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Pferderecht

Haften Pferde­halter für ihr Pferd auch gegenüber dem Pferde­trainer?

Pferdetrainer gehen mit der Ausübung ihrer Tätigkeiein ein bewußtes Risiko ein. © Quelle: Cicinelli/corbisimages.de

Nicht jedes Pferd ist beim Kauf sofort und problemlos reitbar. Pferde­halter holen sich daher oft die Unterstützung eines Pferde­trainers (Bereiters), der über entspre­chende Erfahrung mit Pferden verfügt und das Pferd ausbilden soll. Dies regelmässig auch gewerblich, da der Pferde­halter für die Ausbildung aufgrund des Ausbil­dungs­ver­trages eine entspre­chende Vergütung leistet. Wenn nun bei der Ausbildung des Pferdes ein Schaden entsteht, da das Pferd den Pferde­trainer verletzt oder einen sonstigen Schaden verursacht, stellt sich die Frage, ob hierfür der Pferde­halter als Eigentümer des Pferdes oder der Pferde­trainer aufkommen muss, da sich das Pferd in seiner Obhut befand. Einen solchen Fall hatte unlängst das Oberlan­des­gericht Koblenz 2012 zu entscheiden.

Was war geschehen? Eine Pferde­trainerin sollte für den Pferde­halter einen „Grauschimmel“ ausbilden. Sie holte das Pferd beim Pferde­halter ab und verbrachte es zu ihrem Gelände. Dort musste sie es aus dem Anhänger ausladen. Hierbei trat das Pferd die Trainerin und verletzte diese am Kniegelenk. Sie erlitt eine Kniege­lenks­lu­xation rechts, wobei sämtliche Bänder im rechten Knie beschädigt wurden, weshalb sie Schadens­ersatz und Schmer­zensgeld vom Pferde­halter verlangte.

Rechtliche Lage

Das OLG Koblenz entschied, dass dem Pferde­trainer kein Anspruch auf Schadens­ersatz und Schmer­zensgeld aus dem Pferdetritt zusteht (2 W 600/12). Das Gericht war der Auffassung, dass zwar grundsätzlich der Tierhalter nach § 833 Satz 1 BGB für alle Schäden haftet, die durch sein Tier verursacht wurden. Dies auch unabhängig davon, ob ihn ein Verschulden trifft oder nicht, sogenannte verschul­dens­un­ab­hängige Tierhal­ter­haftung. Die Haftung ist aber dann ausgeschlossen, wenn sich der Geschädigte in eine Position drohender Eigenge­fährdung begibt bzw. eine über das normale Risiko hinaus­gehende Gefährdung billigend in Kauf nimmt. Diese erhöhte Risiko­ge­fährdung nahm das Gericht an, da die Pferde­trainerin das Pferd zur Ausbildung holte, die alleinige Sachherr­schaft über das Tier zum Zeitpunkt des Vorfalls hatte und keinen Dritten zur Mithilfe beim Entladen hinzuzog. Der Schaden ist daher erheblich eigenver­schuldet entstanden.

Mit dem Tritt des Pferdes hat sich zwar eine typische Tiergefahr verwirklicht. Diese typische Tiergefahr ist jedoch im Zusammenhang mit dem Risiko zu sehen, welche die Pferde­trainerin bewußt zur Ausübung ihrer Tätigkeit eingegangen ist. Sie hat die Ausbildung des Pferdes gegen Vergütung übernommen, sich im eigenen Erwerbs­in­teresse der Tiergefahr ausgesetzt und zum Zeitpunkt des Unfall­hergangs auch die alleinige Herrschaft über das Pferd. Der Pferdhalter hatte keine Möglichkeit, im Zeitpunkt des Unfalls auf sein Pferd einzuwirken. Zu berück­sichtigen ist auch, dass die Pferde­trainerin allein und ohne Mithilfe anderer Personen versuchte das Pferd aus dem Anhänger auszuladen. Sie hat dadurch eine Risiko­er­höhung der Verwirk­lichung einer Tiergefahr bewusst in Kauf genommen. Begibt sich die Geschädigte daher bewusst in eine Situation drohender Eigenge­fährdung mit bewusster Risiko­ge­fährdung, so muss der Gesichtspunkt der Tierhal­ter­haftung in Anbetracht des Handelns auf eigenes Risiko zurück­treten. Ebenso hatte bereits der Bundes­ge­richthof im Jahre 2005 entschieden (BGH VII ZR 225/04).

Anders mag die Situation zu bewerten sein, wenn bei sachge­rechter Tätigkeit ein Schaden entsteht. So kann bspw. nach Urteil des OLG Hamm aus dem Jahre 2015 (14 U 19/14) ein Hufschmied, der seine Tätigkeit korrekt ausübte, Schadens­ersatz und Schmer­zensgeld verlangen. Der Hufschmied konnte u.a. nachweisen, dass ihn kein Mitver­schulden an der Schadens­ver­ur­sachung traf.

Die Rechtsprechung ist in solchen Fällen als uneinheitlich anzusehen, weshalb der konkrete Einzelfall zu berück­sichtigen ist.

Fazit

Die Grundsätze der Tierhal­ter­haftung gelten zwar auch gegenüber einer Trainings­person, jedoch muss hier die Risiko­er­höhung berück­sichtigt werden. Wer sich jedoch im eigenen Erwerbs­in­teresse der Tiergefahr ausgesetzt läuft Gefahr, auf dem Schaden selbst sitzen zu bleiben.

Tieranwalt Andreas Ackenheil ist Anwalt mit dem Schwerpunkt Tierrecht (Hunderecht, Pferderecht, Recht rund um das Tier) und betreibt einen eigenen Blog, der unter http://www.der-tieranwalt.de aufzurufen ist. Auch für die Deutsche Anwalt­auskunft bloggt Herr Ackenheil regelmäßig zum Thema Tierrecht.

Datum
Aktualisiert am
28.09.2015
Autor
Andreas Ackenheil
Bewertungen
217
Themen
Tiere

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