Glaubt man den Umfragen, dann joggen in Deutschland zwischen 15 und 20 Millionen Menschen, zumindest ab und zu. Der subjektive Eindruck bestätigt das: Schaut man sich sonntags in einem beliebigen Park um, sieht man hunderte Läufer, die Kinderwagen umkurven und über Hundeleinen springen. Joggen ist Volkssport.
Über die rechtlichen Seiten des Joggens macht sich wohl kaum ein Läufer Gedanken, während er Kilometer sammelt. Spätestens aber, wenn es zu Unfällen mit anderen Verkehrsteilnehmern kommt, wird dieses Thema wichtig.
„Da sich Jogger ohne technische Hilfsmittel zu Fuß fortbewegen, gelten sie aus verkehrsrechtlicher Perspektive als Fußgänger“, sagt Gesine Reisert vom Geschäftsführenden Ausschuss Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). „Nichtsdestotrotz können sich auch Fußgänger nicht rechtsfrei durch deutsche Straßen schlängeln.
Musikhören ja, es kommt aber auf Lautstärke und Kopfhörer an
„Wenn Sie mit lauter Musik in einen Unfall verwickelt werden, ist eine Mitschuld Ihrerseits durchaus wahrscheinlich“, sagt Gesine Reisert. Anders als bei Gehörlosen, bei denen andere Verkehrsteilnehmer die Beeinträchtigung aufgrund der Kennzeichnung ermitteln können, sei das bei Joggern in der Regel nicht der Fall. „Zudem wissen Gehörlose um ihre eingeschränkte Wahrnehmungsmöglichkeit“, sagt Reisert, „das ist bei Joggern, die laut Musik hören, nicht unbedingt so“.
Aus haftungsrechtlicher Sicht sind Versicherungen ebenso wie die Polizei daran interessiert, einen Unfallhergang genau aufzuklären; insbesondere dann, wenn sich ein schwerer Unfall ereignet hat. Wenn ein Jogger darin verwickelt war, wird genau geprüft, wie laut er Musik gehört und welches Kopfhörermodell er benutzt hat. Rechtsanwältin Reisert: „Kopfhörer, die Umgebungsgeräusche filtern, sollten meines Erachtens eigentlich für diese Zwecke gar nicht erlaubt sein“. Denn es solle ja genau das verhindert werden: etwa, dass ein Signalhorn eines Autos überhört wird. Reisert ist sich sicher, dass im Zweifelsfall nicht nur haftungsrechtliche Konsequenzen im Zivilrecht folgen, sondern auch ein Bußgeld verhängt werden könnte.
Reflektierende Kleidung kein Muss, aber sinnvoll
Etwas anders verhält es sich beim Tragen reflektierender Kleidung. „Ein Fußgänger muss sich ja auch keine Warnweste überziehen“, erklärt Reisert. Allerdings könnten Gerichte durchaus auch darauf zu sprechen kommen – in kniffligen Prozessen, wenn die Schuldfrage schwer zu klären ist, könne dies ein Thema werden, so die Verkehrsrechtlerin Gesine Reisert.
Zusammengefasst lässt sich also sagen: reflektierende Kleidung im dunkeln ist für Läufer ebenso sinnvoll, wie bei Musik auf eine angemessenen Lautstärke zu achten und Köpfhörer zu nutzen, die Umgebungsgeräusche zulassen. Letztlich geht es ja primär um den Eigenschutz, der sich unter Beachtung dieser Hinweise mit Sicherheit erhöhen lässt.
- Datum
- Aktualisiert am
- 10.06.2015
- Autor
- ndm