Verletzter Hund

Kosten­be­grenzung bei Heilbe­hand­lungs­kosten nach Hundebiss

Wie viel ist die Behandlung verletzter Hunde wert? © Quelle: Chalabala/gettyimages.de

Oft müssen betroffene Hunde nach Beißat­tacken tierärztlich behandelt oder sogar operiert werden. Es entstehen erhebliche Tierarzt­kosten. Oft versuchen Tierhal­ter­haft­pflicht­ver­si­che­rungen in solchen Fällen, die Heilbe­hand­lungs­kosten der Höhe nach zu begrenzen und verweisen darauf, dass die Behand­lungs­kosten den Wert des Tieres um ein Vielfaches übersteigen. Haben die Versiche­rungen mit einer solchen Argumen­tation Recht?

Im Bereich der Repara­tur­kosten für Kraftfahrzeuge ist allgemein anerkannt, dass der Geschädigte Ersatz der Repara­tur­kosten nur innerhalb der Grenzen des wirtschaftlich Vernünftigen verlangen kann. Der Schadens­er­satz­an­spruch ist damit durch wirtschaftliche Erwägungen der Höhe nach begrenzt.

Hund greift Katze an: Voller Schadens­ersatz

(DAV) Die Kosten für die Behandlung eines Tieres durch einen Tierarzt sind nicht überhöht, nur weil sie den materiellen Wert des Tieres übersteigen.

Das entschied das Landgericht (LG) Hildesheim (Entscheidung vom 10. Februar 2017; AZ: 7 S 144/16) im Fall eines Polizei­hundes. Als dieser auf einem Hausgrundstück eine Katze witterte, sprang er über die Grundstücksmauer und griff das Tier an. Der 14 Jahre alte Kater erlitt schwere Verlet­zungen, die mehrere Operationen durch einen Tierarzt nötig machten. Die Kosten für die Behandlung durch den Tierarzt beliefen sich auf rund 4.000 Euro. Der Halter des Hunds, das Land Nieder­sachsen, zahlte jedoch nur etwa die Hälfte des Betrags: Die Behand­lungs­kosten seien wegen des hohen Alters des Katers überhöht.

Das Land musste den gesamten Schadens­ersatz, also die gesamte Summe für die Behandlung des verletzten Tieres, übernehmen. Eine streng wirtschaftliche Betrach­tungsweise sei hier nicht erlaubt, erläuterten die Richter. Laut Grundgesetz schützt der Staat „auch in Verant­wortung für die künftigen Genera­tionen die natürlichen Lebens­grundlagen und die Tiere...“. Auch trage der Besitzer des Katers keine Mitschuld: Tiger habe sich bei dem Angriff „friedlich und nichts ahnend auf ‚seinem’ Grundstück aufgehalten“ und nicht mit einem Angriff rechnen müssen.

Eine derartige Begrenzung verbietet sich jedoch im Tierrecht. Der Gesetzgeber bringt in § 251 Abs. 2 Satz 2 des Bürger­lichen Gesetz­buches (BGB) den Rechts­ge­danken zum Ausdruck, dass die Angemes­senheit einer Tierbe­handlung nicht durch den wirtschaft­lichen Wert des Tieres begrenzt wird. Es gibt damit glückli­cherweise nicht den Fall des „wirtschaft­lichen Totalschadens“ eines Hundes.

Dieser Grundsatz wird durch das Grundgesetz in Art. 20a Grundgesetz noch gestärkt und bindet die Gerichte bei der Anwendung der Schadens­er­satz­re­ge­lungen des BGB. Es kommt daher auf den Wert des Tieres gerade nicht an.

Dennoch haben manche Gerichte eine betrags­mäßige Obergrenze für die Heilbe­hand­lungs­kosten festgesetzt.

Nach allgemeiner Rechtsprechung werden Behand­lungs­kosten in einer Größen­ordnung bis 2.000,00 Euro grundsätzlich als angemessen angesehen. Dies ist insbesondere aus der Rolle vor allem von Hunden und Katzen als so genannte „Mitgeschöpfe“ anerkannt. Tiere gelten daher nicht als Sachen sondern als „Mitgeschöpfe“, wobei jedoch die Regelungen der Sachen im BGB entsprechend auf Tiere anzuwenden sind. Es ist daher ein Irrglaube, Tiere seien als Sache anzusehen. Es kommt nicht auf den für das Tier gezahlten Kaufpreis an; die als verhält­nismäßig angesehenen Tierarzt­kosten können den tatsächlich gezahlten Kaufpreis bei weitem übersteigen (LG Essen Az. 13 S 84/03; LG Baden-Baden Az. 1 S 54/98).

Das Landgericht Mannheim (Az.: 10 S 127/94) hielt Heilbe­hand­lungs­kosten sogar in Höhe von 5.000,00 € noch für angemessen. Diese Entschei­dungen finden auch heute noch Anwendung.

Andreas Ackenheil ist Anwalt mit dem Schwerpunkt Tierrecht (Hunderecht, Pferderecht, Recht rund um das Tier) und betreibt einen eigenen Blog, der unter http://www.der-tieranwalt.de aufzurufen ist. Auch für die Deutsche Anwalt­auskunft bloggt Andreas Ackenheil regelmäßig zum Thema Tierrecht.