Eltern passen nicht immer zusammen, manchmal ist eine Trennung unvermeidlich. Wie sich sehr unterschiedliche Lebenswelten auf Fragen des Sorgerechts für ein gemeinsames Kind auswirken können, zeigt ein Fall, den das Oberlandesgericht Karlsruhe zu entscheiden hatte und über den die die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet.
Die Eltern des 2009 geborenen Mädchens hatten sich im Internet kennengelernt. Der obdachlose Mann wohnte einige Monate bei der Frau und ihrer Mutter, dann trennte sich das Paar rund drei Monate, bevor die gemeinsame Tochter geboren wurde. Der Vater hatte kaum Kontakt zu ihr. Vor Gericht gab er an, seit der Trennung von seiner Ehefrau 1995 ein Aussteigerleben geführt und auch dreieinhalb Jahre „gesessen“ zu haben.
Als seine Tochter drei Jahre alt war, beantragte der Vater das gemeinsame Sorgerecht. Dann tauchte er jedoch nach einem ersten Anhörungstermin ab und meldete sich erst wieder, als das Familiengericht rund zwei Jahre später einen Termin im Oktober 2014 anberaumte.
Als das Amtsgericht den Eltern die gemeinsame Sorge zugesprochen hatte, legte die Mutter Beschwerde ein. Der Vater wehrte sich dagegen, unter anderem auch gegen den Vorwurf, der Tochter das Schießen beibringen zu wollen. Das sei zwar richtig, allerdings erst im „eignungsfähigen“ Alter und nur wenn sie dies wünsche. Er wolle, dass sie sich wehren könne. Sein Leben basiere auf „Survival“. Wenn er kein Geld habe, werde es erst richtig interessant. Die Mutter seiner Tochter hätte vom Leben in der Welt keine Ahnung.
Getrennte Eltern: Voraussetzungen für gemeinsames Sorgerecht nicht immer gegeben
Die Mutter hatte Erfolg. Die Richter sahen bei einem gemeinsamen Sorgerecht das Kindeswohl gefährdet. Voraussetzung für die gemeinsame Sorge sei eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern. Diese fehle hier, auch wegen der extrem unterschiedlichen Lebenswelten.
Darüber hinaus habe der Vater nicht versucht, eine Beziehung zu seiner Tochter aufzubauen oder sich mit der Mutter über die Interessen und Bedürfnisse des Kindes zu verständigen. Er kenne also kaum die Persönlichkeit seiner Tochter, ihre bisherige Entwicklung und ihre Eigenheiten. Es sei kaum vorstellbar, wie er ohne diese Kenntnis mit der Mutter Entscheidungen – etwa über die Einschulung seiner Tochter – so treffen könnte, dass sie am Kindeswohl orientiert seien (Entscheidung vom 02. April 2015, AZ: 18 UF 253/14).
- Datum
- Aktualisiert am
- 16.02.2016
- Autor
- red/dpa