehlschusses einschlägt. Gefährlich ist es, wenn der Boden gefroren ist oder, wenn Steine die Kugel abprallen lassen können.“
Verantwortliches Verhalten bei der Schussabgabe
Nach Prüfung der Umgebung und Sicherheit kann die Jagd beginnen. Jedoch muss auch bei der Jagd einiges beachtet werden. Der Anwalt aus dem Saarland erklärt dazu: „Auf der Jagd ist der Schütze für seinen Schuss verantwortlich. Er muss vor jeder Schussabgabe prüfen, dass eine Gefährdung anderer ausgeschlossen ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Menschen, Tiere oder Sachgegenstände handelt. Im Zweifel muss auf eine Schussabgabe verzichtet werden. Dabei ist zu beachten, dass eine Kugel mit bis zu 900 km/h den Gewehrlauf verlässt und bis zu 8 km weit fliegen kann. Insofern trägt der Jäger bei der Schussabgabe eine sehr hohe Verantwortung.“ Schließlich kann bei Fehlverhalten der Verlust des Jagdscheins oder ein Strafverfahren drohen.
Höhe des Schadensersatzes
In dem vorliegenden Fall des OLG Frankfurt am Main wurde ein Jagdhund versehentlich getroffen, sodass Schadensersatzes gezahlt werden musste. Zur Höhe des zu zahlenden Schadensersatzes erklärt Dr. Halm generell: „Wichtig ist zunächst den Anschaffungspreis des Hundes zu belegen. Sodann sind wertsteigernde Investitionen in den Hund darzulegen und zu beweisen. Hierbei handelt es sich insbesondere um die einzelnen Ausbildungsschritte für Jagdhunde. Die etwa zweijährige Ausbildung endet mit der Brauchbarkeitsprüfung, die die jagdliche Brauchbarkeit des Hundes dokumentiert und für den objektiven Wert des Hundes maßgebend ist. Daneben kann es weitere wertbeeinflussende Faktoren geben, wie beispielsweise die Zuchttauglichkeit, die zu belegen sind.“
Als das Gericht sich in dem Fall mit der Bemessung des Schadensersatzes beschäftigte, geschah dies hauptsächlich auf Grundlage:
- der Kosten für einen vergleichbaren Welpen und
- der Kosten für die Ausbildung eines Hundes mit durchschnittlicher Begabung, um einen mit dem getöteten Hund vergleichbaren Ausbildungsstand zu erreichen.
Da bei einer Drückjagd versehentlich von dem Beklagten der 20 Monate alte Jagdhund der Klägerin erschossen wurde, verlangte sie über die vorgerichtlich von der Haftpflichtversicherung bereits erhaltenen 2.100,00 € hinaus weiteren Schadensersatz unter Verweis auf erheblich höhere Ausbildungskosten. Jedoch blieb die Klage auf weiteren Schadensersatz in zwei Instanzen erfolglos.
Urteil: Schadensersatz für auf Jagd erschossenen Jagdhund
Der Beklagte muss in diesem Fall grundsätzlich wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen seine Sorgfaltspflicht bei der Schussabgabe haften, führte das Oberlandesgericht aus. Er hätte sich vor Abgabe des Schusses vergewissern müssen, dass eine Gefährdung anderer - also auch des Jagdhundes - ausgeschlossen war.
Er selbst gab an, er habe eine Wildsau gesehen, die von einem Hund mit Warnweste und dem Terrier der Klägerin gehetzt wurde. Er habe die Sau angesprochen, also mit dem Gewehr fixiert. Als sich das Wildtier ihm bis auf 60 - 70 m genähert habe, sei der Hund mit Warnweste ca. 10 Meter neben der Sau gewesen. Danach habe er den Hund der Klägerin nicht mehr gesehen. Er habe angenommen, dass sich dieser entfernt habe und deshalb geschossen.
Dann hätte er aber nicht schießen dürfen, betonte das Gericht. Er konnte nicht ausschließen, dass sich der Hund der Klägerin verdeckt hinter dem Wildschwein befand und im Fall eines Schusses in dieser Richtung getroffen würde.
Die vorher gezahlten 2.100 € reichten aber als Schadenersatz aus, urteilten die Richter. Den Preis eines vergleichbaren Welpen sah das Gericht bei 500,00 €. Die Kosten, die für die Ausbildung eines Hundes mit durchschnittlicher Begabung aufzuwenden seien, schätzte das Gericht mit Hilfe eines Gutachters. Demnach seien unter Berücksichtigung des nachgewiesenen Ausbildungsstandes des Terriers der Klägerin insgesamt 79 Stunden Ausbildung anzusetzen. Bei 10 € je Ausbildungsstunde ergab sich damit ein Wert, der unter dem bereits ausgeglichenen Betrag lag. Daher hatte die Klägerin keinen weiteren Anspruch.
- Datum
- Aktualisiert am
- 22.07.2021
- Autor
- red/dav