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Gerichts­termin

Gerichts­ver­handlung: Was muss ich wissen, was ist erlaubt?

Richter (Beispielbild) © Quelle: Kzenon/fotolia.de

Ob als Zeuge, beteiligte Partei oder Zuschauer – eine Gerichts­ver­handlung ist ein wichtiger Termin. Wer noch nie an einer Verhandlung teilge­nommen hat, ist womöglich unsicher, was er tun darf beziehungsweise tun muss. Die Anwalt­auskunft hat mit zwei Richtern gesprochen und beantwortet die wichtigsten Fragen.

Eines Morgens liegt die Ladung im Briefkasten. Der Einbruch, den Frau Müller beobachtet hat, liegt Monate zurück. In der kommenden Woche soll nun die Gerichts­ver­handlung stattfinden und Frau Müller als Zeugin aussagen. Sie hat so etwas noch nie gemacht und ist nervös. Dürfen die Kinder mit? Und was wohl der Chef dazu sagt? Die Antwort auf diese und andere Fragen beantwortet das Gesetz, die Ladung oder der Richter. Was Sie zur Gerichts­ver­handlung wissen müssen.

Darf ich meine Kinder mit in die Gerichts­ver­handlung bringen?

„Grundsätzlich ist es erlaubt, Kinder mit in die Verhandlung zu bringen“, sagt Stefan Caspari, Richter am Landgericht (LG) Magdeburg. Sei die Öffent­lichkeit zugelassen, dürften Kinder teilnehmen. Gehe es um Gewalt­ver­brechen wie Körper­ver­letzung und Sexual­straftaten, könne der Richter sie aber ausschließen. Gleiches gelte für sehr kleine Kinder, die die Verhandlung stören könnten.

In manchen Gerichten gibt es für solche Fälle eine Kinder­be­treuung. In Famili­en­sachen ist teilweise auch erforderlich, dass die Kinder mit zum Gericht kommen. Letztlich entscheidet der Richter im Rahmen seiner Sitzungs­hoheit, ob Kinder mit in den Gerichtssaal kommen dürfen. Eine grundsätzliche Alters­be­schränkung gibt es nicht.

Darf ich meinen Hund mit ins Gericht bringen?

Es gibt zwar kein Gesetz, das Hunde oder andere Haustiere im Gerichtssaal verbietet. Meist sind sie aber durch die Hausordnung untersagt. Andernfalls darf man sie mitbringen, wobei es auch hier Ausnahmen gibt. Der Richter kann Tiere verbieten, wenn sie jemanden von der Verhandlung ablenken. Das gilt zum Beispiel für Kampfhunde, die Zeugen einschüchtern könnten.

Mütze, Sonnen­brille, Niqab: Darf ich mich verhüllen? Und wie sieht es mit der Kleidung aus?

Diese Frage ist emotional und politisch belastet und führt oft zu Diskus­sionen. „Zunächst einmal muss man bei Gericht ordentlich angezogen sein“, sagt Joachim Lüblinghoff, Vorsit­zender Richter am Oberlan­des­gericht Hamm und stellver­tre­tender Vorsit­zender des Deutschen Richter­bundes (DRB). T-Shirts mit vermeintlich lustigen Sprüchen oder andere Kleidung, bei der ersichtlich ist, dass der Träger das Gericht nicht respektiert, müsse gewechselt oder auf links gedreht werden. Mützen oder Hüte sollte man aus Höflichkeit abnehmen.

Bei Schleier, Niqab oder der Haube einer Nonne ist es etwas kompli­zierter. „Ob Schleier erlaubt sind, hängt davon ab, ob die Frau Zeugin oder Zuhörerin ist“, sagt Lüblinghoff. Verhüllung sei in Ordnung, wenn der Ablauf der Verhandlung nicht gestört werde.

Caspari sieht das ähnlich: „Bei Zeugen möchte der Richter meist das Gesicht sehen können. Er darf die Frau verpflichten, das Kopftuch oder den Niqab abzunehmen.“ Bei Zuschauern gäbe es keine festen Regeln.

Wieviel früher soll ich am Gericht sein, wenn ich als Zeuge geladen bin?

„Es genügt, wenn die Zeugen pünktlich sind“, sagt Lüblinghoff. Sie würden meist zu Beginn der Sitzung geladen. Dann müssten sie im Sitzungssaal anwesend sein. Dem schließt sich Caspari an. „Ist ein Zeuge nicht da und hat sich auch nicht abgemeldet, wartet man zunächst 15 Minuten.“ Die Verhandlung werde dann unterbrochen oder ein anderer Zeuge vorgezogen. Ist er nach den 15 Minuten immer noch nicht aufgetaucht, kann der Richter die Polizei los schicken, um den Zeugen abzuholen. Dieser muss dann die Kosten übernehmen.

„Wer im Stau steht oder sich aus anderen Gründen verspätet, sollte auf jeden Fall beim Gericht Bescheid geben“, rät der Richter des LG Magdeburg.

Wie weit im Voraus werde ich als Zeuge geladen?

Ladungen zur Gerichts­ver­handlung können sehr kurzfristig sein. Eine feste gesetzliche Frist gibt es nicht. Manchmal wird eine Verhandlung so kurzfristig angesetzt, dass die Post nicht mehr mithalten kann. Dann kommt womöglich die Polizei am Vorabend des Termins bei dem Zeugen vorbei.

Auch wenn die Ladung Pläne durcheinander wirft: „Absagen darf man nur unter wichtigen Umständen“, sagt Lübglinghoff. Die Absage müsse man dann gut begründen. Was ist nun mit dem Arbeitgeber? „Der Arbeitgeber muss einen Angestellten freistellen, wenn dieser als Zeuge geladen ist“, sagt Caspari. Es gebe dann eine finanzielle Entschä­digung – entweder für den Arbeitgeber wegen der entgangenen Arbeitszeit oder für den Arbeit­nehmer wegen des entgangenen Lohns.

Was muss ich zur Verhandlung mitbringen?

In Deutschland muss zwar jeder einen Ausweis besitzen. Immer bei sich tragen muss man Reisepass oder Personal­ausweis allerdings nicht. Ist man als Zeuge bei Gericht geladen, schadet es aber nicht, ihn in der Tasche zu haben. „In manchen Fällen ist es verpflichtend, den Personal­ausweis mitzubringen, weil man das Gebäude sonst nicht betreten darf“, erklärt Lüblinghoff. Das stehe aber in der Ladung.

Darf ich im Gerichtssaal essen und trinken?

Während der Verhandlung zu essen oder zu trinken, ist in der Regel verboten – entweder durch das Hausrecht oder Schilder am Eingang. Andernfalls kann der Richter es verbieten. Wer aus gesund­heit­lichen Gründen regelmäßig etwas zu sich nehmen muss, fragt am besten vorher nach und weist das Gericht darauf hin. Ist es sehr warm, kann Wasser erlaubt sein. Das entscheidet aber wiederum der Richter. Kaugummi zu kauen gilt als respektlos.

Darf man während oder am Ende der Verhandlung klatschen?

Eigentlich nicht. Das Gericht sieht das nicht gerne – der Richter kann es manchmal aber nicht verhindern. Wenn die Zuschauer wohlwollend klatschen und nicht beleidigend – zum Beispiel aus Schaden­freude – ist das aber meist kein Problem. Wenn am Ende der Veranstaltung geklatscht wird, ist es weniger erheblich, weil dann der Saal sowieso geräumt wird.

Ob es um klatschen am Ende, Verpflegung, Haustiere oder die Kleidung geht: Ein Gericht ist kein Kino und kein Stadion. Wer an einer Verhandlung teilnimmt, sollte das Gericht, den Richter und die anderen Beteiligten respek­tieren und sich entsprechend verhalten.

Datum
Aktualisiert am
27.09.2017
Autor
vhe
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Themen
Familie Gericht Kinder Tiere

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