
Im Bereich der Reparaturkosten für Kraftfahrzeuge ist allgemein anerkannt, dass der Geschädigte Ersatz der Reparaturkosten nur innerhalb der Grenzen des wirtschaftlich Vernünftigen verlangen kann. Der Schadensersatzanspruch ist damit durch wirtschaftliche Erwägungen der Höhe nach begrenzt.
Hund greift Katze an: Voller Schadensersatz
(DAV) Die Kosten für die Behandlung eines Tieres durch einen Tierarzt sind nicht überhöht, nur weil sie den materiellen Wert des Tieres übersteigen.
Das entschied das Landgericht (LG) Hildesheim (Entscheidung vom 10. Februar 2017; AZ: 7 S 144/16) im Fall eines Polizeihundes. Als dieser auf einem Hausgrundstück eine Katze witterte, sprang er über die Grundstücksmauer und griff das Tier an. Der 14 Jahre alte Kater erlitt schwere Verletzungen, die mehrere Operationen durch einen Tierarzt nötig machten. Die Kosten für die Behandlung durch den Tierarzt beliefen sich auf rund 4.000 Euro. Der Halter des Hunds, das Land Niedersachsen, zahlte jedoch nur etwa die Hälfte des Betrags: Die Behandlungskosten seien wegen des hohen Alters des Katers überhöht.
Das Land musste den gesamten Schadensersatz, also die gesamte Summe für die Behandlung des verletzten Tieres, übernehmen. Eine streng wirtschaftliche Betrachtungsweise sei hier nicht erlaubt, erläuterten die Richter. Laut Grundgesetz schützt der Staat „auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere...“. Auch trage der Besitzer des Katers keine Mitschuld: Tiger habe sich bei dem Angriff „friedlich und nichts ahnend auf ‚seinem’ Grundstück aufgehalten“ und nicht mit einem Angriff rechnen müssen.
Eine derartige Begrenzung verbietet sich jedoch im Tierrecht. Der Gesetzgeber bringt in § 251 Abs. 2 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) den Rechtsgedanken zum Ausdruck, dass die Angemessenheit einer Tierbehandlung nicht durch den wirtschaftlichen Wert des Tieres begrenzt wird. Es gibt damit glücklicherweise nicht den Fall des „wirtschaftlichen Totalschadens“ eines Hundes.
Dieser Grundsatz wird durch das Grundgesetz in Art. 20a Grundgesetz noch gestärkt und bindet die Gerichte bei der Anwendung der Schadensersatzregelungen des BGB. Es kommt daher auf den Wert des Tieres gerade nicht an.
Dennoch haben manche Gerichte eine betragsmäßige Obergrenze für die Heilbehandlungskosten festgesetzt.
Nach allgemeiner Rechtsprechung werden Behandlungskosten in einer Größenordnung bis 2.000,00 Euro grundsätzlich als angemessen angesehen. Dies ist insbesondere aus der Rolle vor allem von Hunden und Katzen als so genannte „Mitgeschöpfe“ anerkannt. Tiere gelten daher nicht als Sachen sondern als „Mitgeschöpfe“, wobei jedoch die Regelungen der Sachen im BGB entsprechend auf Tiere anzuwenden sind. Es ist daher ein Irrglaube, Tiere seien als Sache anzusehen. Es kommt nicht auf den für das Tier gezahlten Kaufpreis an; die als verhältnismäßig angesehenen Tierarztkosten können den tatsächlich gezahlten Kaufpreis bei weitem übersteigen (LG Essen Az. 13 S 84/03; LG Baden-Baden Az. 1 S 54/98).
Das Landgericht Mannheim (Az.: 10 S 127/94) hielt Heilbehandlungskosten sogar in Höhe von 5.000,00 € noch für angemessen. Diese Entscheidungen finden auch heute noch Anwendung.
Andreas Ackenheil ist Anwalt mit dem Schwerpunkt Tierrecht (Hunderecht, Pferderecht, Recht rund um das Tier) und betreibt einen eigenen Blog, der unter http://www.der-tieranwalt.de aufzurufen ist. Auch für die Deutsche Anwaltauskunft bloggt Andreas Ackenheil regelmäßig zum Thema Tierrecht.
- Datum
- Aktualisiert am
- 08.05.2017
- Autor
- Andreas Ackenheil