„Eltern haften für Ihre Kinder“, „für Garderobe keine Haftung“ – täglich sind wir umgeben von scheinbar unanfechtbaren rechtliche Behauptungen. Selbst die Brötchentheke im Supermarkt führt uns die vermeintliche juristische Konsequenz unseres Handelns vor Augen.
Die Plexiglas-Boxen mit Backwaren haben vielerorts die früher übliche Bäckereifiliale im Supermarkt ersetzt. Das Selbstbedienungsregal spart Personal und braucht wenig Platz. Hygienisch ist die Selbstbedienung jedoch nicht ganz unproblematisch. Wer möchte schon in ein Croissant beißen, das schon durch mehrere Hände gegangen ist? Die Supermärkte versuchen deshalb, Ware und Kunden möglichst lange getrennt zu halten: Sie stellen Zangen und Greifer bereit, mit denen Käufer die Ware aus dem Regal fischen sollen. Doch leider halten sich nicht alle Kunden an diese keimreduzierende Schutzmaßnahme.
Deshalb motivieren manche Supermärkte die Kundschaft zusätzlich mit einem kleinen Aufkleber auf den Backwaren-Boxen. Aufschrift: Berührung der Ware verpflichtet zum Kauf. Das klingt vernünftig, verbindlich und offiziell. Aber ist ein solcher Aufkleber wirklich rechtlich wirksam?
Kaufvertrag?
„Man könnte annehmen, dass mit dem Berühren der Backwaren schon ein Kaufvertrag abgeschlossen wird“, sagt die Rechtsanwältin Caren Hertfelder vom Deutschen Anwaltverein (DAV). Voraussetzung dafür sei aber, dass es ein eindeutiges Angebot und eine ebenso eindeutige Annahme dieses Angebots gebe. Beides sei aber fragwürdig.
„Es ist eher anzunehmen, dass das Bereitstellen der Backwaren ein unverbindliches Angebot ist und der Kunde auch erst dann eine klare Willenserklärung abgibt, wenn er die Ware an der Kasse vorlegt“, sagt Caren Hertfelder. Ähnlich verhält es sich mit anderen Waren, die Selbstbedienungs-Supermärkte anbieten: Nur weil jemand ein Tube Zahnpasta oder eine Gurke berührt, schließt er noch keinen Kaufvertrag ab.