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Jagd

Muss ein Jäger für einen versehentlich erschossenen Jagdhund zahlen?

Jäger sind in Deutschland vielen Richtlinien und gesetzlichen Regelungen unterworfen. © Quelle: David de Lossy/gettyimages.de

Auf einer Drückjagd muss man besonders aufpassen. Die Jägerinnen und Jäger müssen ihr Ziel genau identi­fi­zieren, bevor ein Schuss abgefeuert wird. Ansonsten muss man mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. Trifft man einen Menschen, ist man schnell im Strafrecht, trifft es einen Hund, wird zumindest Schadens­ersatz fällig. Das Rechts­portal anwalt­auskunft.de informiert über ein Urteil und die aktuelle Rechtslage.

Ein Jagdteil­nehmer ist vor Schuss­abgabe verpflichtet zu prüfen, dass er niemand anderen schädigen kann. Hat er zuvor in der Nähe des Wildes einen Jagdhund wahrge­nommen, reicht es nicht, dass er ihn nicht mehr sieht. Der Hund kann auch verdeckt sein und sich somit in Schuss­richtung aufhalten. Dann verstößt die Schuss­abgabe gegen die Sorgfalts­pflicht. Der Jäger muss dann Schadens­ersatz zahlen. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Frankfurt am Main vom 20. April 2021 (AZ: 4 U 184/19).

Wann darf grundsätzlich geschossen werden?

In Deutschland legt das Bundes­jagd­gesetz fest, dass ausschließlich in ausgewiesenen Gebieten, den Jagdbe­zirken, gejagt werden darf. Zusätzlich wird durch die Unfall­ver­hü­tungs­vor­schrift Jagd der landwirt­schaft­lichen Berufs­ge­nos­sen­schaft detailliert geregelt, wann geschossen werden darf. Dazu führt Rechts­anwalt Dr. Christian Halm, Mitglied in der Arbeits­ge­mein­schaft Agrarrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV), weiter aus: „Wichtig ist zunächst, dass sich der Schütze vor Abgabe des Schusses vergewissert, dass ein natürlicher Kugelfang vorhanden ist. In der Regel ist dies das vorhandene Erdreich, in das die Kugel im Falle eines Fehlschusses einschlägt. Gefährlich ist es, wenn der Boden gefroren ist oder, wenn Steine die Kugel abprallen lassen können.“

Verant­wort­liches Verhalten bei der Schuss­abgabe

Nach Prüfung der Umgebung und Sicherheit kann die Jagd beginnen. Jedoch muss auch bei der Jagd einiges beachtet werden. Der Anwalt aus dem Saarland erklärt dazu: „Auf der Jagd ist der Schütze für seinen Schuss verant­wortlich. Er muss vor jeder Schuss­abgabe prüfen, dass eine Gefährdung anderer ausgeschlossen ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Menschen, Tiere oder Sachge­gen­stände handelt. Im Zweifel muss auf eine Schuss­abgabe verzichtet werden. Dabei ist zu beachten, dass eine Kugel mit bis zu 900 km/h den Gewehrlauf verlässt und bis zu 8 km weit fliegen kann. Insofern trägt der Jäger bei der Schuss­abgabe eine sehr hohe Verant­wortung.“ Schließlich kann bei Fehlver­halten der Verlust des Jagdscheins oder ein Strafver­fahren drohen.

Höhe des Schadens­er­satzes

In dem vorlie­genden Fall des OLG Frankfurt am Main wurde ein Jagdhund versehentlich getroffen, sodass Schadens­er­satzes gezahlt werden musste. Zur Höhe des zu zahlenden Schadens­er­satzes erklärt Dr. Halm generell: „Wichtig ist zunächst den Anschaf­fungspreis des Hundes zu belegen. Sodann sind wertstei­gernde Investi­tionen in den Hund darzulegen und zu beweisen. Hierbei handelt es sich insbesondere um die einzelnen Ausbil­dungs­schritte für Jagdhunde. Die etwa zweijährige Ausbildung endet mit der Brauch­bar­keits­prüfung, die die jagdliche Brauch­barkeit des Hundes dokumentiert und für den objektiven Wert des Hundes maßgebend ist. Daneben kann es weitere wertbe­ein­flussende Faktoren geben, wie beispielsweise die Zuchttaug­lichkeit, die zu belegen sind.“

Als das Gericht sich in dem Fall mit der Bemessung des Schadens­er­satzes beschäftigte, geschah dies hauptsächlich auf Grundlage:

  • der Kosten für einen vergleichbaren Welpen und
  • der Kosten für die Ausbildung eines Hundes mit durchschnittlicher Begabung, um einen mit dem getöteten Hund vergleichbaren Ausbildungsstand zu erreichen.

Da bei einer Drückjagd versehentlich von dem Beklagten der 20 Monate alte Jagdhund der Klägerin erschossen wurde, verlangte sie über die vorgerichtlich von der Haftpflicht­ver­si­cherung bereits erhaltenen 2.100,00 € hinaus weiteren Schadens­ersatz unter Verweis auf erheblich höhere Ausbil­dungs­kosten. Jedoch blieb die Klage auf weiteren Schadens­ersatz in zwei Instanzen erfolglos.

Urteil: Schadens­ersatz für auf Jagd erschossenen Jagdhund

Der Beklagte muss in diesem Fall grundsätzlich wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen seine Sorgfalts­pflicht bei der Schuss­abgabe haften, führte das Oberlan­des­gericht aus. Er hätte sich vor Abgabe des Schusses vergewissern müssen, dass eine Gefährdung anderer - also auch des Jagdhundes -  ausgeschlossen war.

Er selbst gab an, er habe eine Wildsau gesehen, die von einem Hund mit Warnweste und dem Terrier der Klägerin gehetzt wurde. Er habe die Sau angesprochen, also mit dem Gewehr fixiert. Als sich das Wildtier ihm bis auf 60 - 70 m genähert habe, sei der Hund mit Warnweste ca. 10 Meter neben der Sau gewesen. Danach habe er den Hund der Klägerin nicht mehr gesehen. Er habe angenommen, dass sich dieser entfernt habe und deshalb geschossen.

Dann hätte er aber nicht schießen dürfen, betonte das Gericht. Er konnte nicht ausschließen, dass sich der Hund der Klägerin verdeckt hinter dem Wildschwein befand und im Fall eines Schusses in dieser Richtung getroffen würde.

Die vorher gezahlten 2.100 € reichten aber als Schaden­ersatz aus, urteilten die Richter. Den Preis eines vergleichbaren Welpen sah das Gericht bei 500,00 €. Die Kosten, die für die Ausbildung eines Hundes mit durchschnitt­licher Begabung aufzuwenden seien, schätzte das Gericht mit Hilfe eines Gutachters. Demnach seien unter Berück­sich­tigung des nachge­wiesenen Ausbil­dungs­standes des Terriers der Klägerin insgesamt 79 Stunden Ausbildung anzusetzen. Bei 10 € je Ausbil­dungs­stunde ergab sich damit ein Wert, der unter dem bereits ausgegli­chenen Betrag lag. Daher hatte die Klägerin keinen weiteren Anspruch.

Mehr zum Thema Jagd erfahren Sie in diesem Beitrag.

Datum
Aktualisiert am
22.07.2021
Autor
red/dav
Bewertungen
1347
Themen
Jagd Landwirt­schaft Schadens­ersatz Versicherung

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