Nackt im Garten? So viel Nacktheit muss der Nachbar dulden
In den eigenen vier Wänden darf jeder so rumlaufen, wie er oder sie möchte. Und auch wer im Garten lieber auf Kleidung verzichtet, begeht zunächst weder eine Straftat und meist auch keine Ordnungswidrigkeit. Und auch ein ausgiebige Räkeln eines Mieters im Garten muss noch kein berechtigter Kündigungsgrund sein. So entschied das Amtsgericht Merzig (Urteil vom 5. August 2005; AZ: 23 C 1282/04) für die beklagte Mieterin. Der war mit der Begründung gekündigt worden, dass ihre freizügigen Sonnenbäder für Gesprächsstoff in der dörflichen Nachbarschaft sorgten. Da der Hausfrieden dadurch aber nicht gestört sei, widersprach das Gericht.
In solchen Fällen entscheidet der Einzelfall. So ist es durchaus möglich, dass sich andere Mieter oder Nachbarn bei einem einsehbaren Garten und viel nackter Haut berechtigt gestört fühlen. Nach § 118 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) kann diese „Belästigung der Allgemeinheit“ zumindest eine Ordnungswidrigkeit darstellen.
Andersrum darf sich ein freizügig gekleideter Mieter nicht beschweren, wenn von Nachbars Seite auch mal in den Garten geschielt wird. Dagegen kann auf Unterlassung geklagt werden, wenn gezielt in ein Fenster einer Wohnung hineingeschaut wird, wie das Oberlandesgericht München feststellte (Urteil vom 27. September 2005; AZ: 32 Wx 65/05).
Wer den Sommer auf dem Balkon verbringen möchte, auf Ganzkörperbräune aber nicht verzichten und dabei möglichst noch ungestört bleiben will, darf sich einen Sichtschutz errichten. Der Vermieter kann nach einem Urteil des Amtsgerichts Neubrandenburg dies zumindest dann nicht verbieten, wenn die Verkleidung zum Stil des Hauses passt (Urteil vom 10. Oktober 2006; AZ: 6 C 162/06).
Nackt aktiv: Radeln und wandern ohne Klamotten?
Wer die Nähe zur Natur ungefiltert wahrnehmen möchte, kann das tun – zumindest dort, wo sich keine Menschen gestört fühlen. In der Regel sind in abgeschiedenen Wäldern oder auf Feldwegen keine Bußgelder zu befürchten. Wo sich Menschen jedoch belästigt fühlen, sieht es anders aus; gerade in Innenstädten sollte auf zu viel Einblick verzichtet werden.
2005 beispielsweise verbot das Verwaltungsgericht Karlsruhe eine so genannte „Nacktradel-Aktion“. Damals planten 13 Nacktradel-Aktivisten eine Fahrradtour. Die Begründung des Gerichts: Die Pläne würden der allgemein anerkannten Regeln der ungeschriebenen Gesellschaftsordnung widersprechen, sich auf öffentlichen Straßen nackt zu zeigen (Urteil vom 7. Juni 2005; AZ: 6 K 1058/05).
Strafrechtlich verboten ist öffentliche Nacktheit ohne sexuellen Bezug zwar nicht, doch auch hier kann durch den § 118 OWiG ein Bußgeld blühen. In der Praxis wird meist ein Platzverweis ausgesprochen, eine Verfolgung als Ordnungswidrigkeit geschieht dagegen nur selten.
Nackt auf der Straße: Wann ist ein Mann Exhibitionist?
In manchen Fällen kann öffentliche Nacktheit eine Straftat sein. Und zwar dann, wenn die Grenze zum Exhibitionismus überschritten wird. Das ist in der Regel dann der Fall, wenn jemand sich des sexuellen Lustgewinns wegen entblößt. §183 Strafrechtgesetzbuch zufolge muss mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr rechnen, wer „eine andere Person durch eine exhibitionistische Handlung belästigt“. Das Gesetz spricht aber explizit von einem Mann. Frauen können wegen Exhibitionismus also in der Regel nicht belangt werden.
Im Auto: Nackt am Steuer?
„Man darf nackt Auto fahren“, sagt Christian Janeczek, Fachanwalt für Verkehrsrecht in Dresden und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Letztlich gebe es keinen Unterschied zu nackten Fußgängern bei der Bewertung einer möglichen Ordnungswidrigkeit.
Demnach kann durchaus die Allgemeinheit durch die Nacktfahrt belästigt werden – etwa beim Ausseigen aus dem Auto. Einen Automatismus gibt es hierfür aber nicht.
Eine Einschränkung aber macht Verkehrsrechtsexperte Janeczek: „Ein Autofahrer muss immer in der Lage sein, sein Auto sicher zu beherrschen.“ Auch Barfußfahren ist etwa erlaubt – solange sicher gefahren werden kann. Allerdings droht im Falle eines Unfalles eine Mithaftung, wenn das Fahrzeug aufgrund des Barfußfahrens nichts sicher beherrscht worden ist; etwa, weil die Füße nass sind, vom Pedal abrutschen und es in der Folge zu einem Unfall kommt. Wer dagegen arbeitsbedingt ein Auto bewegt, für den besteht nach § 44 der Unfallverhütungsvorschrift die Pflicht, „den Fuß umschließendes Schuhwerk“ zu tragen.
Fazit: unklare Rechtslage zum Nacktsein
Der in diesen Fragen meist relevante § 118 gilt als so genannter Gummiparagraph. Da der Paragraph so allgemein und unbestimmt formuliert ist, lässt sich das entsprechende Gesetz gummiartig dehnen. Daher kommt es hier oftmals auf den zugrunde liegenden Einzelfall an – und auf die Auslegung der Richter. Doch landen Fälle von Nacktheit in der Öffentlichkeit selten vor Gericht. Menschen, die sportlich aktiv ungern Kleidung tragen, sollten dennoch den Weg in die Natur suchen. Bei Aufritten im Adamskostüm auf Marktplätzen oder in Fußgängerzonen drohen Platzverweise oder gar ein Bußgeld.
Mehr Freiraum gibt es im eigenen zu Hause, doch auch hier sollte darauf geachtet werden, nicht die Nachbarn zu verschrecken. Und im Auto sollte sich besser etwas angezogen werden – auch wenn kein Gesetz das Nacktfahren verbietet. Neben möglichen Verkehrsunfällen stellt sich hier aber auch die Frage, ob der Kunststoff der Autositze eine bequeme Auflagefläche für verschwitzte Sommerhaut ist.
Haben Sie Stress mit einem nackten Nachbarn - oder er mit ihnen? Dann schauen Sie mal hier.
- Datum
- Aktualisiert am
- 06.06.2024
- Autor
- ndm