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Festival-Zeit

Zur Open-Air-Saison: Die Rechte der Feiernden

WIe hier am Bodensee feiern im Sommer tausende junge Leute auf Open Airs. Einige Rechtsfragen stellen sich allerdings. Wir haben die Antworten. © Quelle: DAV

Besonders beliebt in Großstädten wie Berlin oder Hamburg und besonders gern zu elektro­nischen Beats: Open Airs, die im Sommer deutsch­landweit zigfach stattfinden. Nicht jeder Feiernde fährt anschließend aber glücklich nach Hause. Wer haftet für meinen gestohlenen Jute-Beutel? Durfte die Polizei mich kontrol­lieren? Und wieso wurde mir verboten, zu fotogra­fieren? Unser schneller Rechtscheck für alle Tanzwütigen.

„Open Airs in Berlin“: 145.000 Facebook-Fans, 130.000 folgen „Open Airs Berlin“ und auch eine Hansestadt zieht Zehntausende: „Open Airs Hamburg“ kann immerhin 60.000 Facebook-Fans verbuchen – und das ist nur die Spitze. Denn es gibt hunderte solcher Seiten im Internet und den sozialen Netzwerken.

Jedes sonnige Wochenende strömen Feierfreudige an Uferpro­menaden, auf riesige Wiesen, in abgelegene Wäldchen – und tanzen, trinken, haben Spaß. Kurzurlaub auf der anderen Straßenseite, gewissermaßen.

Dass es dabei Probleme geben kann, wissen Viele zur allzu gut. Unser Rechtscheck in zehn Punkten.

1. Verstoß gegen die Hausordnung: mindestens Verwies vom Gelände

Bei weitem besitzt nicht jedes Open Air eine Hausordnung, oftmals sind sie versteckt und ohnehin nicht angemeldet, so dass die Polizei diese Veranstal­tungen sowieso auflösen darf. Wenn es aber eine Hausordnung gibt, müssen sich Besucher daran auch halten.

Denn sie sind privat­rechtliche Vorschriften immer dann gültig, wenn die darin enthalten Bestim­mungen den allgemein gültigen Gesetzen nicht widersprechen.

Welche Folgen drohen, hängt von der spezifischen Hausordnung ab. Oftmals gehen illegaler Drogen­besitz oder –konsum, Körper­ver­letzung oder Diebstahl mit Verweis vom Gelände einher, manchmal kommt es dann auch zu einer Anzeige.

2. Fotogra­fieren auf dem Open Air: Geldstrafe möglich

Auch hierzu stehen häufig nähere Informa­tionen in der Hausordnung. Oft sind private Aufnahmen aber verboten, also nichts mit Selfies und neuen Banner-Fotos auf Facebook mit Musikboxen vor der unterge­henden Sonne. Das wiederum kann Besucher aber auch schützen: Denn wer Fotos von anderen Besuchern macht, deren Einver­ständnis dazu nicht hat und ein solches Foto veröffentlicht, kann verklagt werden. Klingt vielleicht kleinkariert, kommt aber zunehmend vor.

3. Fotografiert werden: meist in Hausord­nungen geregelt

Oft erklärt man sich mit dem Betreten des Geländes damit einver­standen, zwar selber keine Fotos machen, dafür aber von den Organi­satoren des Festivals abgelichtet werden zu dürfen. Die stellen das Material anschließend gerne online. So steht es in vielen Hausord­nungen. Wer dennoch später Bilder von sich entdeckt, auf denen er seine Persön­lich­keits­rechte verletzt sieht, sollte sich schnell an den Betreiber der jeweiligen Website bzw. der Facebook-Seite wenden. Mehr dazu erfahrt ihr hier.

4. Diebstahl auf dem Gelände: Der Betreiber haftet nicht

Wem sein Portemonnaie oder sein Jutebeutel geklaut wird, hat wenig Aussicht auf Erfolg, wenn er beim Betreiber fordert, dafür erstattet zu werden. Das schließen die Hausord­nungen in aller Regel aus. Also: Augen auf beim tanzen.

5. Jacke an der Garderobe verschwunden: Veranstalter haftet meist! 

Es ist ein Rechts­mythos: Wenn an einer Garderobe ein „keine Haftung“-Schild angebracht ist, kann man als Betroffener nichts machen. Das stimmt aber nicht. Wenn einige Bedingungen erfüllt sind, haftet der Veranstalter sehr wohl – auch bei Open Airs mit Garderobe. Genaueres dazu gibt es hier.

6. Verletzt unter der Sonne: das Wie entscheidet

Wer verant­wortlich für mögliche Verlet­zungen ist, hängt davon ab, wo und wie das passiert ist. Wenn dem Festival­be­treiber nachge­wiesen werden kann, dass er fahrlässig gehandelt hat, haftet er auch und muss gegebe­nenfalls Schmer­zensgeld zahlen. Wer aber beispielsweise seinen Fuß verdreht, weil er im Sand stecken geblieben oder unsauber auf unebener Wiese aufgetreten ist, wird es schwer haben, den Festival­be­treiber dafür in Haftung zu nehmen.

Wenn andere Besucher verant­wortlich sind, etwa durch Körper­ver­letzung, haften diese – möglicher Schadens­ersatz inklusive.

7. Open Air durch Polizei aufgelöst: Razzien nach Verfügung erlaubt

Das große Ärgernis einer guten Party: Musik aus, Open Air beendet – die Polizei löst die Veranstaltung auf und führt zudem eine Razzia durch. Beides darf sie, solange es einen Anfangs­verdacht gibt – etwa Hinweise auf den Verkauf und/oder Konsum von illegalen Drogen. Zudem muss die Staats­an­walt­schaft oder eine Polizei­behörde die Auflösung verfügt haben.

Auch eine anhaltende Lärmbe­läs­tigung der Nachbarn kann ein Grund zur Auflösung eines Open Airs sein, allerdings finden diese Events ja selten mitten in einem Wohngebiet statt.

8. Auch eine Personen­kon­trolle ist erlaubt: aber nicht jede Maßnahme

Die genauen Voraus­set­zungen, wann die Polizei auch Personen­kon­trollen durchführen darf, sind in den Polizei­ge­setzen der Länder festgelegt. Allerdings reicht ein Grund dafür aus und bei diesem muss es sich nicht mal um einen konkreten Verdacht handeln. Und unter Umständen sind sogar präventive Kontrollen zur Gefahren­abwehr erlaubt.

Bei solchen Kontrollen dürfen Polizisten die Identität der Person feststellen, also sich auch den Personal­ausweis zeigen lassen. Wer sich dazu weigert, muss davon ausgehen, mit auf die Polizeiwache genommen zu werden oder auch durchsucht zu werden.

Je nach Anfangs­verdacht ist auch eine Durchsuchung unabhängig der Feststellung der Personalien erlaubt, etwa wenn davon ausgegangen wird, dass Besucher des Open Airs illegale Drogen mit sich führen. Das allerdings lässt sich nur im konkreten Einzelfall entscheiden.

9. Pinkeln jenseits der Dixies: eine teure Erleich­terung

Viele Open Airs finden in der Natur statt und so ist es eher unwahr­scheinlich, dass es richtig Ärger gibt, wenn einzelne Tanzende sich abseits zurück­ziehen, um oft stinkende Dixies zu umgehen und dem Harndrang am Baum oder am Busch nachgeben. Jenseits einzelner Hausord­nungen ist das Wildpinkeln allerdings strikt verboten und kann zu hohen Geldstrafen führen.

10. Ansonsten: keine Diskri­mi­nierung, nirgendwo!

Keine Veranstaltung darf Teilnehmer ablehnen aufgrund ihrer Rasse oder der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltan­schauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Das regelt das Antidis­kri­mi­nie­rungs­gesetz. Wer sich diesbe­züglich benach­teiligt fühlt und wegen einer dieser Gründe vermeintlich kein Ticket erhalten hat oder nicht reinge­lassen wurde, sollte sich an einen Rechts­beistand wenden.

Diese zehn Punkte sollten Besucher von Open Airs also im Hinterkopf haben, selbst­redend verbringt man einen sonnigen Sonntag bei guter Musik und mit lieben Freunden aber lieber nerv- und stressfrei. Daher wünschen wir allen genau das und schöne Stunden unter freiem Himmel.

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ndm
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Persön­lich­keits­rechte Polizei Ruhestörung

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