Tierschutz

Die Kastration von Haustieren: Was ist rechtens?

Kastration von Haustieren: Ist sie immer mit dem Tierschutzgesetz vereinbar? © Quelle: kasto/fotolia.com

Jeder Tierbe­sitzer möchte für sein Tier nur das Beste. Doch manchmal stellt sich die Frage: Was ist das Beste? Darüber lässt sich streiten, vor allem wenn es um Themen wie etwa die Kastration von Haustieren geht. Diese wird zwar häufig ganz selbst­ver­ständlich an Haustieren praktiziert, doch aus tierrecht­licher Sicht kann manches dagegen sprechen.

Für alle Tiere in Deutschland war der 1. August 2002 ein besonderer Tag. Denn an diesem Tag nahm der Gesetzgeber den Tierschutz als so genanntes Staatsziel in das Grundgesetz auf. Seitdem besteht für den Staat und seine handelnden Organe ein verbind­licher Auftrag, den Tierschutz aktiv und umfassend zu fördern. Diese Verfas­sungs­än­derung hatte auch Folgen für das Tierschutz­gesetz (TierSchG) und dieses stark aufgewertet.

Nach § 1 TierSchG trägt der Mensch die Verant­wortung für das Tier als Mitgeschöpf und hat dessen Leben und Wohlbe­finden zu schützen. In dem Artikel heißt es auch: „Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen“. Wer ein Tier hält oder betreut, muss es nach § 2 TierSchG tiergerecht ernähren, unterbringen und pflegen. Verstöße gegen tierschutz­rechtliche Vorschriften können als Ordnungs­wid­rig­keiten oder Straftat­be­stände geahndet werden (§ 17 und 18 TierSchG).

Kastration von Tieren: Nach dem Tierschutz­gesetz erlaubt?

Für Diskus­sionen sorgt immer wieder das Thema Kastration von Tieren. Nach dem Tierschutz­gesetz ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körper­teilen oder das vollständige oder teilweise Entnehmen oder Zerstören von Organen eines Wirbel­tieres verboten. Kastra­tionen gelten rechtlich als Amputa­tionen.

Erlaubt sind medizi­nische Eingriffe in den Körper eines Tieres, also etwa seine Kastration, im Einzelfall nur dann, wenn eine tierärztliche Indikation vorliegt. Erlaubt sind Kastra­tionen auch, wenn die unkontrol­lierte Fortpflanzung eines Tieres verhindert oder, wenn tierärztliche Bedenken dem nicht entgegen­stehen, ein Tier zu seiner weiteren Nutzung oder Haltung unfruchtbar gemacht werden soll (§ 6 Abs. 1 Nr.5 des TierSchG).

Frei laufende Katzen beispielsweise pflanzen sich unkontrolliert fort, weswegen sie nach der bestehenden Rechtslage kastriert werden dürfen. Daher haben auch viele Gemeinden verfügt, dass Katzen­halter, die ihr Tier nach draußen lassen, dieses vorher von einem Tierarzt kastrieren lassen müssen. Für die Zucht von Rassekatzen sind Ausnahmen von dieser Pflicht möglich.

Regeln für Tiere: Müssen Hunde kastriert werden?

Für Haushunde gelten demgegenüber andere Regeln. So heißt es im Tierschutz­bericht der Bundes­re­gierung: Bei Famili­en­hunden, die in „geordneten Verhält­nissen“ lebten, könne eine Fortpflan­zungs­kon­trolle bereits mit weniger tief greifenden Eingriffen möglich sein. Die Kastra­ti­ons­pflicht ist für Hunde also stark gelockert.

Nur Hunde, die etwa wiederholt damit aufgefallen sind, dass sie unerlaubt Hündinnen belegt haben, dürfen kastriert werden. Doch das sind Ausnahmen, zumal Tierhalter nach den Vorgaben vieler Gemeinen dazu angehalten sind, ihre Hunde an der Leine zu führen und Hunde daher nicht unbedingt frei herumlaufen dürfen.

Hund aus dem Tierheim: Muss man das Tier kastrieren lassen?

Da es für Hunde in der Regel keine Kastra­ti­ons­pflicht gibt, sind auch Tierüber­las­sungsver­träge aus Tierheimen, die die Kastration eines Hundes verbindlich fordern, vertrags­rechtlich bedenklich und in ihrer Ausgestaltung oft unwirksam. Viele Tierheime stützen sich bei dieser Praxis auf § 6 TierSchG, der die weitere Nutzung und Haltung eines Tieres beschreibt.

Demgegenüber hat das Amtsgericht Alzey festge­stellt: Die Durchführung der Kastration bei einem Hund widerspreche § 1 des TierSchG, da dem Tier „ohne vernünftigen Grund“ weder Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden dürfen. Liege für das Tier zusätzlich noch ein Narkose- oder Eingriffs­risiko vor, verbiete sich ein solcher Eingriff ohnehin (AZ: 22 C 903/95).

Insofern sollten Tierheime umdenken, zumal die es immer bessere und sicherere tierme­di­zi­nische Möglich­keiten gibt, eine Kastration zu vermeiden.

Muss der Tierarzt der Kastration eines Hundes zustimmen?

Sein Tier kastrieren zu lassen ist für jeden Hundehalter eine schwierige Entscheidung, die gut überlegt sein will. Ein Tierarzt kann aber dabei helfen, eine gute Entscheidung zu treffen.

Wie schon beschrieben, ist jeder Eingriff in den Körper eines Tieres nur nach tierärzt­licher Indikation erlaubt. Ein Tier darf also nicht etwa aus reiner Bequem­lichkeit heraus kastriert werden. Der Tierarzt muss in jedem Einzelfall prüfen und zu seiner Sicherheit auch entsprechend dokumen­tieren, ob eine Krankheit vorliegt, die eine Kastration rechtfertigt. Oder ob eine drohende Erkrankung durch die Kastration verhindert werden kann. Er muss also einer Kastration zustimmen – und dabei abwägen, ob der Nutzen des Eingriffs mögliche Nachteile oder Risiken überwiegt.

Wer beispielsweise einen Hund ohne medizi­nische Indikation kastrieren lässt, verstößt gegen das Tierschutz­gesetz und macht sich letztlich strafbar. Dass eine medizi­nische Indikation vorliegen muss, spiegelt den Fakt wider, dass jeder operative Eingriff, ob schwierig oder für die behandelnden Tierärzte reine „Routine“, Risiken in sich birgt, die man dem Tier zu Liebe nach Möglichkeit vermeiden sollte.

Die Kastration eines Hundes kann aber nötig sein, wenn andere Maßnahmen zur Verhin­derung einer ungewollten Fortpflanzung wie etwa kontrol­liertes Ausführen und Beaufsichtigen tatsächlich keinen Erfolg gebracht haben. „Eine Kastration kann auch bei hormon­be­dingter Aggres­sivität erforderlich werden, wenn Mensch oder Tier gefährdet sind“, so Andreas Ackenheil.  

Bestimmten Szenarien kann man aber auch mit praktischen Maßnahmen begegnen: So sind im Fachhandel „Läufig­keitshosen“ für Hündinnen erhältlich, die eine ungewollte Belegung sicher und zuverlässig verhindern. Zudem sollte eine Hündin gerade in der Zeit der Läufigkeit immer an der Leine geführt werden, so dass der Tierhalter schnell eingreifen kann, um eine ungewollte Belegung zu verhindern. Solche Maßnahmen sind einer Kastration in jedem Falle vorzuziehen.

Andreas Ackenheil ist Anwalt mit dem Schwerpunkt Tierrecht (Hunderecht, Pferderecht, Recht rund um das Tier) und betreibt einen eigenen Blog, der unter www.der-tieranwalt.de aufzurufen ist. Auch für die Deutsche Anwalt­auskunft bloggt Andreas Ackenheil regelmäßig zum Thema Tierrecht.