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Geld und Kinder

Wie kann man den Kindes­un­terhalt einklagen?

Wie hoch der Kindesunterhalt ausfällt, hängt vom Einkommen der Eltern und dem Alter des Kindes ab. © Quelle: Springer/corbisimages.com

Es ist keine Seltenheit: Der Ex-Partner zahlt den Unterhalt für das gemeinsame Kind nicht, nur unregelmäßig oder nicht in kompletter Höhe. Doch ausblei­benden Kindes­un­terhalt müssen Unterhalts­be­rechtigte nicht hinnehmen. Wir zeigen, was man tun kann, wenn sich der Ex-Partner weigert, Kindes­un­terhalt zu zahlen.

Kinder haben einen gesetz­lichen Anspruch auf Unterhalt. Dieser steht ihnen dann zu, wenn ihre Eltern sich getrennt haben, wobei es keine Rolle spielt, ob die Eltern miteinander verheiratet waren oder in „wilder Ehe" zusammen­lebten.

Aber der Unterhalts­an­spruch von Kindern, die in nichtehe­lichen Lebens­ge­mein­schaften aufgewachsen sind, greift nur dann, wenn der Vater das Kind anerkannt oder ein Gericht die Vaterschaft festge­stellt hat.

Den Unterhalt für das Kind erhält meist der Elternteil, der das Kind hauptsächlich betreut. Diese Person ist unterhalts­be­rechtigt. Wie hoch der Kindes­un­terhalt ausfällt, hängt zum Beispiel vom Einkommen der Eltern und vom Alter des Kindes ab. Die Unterhaltssätze für Kinder werden jährlich in der Düssel­dorfer Tabelle festgelegt.

Kindes­un­terhalt: Muss der Unterhalts­pflichtige über sein Einkommen informieren?

Unterhalts­pflichtige müssen ihr Einkommen gegenüber dem oder der Unterhalts­be­rech­tigten offenlegen. „Ein Unterhalts­pflichtiger hat eine Informations- und Auskunfts­pflicht und muss alle zwei Jahre über sein Einkommen informieren. Ändert sich die Einkom­menshöhe, muss der Unterhalts­pflichtige dies schon vor Ablauf der zwei Jahre mitteilen“, sagt die Berliner Rechts­an­wältin Eva Becker von der Arbeits­ge­mein­schaft Famili­enrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV).

Ex-Partner zahlt keinen Kindes­un­terhalt: Was sollte man vorgehen?

Wenn der Ex-Partner oder die Ex-Partnerin sich weigern, den Kindes­un­terhalt zu zahlen, empfiehlt sich folgendes Vorgehen: Unterhalts­be­rechtigte sollten zunächst den oder die Unterhalts­pflichtige dazu auffordern, ihre Einkom­menshöhe zu nennen.

Liegen diese Informa­tionen vor, kann man der Düssel­dorfer Tabelle die Höhe des Kindes­un­terhalts entnehmen. Allerdings muss man bei der Berechnung des Kindes­un­ter­haltes auch die Leitlinien der Oberlan­des­ge­richte beachten, was die Berechnung zuweilen kompliziert macht. Es kann daher sinnvoll sich, sich von einer Rechts­an­wältin oder einem Rechts­anwalt für Famili­enrecht beraten zu lassen.

Hat man die Unterhaltshöhe errechnet, sollte man den Unterhalts­pflichtigen schriftlich auffordern, diesen Betrag zu zahlen. Zu Beweis­zwecken sollte man das Schreiben zum Beispiel als Einschreiben mit Rückschein versenden.

Mit dem Schreiben setzt man den anderen „in Verzug“, wie es in §1613 des Bürger­lichen Gesetz­buches (BGB) heißt. Das bedeutet: Ab dem Datum des Schreibens kann man den Kindes­un­terhalt rückwirkend vom Unterhalts­pflichtigen fordern (siehe weiter unten).

Kindes­un­terhalt und Titulierung: Was ist ein Unterhaltstitel?

Im Idealfall erklärt sich der Unterhalts­pflichtige nach dem „in Verzug setzen“ bereit, den Unterhalt für das Kind zu zahlen. Diese Unterhalts­pflicht sollten Unterhalts­be­rechtigte amtlich dokumen­tieren lassen, was mit einer sogenannten Titulierung möglich ist. In einer Titulierung verpflichtet sich der Unterhalts­pflichtige ganz offiziell, einen bestimmten Unterhalt zu leisten.

Eine Titulierung hat den Vorteil, dass man sofort einen Gerichts­voll­zieher beauftragen und eine Zwangs­voll­streckung gegen den Unterhalts­pflichtigen einleiten lassen könnte, sollte dieser seine Zahlungen willkürlich einstellen.

Eine Titulierung des Kindes­un­terhalts ist kostenlos beim Jugendamt möglich.

Statischer und dynamischer Unterhaltstitel

Bei Unterhalts­titeln unterscheidet man zwei Formen: Statische Unterhaltstitel definieren einen festen Betrag. Dieser gilt solange, bis ein anderer Betrag vereinbart wird. Dynamische Unterhaltstitel legen auch einen festen Betrag fest, doch in Form eines Prozent­satzes, der sich nach dem Mindest­un­terhalt nach der Düssel­dorfer Tabelle richtet. Dieser Prozentsatz erhöht sich automatisch sobald der Mindest­un­terhalt steigt.

Kindes­un­terhalt mit einer Klage durchsetzen?

Oft weicht die Realität aber vom Idealfall ab und der Ex-Partner weigert sich standhaft, sich am Unterhalt für das Kind zu beteiligen.

In diesen Fällen sollten Betroffene sich an das Jugendamt oder an eine Rechts­an­wältin oder einen Rechts­anwalt für Famili­enrecht wenden. Diese oder dieser kann den Unterhalts­pflichtigen zum Beispiel mit einem richter­lichen Beschluss zwingen, sein Einkommen offenzulegen. Oft reicht aber schon ein einfaches anwalt­liches Schreiben aus, um Unterhalts­pflichtige dazu zu bringen, zu kooperieren.

Sobald die Höhe des Nettoein­kommens des Unterhalts­pflichtigen vorliegt, berechnet die Anwältin oder der Anwalt den Kindes­un­terhalt, der Unterhaltstitel wird tituliert (siehe oben).

Zahlt der Unterhalts­pflichtige trotz des Unterhalts­titels nicht, können Unterhalts­be­rechtigte eine Unterhaltsklage einreichen. Klagen muss man in der Regel bei dem Famili­en­gericht am Wohnort des unterhalts­pflichtigen Elternteils.

Im Verlauf des Verfahrens kommt es zu einer mündlichen Verhandlung zwischen den beiden Parteien. Danach legen die Famili­en­richter mit Hilfe der Aussagen und von Dokumenten in einem Urteil fest, ob und wenn ja, wie viel Unterhalt jemand zahlen muss.

Bei einer Unterhaltsklage herrscht Anwaltszwang. Dabei richten sich Kosten für die Anwalts- und Gerichts­ge­bühren nach dem Streitwert, also nach dem Jahres­betrag für den Kindes­un­terhalt. Unter Umständen greift bei diesen Kosten die Prozess­kos­tenhilfe.

Kann der Anspruch auf Kindes­un­terhalt verfallen?

Das „in Verzug setzen“ (siehe oben) hat den Vorteil, dass der Anspruch auf Kindes­un­terhalt nicht verloren geht. „Es ist kaum möglich, dass solche Ansprüche verjähren, höchstens einige Zeit nach der Volljäh­rigkeit des Kindes“, sagt die Famili­en­rechts­expertin Eva Becker. „Wenn man zum Beispiel zehn Jahre nach dem ersten Anschreiben nichts weiter unternimmt, um den Kindes­un­terhalt zu bekommen, kann es während der Minder­jäh­rigkeit des Kindes zu einer Verwirkung kommen.“

Folge dieser Verwirkung könnte sein, dass der Anspruch auf Kindes­un­terhalt zwar weiter besteht, man diesen aber nicht mehr für den ganzen Zeitraum geltend machen kann.

Kann man Kindes­un­terhalt für die Vergan­genheit geltend machen?

Ja. Dafür muss man aber den Unterhalts­pflichtigen „in Verzug“ gesetzt haben (siehe oben). Wenn man dies getan hat, kann man ab dem Datum des Schreibens rückwirkend Geld für sein Kind bekommen. Wer dies versäumt und den anderen nicht „in Verzug“ gesetzt hat, kann keinen Anspruch auf Kindes­un­terhalt für die Vergan­genheit geltend machen.

Was ist ein Unterhalts­vor­schuss?

Wenn der unterhalts­pflichtige Elternteil keinen oder nur unregelmäßg Unterhalt zahlt, können Allein­er­ziehende Unterhalt bei der Unterhalts­vor­schusskasse des Jugendamtes beantragen. Dabei handelt es sich um einen gewissen Betrag, den das Jugendamt monatlich an den unterhalts­be­rech­tigten Elternteil zahlt. Je nachdem, wie viel der unterhalts­pflichtige Elternteil verdient, holt sich das Jugendamt den Unterhalts­vor­schuss von diesem zurück.

Der Unterhalts­vor­schuss ist niedriger als der Mindestsatz der Düssel­dorfer Tabelle, außerdem wird das komplette Kindergeld angerechnet.

Den Unterhalts­vor­schuss zahlt das Jugendamt für maximal 72 Monate und bis zum 12. Geburtstag des Kindes. Eine Einkom­mens­grenze gibt es für den allein­er­zie­henden Elternteil nicht, ein Unterhalts­urteil von einem Famili­en­gericht braucht man auch nicht.

Bundes­fa­mi­li­en­mi­nisterin Manuela Schwesig hat im Januar 2017 ihre lange geplante Reform des Unterhalts­vor­schusses umgesetzt. Danach gilt ab dem 1. Juli 2017 die Begrenzung des Vorschuss auf sechs Jahre nicht mehr. Das Höchstalter für den Bezug des Unterhalts­vor­schusses liegt ab 1. Juli 2017 bei 18 Jahren.

Allerdings: Wer komplett von Hartz IV lebt, bekommt nur dann einen Unterhalts­vor­schuss, wenn seine Kinder noch sehr klein sind. Allein­er­ziehende im Hartz-IV-Bezug mit älteren Kindern haben keinen Anspruch, Aufsto­cke­rinnen mit einem Einkommen von mindestens 600 Euro brutto pro Monat aber schon.

Kindes­un­terhalt: Wie hoch ist der Unterhalts­vor­schuss?

An der Höhe des Unterhalts­schusses ändert sich auch mit der ab Anfang Juli greifenden Reform nichts. Es bleibt also bei 150 Euro Unterhalts­vor­schuss pro Monat für Kinder bis fünf Jahre, bei 201 Euro für Kinder bis elf Jahre und bei 268 Euro für ältere Kinder und Jugendliche.

Datum
Aktualisiert am
26.04.2017
Autor
ime
Bewertungen
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Themen
Geld Kinder Kindergeld Scheidung Unterhalt

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