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Kleinge­drucktes

Kleinge­drucktes: Das Gute, das Böse und das Übliche

Viele Verbraucher verlassen sich darauf, dass im Kleingedruckten nur die üblichen Klauseln zu finden sind und unterschreiben, ohne es zu lesen. © Quelle: Buchinho/corbisimages.com

In unserer Kolumne Kleinge­drucktes schreiben wir in loser Folge über kuriose oder ärgerliche Klauseln in den Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen (AGB) von Verträgen, also dem Kleinge­drucktem. Heute: Kann sich der Verbraucher darauf verlassen, dass in den AGB nur für den jeweiligen Vertrag übliche Klauseln stehen? Oder handelt er komplett auf eigenes Risiko, wenn er zustimmt, ohne alles gelesen zu haben? Und was gilt eigentlich als üblich?

Neue Nutzungs­be­din­gungen von Facebook, die Instal­lation eines neuen Programms auf dem Computer und reichlich Kleinge­drucktes beim Eröffnen eines Bankkontos – Verbraucher werden häufig mit seiten­langen AGB konfrontiert, die abgesegnet werden wollen. Doch wer hat schon Zeit und Lust, sich das alles durchzulesen? Die nimmt man sich höchstens bei wichtigen (und überschaubaren) Verträgen, bei denen es um viel Geld geht, zum Beispiel dem Mietvertrag. Ansonsten verlässt man sich in der Regel darauf, dass schon nichts Außerge­wöhn­liches drin stehen wird.

So gehen sportliche Zeitge­nossen davon aus, sich in einem Vertrag mit dem Fitness­studio zu verpflichten, das Studio gegen eine bestimmte Gebühr nutzen zu können und bei der Kündigung gewisse Fristen einhalten müssen. Vor allem in letzterem Fall ist oft ein Mitarbeiter des Fitness­studios anwesend, der den Kunden darauf hinweist, dass man ruhig unterschreiben könne, weil in dem Vertrag nur „das Übliche“ stehe.

Was gilt bei unüblichen Vertrags­be­stim­mungen?

Doch was, wenn die AGB doch eine Klausel enthalten, die bei dem jeweiligen Vertrag nicht zu erwarten ist? So wagte die Sicher­heitsfirma F-Secure kürzlich ein Experiment, bei dem sie in die AGB zur Nutzung von WLAN in einem Café die Verpflichtung schmug­gelten, der Firma das erstge­borene Kind zu überlassen. Einige Kunden lasen das Kleinge­druckte nicht und stimmten dem Vertrag zu.

„Verbraucher sind dem AGB-Dschungel nicht hilflos ausgeliefert“, sagt Rechts­anwalt Harald Rotter. Der Allgemein­anwalt ist Mitglied des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) und Experte für Verbrau­cher­fragen. Wie der Rechts­anwalt erklärt, müssten dem Bürger­lichen Gesetzbuch zufolge AGB-Klauseln, die über das für die jeweiligen Verträge übliche hinausgehen, besonders hervor­gehoben sein. „Dem Verbraucher dürfen keine überra­schenden Vertrags­klauseln ´unterge­mogelt` werden“, warnt Anwalt Rotter. Dazu habe es schon viele Rechts­streite gegeben, die teilweise zugunsten der Verbraucher entschieden wurden.

Üblich oder außerge­wöhnlich: von Fall zu Fall unterschiedlich

Was als üblich gilt, kommt auf den Einzelfall an. Beispiel Mietvertrag: „Im Grunde ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass der Vermieter beziehungsweise der Eigentümer sich um die Renovierung der Wohnung kümmert“, erklärt Anwalt Rotter. Dennoch stehe in den meisten Mietver­trägen, dass sogenannte Schönheits­re­pa­raturen zulasten des Mieters gehen. Das gelte mittlerweile als üblich und sollte niemanden mehr überraschen.

Allerdings hat der BGH in den vergangenen Jahren fast alle früher gebräuch­lichen Renovie­rungs­klauseln für unwirksam erklärt, weil sie den Mieter unange­messen benach­teiligen. Wer Krach mit seinem Vermieter über die Schönheits­re­pa­raturen hat, sollte die entspre­chende Klausel in seinem Mietvertrag von einem Anwalt überprüfen lassen. Je älter der Mietvertrag, umso höher ist die Wahrschein­lichkeit, dass er überhaupt nicht renovieren muss, weil die Klausel nichtig ist.

Bei Dienst­leis­tungs­ver­trägen mit Wohnungs­maklern sind die Verbraucher vor Stolper­fallen im Kleinge­druckten besonders gut geschützt. Seit dem 1. Juni greift das sogenannte Bestel­ler­prinzip, nachdem derjenige den Makler zahlt, der ihn beauftragt hat.

Das Gesetz beinhaltet auch ein Umgehungs­verbot: Alle Klauseln in Makler­ver­trägen, die die genannte Bestimmung außer Kraft setzen, sind unwirksam. Mieter können also beruhigt den Makler­vertrag unterschreiben ohne fürchten zu müssen, doch noch zur Zahlung der Makler­courtage herangezogen zu werden.

Internet­verträge: Blick ins Impressum lohnt sich

Letztlich hat der Verbraucher nur dann eine 100%ige Sicherheit, nicht böse überrascht zu werden, wenn er das Kleinge­druckte komplett liest. Die gute und alltags­taugliche Nachricht ist aber: Man darf sich in der Regel darauf verlassen, dass die Verträge nur übliche Klauseln enthalten. Rechts­anwalt Rotter zufolge legten vor allem große Unternehmen in der Regel Wert darauf, ihre AGB so zu gestalten, dass sie nicht durch zu viele Abmahnungen von Verbrau­cher­ver­bänden in Verruf geraten.

Wer im Internet einen Vertrag mit einem Unternehmen schließen will, das er noch nicht kennt, sollte aber unbedingt einen Blick ins Impressum werfen. Wenn dort wichtige Angaben fehlen, zum Beispiel die Rechtsform (GmbH, AG) oder der Name des Inhabers, ist Vorsicht geboten.

Das gilt auch, wenn keine Hausadresse, sondern nur ein Postfach angegeben ist. Dann ist es ratsam, sich Zeit für das Kleinge­druckte zu nehmen oder vielleicht doch lieber zum Fachhändler um die Ecke zu gehen. Regelmäßig müssen aber immer noch die Gerichte überra­schende Klauseln kassieren.

Datum
Aktualisiert am
26.05.2016
Autor
vhe
Bewertungen
379
Themen
Allgemeine Geschäfts­be­din­gungen Betrug Internet Kleinge­drucktes Vertrag

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