
Kinder haben einen gesetzlichen Anspruch auf Unterhalt. Dieser steht ihnen dann zu, wenn ihre Eltern sich getrennt haben, wobei es keine Rolle spielt, ob die Eltern miteinander verheiratet waren oder in „wilder Ehe" zusammenlebten.
Aber der Unterhaltsanspruch von Kindern, die in nichtehelichen Lebensgemeinschaften aufgewachsen sind, greift nur dann, wenn der Vater das Kind anerkannt oder ein Gericht die Vaterschaft festgestellt hat.
Den Unterhalt für das Kind erhält meist der Elternteil, der das Kind hauptsächlich betreut. Diese Person ist unterhaltsberechtigt. Wie hoch der Kindesunterhalt ausfällt, hängt zum Beispiel vom Einkommen der Eltern und vom Alter des Kindes ab. Die Unterhaltssätze für Kinder werden jährlich in der Düsseldorfer Tabelle festgelegt.
Kindesunterhalt: Muss der Unterhaltspflichtige über sein Einkommen informieren?
Unterhaltspflichtige müssen ihr Einkommen gegenüber dem oder der Unterhaltsberechtigten offenlegen. „Ein Unterhaltspflichtiger hat eine Informations- und Auskunftspflicht und muss alle zwei Jahre über sein Einkommen informieren. Ändert sich die Einkommenshöhe, muss der Unterhaltspflichtige dies schon vor Ablauf der zwei Jahre mitteilen“, sagt die Berliner Rechtsanwältin Eva Becker von der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV).
Ex-Partner zahlt keinen Kindesunterhalt: Was sollte man vorgehen?
Wenn der Ex-Partner oder die Ex-Partnerin sich weigern, den Kindesunterhalt zu zahlen, empfiehlt sich folgendes Vorgehen: Unterhaltsberechtigte sollten zunächst den oder die Unterhaltspflichtige dazu auffordern, ihre Einkommenshöhe zu nennen.
Liegen diese Informationen vor, kann man der Düsseldorfer Tabelle die Höhe des Kindesunterhalts entnehmen. Allerdings muss man bei der Berechnung des Kindesunterhaltes auch die Leitlinien der Oberlandesgerichte beachten, was die Berechnung zuweilen kompliziert macht. Es kann daher sinnvoll sich, sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt für Familienrecht beraten zu lassen.
Hat man die Unterhaltshöhe errechnet, sollte man den Unterhaltspflichtigen schriftlich auffordern, diesen Betrag zu zahlen. Zu Beweiszwecken sollte man das Schreiben zum Beispiel als Einschreiben mit Rückschein versenden.
Mit dem Schreiben setzt man den anderen „in Verzug“, wie es in §1613 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) heißt. Das bedeutet: Ab dem Datum des Schreibens kann man den Kindesunterhalt rückwirkend vom Unterhaltspflichtigen fordern (siehe weiter unten).
Kindesunterhalt und Titulierung: Was ist ein Unterhaltstitel?
Im Idealfall erklärt sich der Unterhaltspflichtige nach dem „in Verzug setzen“ bereit, den Unterhalt für das Kind zu zahlen. Diese Unterhaltspflicht sollten Unterhaltsberechtigte amtlich dokumentieren lassen, was mit einer sogenannten Titulierung möglich ist. In einer Titulierung verpflichtet sich der Unterhaltspflichtige ganz offiziell, einen bestimmten Unterhalt zu leisten.
Eine Titulierung hat den Vorteil, dass man sofort einen Gerichtsvollzieher beauftragen und eine Zwangsvollstreckung gegen den Unterhaltspflichtigen einleiten lassen könnte, sollte dieser seine Zahlungen willkürlich einstellen.
Eine Titulierung des Kindesunterhalts ist kostenlos beim Jugendamt möglich.
Statischer und dynamischer Unterhaltstitel
Bei Unterhaltstiteln unterscheidet man zwei Formen: Statische Unterhaltstitel definieren einen festen Betrag. Dieser gilt solange, bis ein anderer Betrag vereinbart wird. Dynamische Unterhaltstitel legen auch einen festen Betrag fest, doch in Form eines Prozentsatzes, der sich nach dem Mindestunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle richtet. Dieser Prozentsatz erhöht sich automatisch sobald der Mindestunterhalt steigt.
Kindesunterhalt mit einer Klage durchsetzen?
Oft weicht die Realität aber vom Idealfall ab und der Ex-Partner weigert sich standhaft, sich am Unterhalt für das Kind zu beteiligen.
In diesen Fällen sollten Betroffene sich an das Jugendamt oder an eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt für Familienrecht wenden. Diese oder dieser kann den Unterhaltspflichtigen zum Beispiel mit einem richterlichen Beschluss zwingen, sein Einkommen offenzulegen. Oft reicht aber schon ein einfaches anwaltliches Schreiben aus, um Unterhaltspflichtige dazu zu bringen, zu kooperieren.
Sobald die Höhe des Nettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen vorliegt, berechnet die Anwältin oder der Anwalt den Kindesunterhalt, der Unterhaltstitel wird tituliert (siehe oben).
Zahlt der Unterhaltspflichtige trotz des Unterhaltstitels nicht, können Unterhaltsberechtigte eine Unterhaltsklage einreichen. Klagen muss man in der Regel bei dem Familiengericht am Wohnort des unterhaltspflichtigen Elternteils.
Im Verlauf des Verfahrens kommt es zu einer mündlichen Verhandlung zwischen den beiden Parteien. Danach legen die Familienrichter mit Hilfe der Aussagen und von Dokumenten in einem Urteil fest, ob und wenn ja, wie viel Unterhalt jemand zahlen muss.
Bei einer Unterhaltsklage herrscht Anwaltszwang. Dabei richten sich Kosten für die Anwalts- und Gerichtsgebühren nach dem Streitwert, also nach dem Jahresbetrag für den Kindesunterhalt. Unter Umständen greift bei diesen Kosten die Prozesskostenhilfe.
Kann der Anspruch auf Kindesunterhalt verfallen?
Das „in Verzug setzen“ (siehe oben) hat den Vorteil, dass der Anspruch auf Kindesunterhalt nicht verloren geht. „Es ist kaum möglich, dass solche Ansprüche verjähren, höchstens einige Zeit nach der Volljährigkeit des Kindes“, sagt die Familienrechtsexpertin Eva Becker. „Wenn man zum Beispiel zehn Jahre nach dem ersten Anschreiben nichts weiter unternimmt, um den Kindesunterhalt zu bekommen, kann es während der Minderjährigkeit des Kindes zu einer Verwirkung kommen.“
Folge dieser Verwirkung könnte sein, dass der Anspruch auf Kindesunterhalt zwar weiter besteht, man diesen aber nicht mehr für den ganzen Zeitraum geltend machen kann.
Kann man Kindesunterhalt für die Vergangenheit geltend machen?
Ja. Dafür muss man aber den Unterhaltspflichtigen „in Verzug“ gesetzt haben (siehe oben). Wenn man dies getan hat, kann man ab dem Datum des Schreibens rückwirkend Geld für sein Kind bekommen. Wer dies versäumt und den anderen nicht „in Verzug“ gesetzt hat, kann keinen Anspruch auf Kindesunterhalt für die Vergangenheit geltend machen.
Was ist ein Unterhaltsvorschuss?
Wenn der unterhaltspflichtige Elternteil keinen oder nur unregelmäßg Unterhalt zahlt, können Alleinerziehende Unterhalt bei der Unterhaltsvorschusskasse des Jugendamtes beantragen. Dabei handelt es sich um einen gewissen Betrag, den das Jugendamt monatlich an den unterhaltsberechtigten Elternteil zahlt. Je nachdem, wie viel der unterhaltspflichtige Elternteil verdient, holt sich das Jugendamt den Unterhaltsvorschuss von diesem zurück.
Der Unterhaltsvorschuss ist niedriger als der Mindestsatz der Düsseldorfer Tabelle, außerdem wird das komplette Kindergeld angerechnet.
Den Unterhaltsvorschuss zahlt das Jugendamt für maximal 72 Monate und bis zum 12. Geburtstag des Kindes. Eine Einkommensgrenze gibt es für den alleinerziehenden Elternteil nicht, ein Unterhaltsurteil von einem Familiengericht braucht man auch nicht.
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig hat im Januar 2017 ihre lange geplante Reform des Unterhaltsvorschusses umgesetzt. Danach gilt ab dem 1. Juli 2017 die Begrenzung des Vorschuss auf sechs Jahre nicht mehr. Das Höchstalter für den Bezug des Unterhaltsvorschusses liegt ab 1. Juli 2017 bei 18 Jahren.
Allerdings: Wer komplett von Hartz IV lebt, bekommt nur dann einen Unterhaltsvorschuss, wenn seine Kinder noch sehr klein sind. Alleinerziehende im Hartz-IV-Bezug mit älteren Kindern haben keinen Anspruch, Aufstockerinnen mit einem Einkommen von mindestens 600 Euro brutto pro Monat aber schon.
Kindesunterhalt: Wie hoch ist der Unterhaltsvorschuss?
An der Höhe des Unterhaltsschusses ändert sich auch mit der ab Anfang Juli greifenden Reform nichts. Es bleibt also bei 150 Euro Unterhaltsvorschuss pro Monat für Kinder bis fünf Jahre, bei 201 Euro für Kinder bis elf Jahre und bei 268 Euro für ältere Kinder und Jugendliche.
- Datum
- Aktualisiert am
- 26.04.2017
- Autor
- ime