Die Düsseldorfer Tabelle kennen getrennt lebende Paare oder Geschiedenen - zumindest dann, wenn sie gemeinsame Kinder haben. Die Düsseldorfer Tabelle legt für Trennungsfamilien nämlich fest, wie hoch der Unterhalt für das Kind oder die Kinder ausfällt.
Die Düsseldorfer Tabelle definiert also, wie viel Kindesunterhalt der unterhaltspflichtige Elternteil an den Elternteil zahlen muss, der das Kind oder die Kinder hauptsächlich betreut.
Doch auch in Trennungsfamilien, die sich die Betreuung der Kinder paritätisch teilen und ein sogenanntes Wechselmodell praktizieren, kann sich die Frage nach dem Kindesunterhalt stellen. Das kann in den Trennungsfamilien der Fall sein, in denen die Einkommen der Eltern stark voneinander abweichen, der eine also viel Geld verdient und der andere nicht.
Der Kindesunterhalt deckt vor allem die grundlegenden Bedürfnisse eines Kindes finanziell ab, also zum Beispiel die Kosten für Lebensmittel oder die Unterkunft. „Viele andere Bedarfe eines Kindes sind im regulären Kindesunterhalt und in der Düsseldorfer Tabelle nicht berücksichtigt“, sagt der Oldenburger Rechtsanwalt Burkhard Bühre von der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). „So sieht der Kindesunterhalt beispielsweise nur 10 Euro pro Monat für zusätzliche Bedarfe eines Kindes vor, etwa für Sport- oder Musikunterricht.“
Die zusätzlichen Bedarfe eines Kindes oder besser gesagt die Kosten dafür müssen sich die getrennten oder geschiedenen Eltern teilen.
Kindesunterhalt: Welche Kosten fallen unter den Mehrbedarf?
Zusätzliche Kosten für ein Kind, die während eines längeren Zeitraums regelmäßig anfallen und von den Regelsätzen der Düsseldorfer Tabelle nicht abgedeckt sind, nennt man Mehrbedarf. Unter den Mehrbedarf können Kosten etwa für Nachhilfeunterricht, eine Privatschule oder die Krankenversicherung des Kindes fallen. Auch das Fahrgeld zur Schule oder die Betreuung im Kindergarten können zum Mehrbedarf zählen.
Wer zahlt das Schulgeld für die Kinder?
(red/dpa). Bei Langzeitarbeitslosen müssen die Jobcenter auch das Schulgeld für den Schulbedarf der Kinder übernehmen. Bei Trennungskindern kann dann die Frage aufkommen, welches Jobcenter zuständig ist: Das, bei dem sich die Kinder zu einem Stichtag aufhalten oder dort, wo sie üblicherweise leben?
Für die Versorgung des Umgangsberechtigten ist grundsätzlich das Jobcenter an dessen Wohnort zuständig. Etwas anderes ergibt sich allerdings für das Schulgeld. Hier kommt es darauf an, wo die Kinder und nicht der Umgangsberechtigte üblicherweise leben. Die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins informiert über eine Entscheidung des Sozialgerichts Dortmund vom 16. Mai 2017 (AZ: S 19 AS 2534/15).
Die Eltern der zwei Schüler leben getrennt. Die Kinder leben bei ihrer Mutter, besuchen aber mehrmals im Monat ihren Vater. Dies taten sie auch am 1. Februar, einem Stichtag am Beginn des Schulhalbjahres. Die Jobcenter an den jeweiligen Wohnorten der Eltern weigerten sich, die Kosten für den persönlichen Schulbedarf zu übernehmen. Beide hielten sich für nicht zuständig.
Das Sozialgericht verurteilt das Jobcenter am Wohnort der Mutter, das Schulgeld zu zahlen. Während des Aufenthaltes von Minderjährigen bei ihrem Vater ist zwar normalerweise das Jobcenter zuständig, in dessen Bezirk der Vater wohnt. Dies gilt jedoch nicht für einmalige Leistungen, wie das Schulgeld von 30 Euro beziehungsweise 70 Euro. Zuständig sei das Jobcenter am Wohnort der Kinder.
Quelle: www.dav-sozialrecht.de
Kindesunterhalt: Fallen kosten für eine private Betreuung durch eine Kinderfrau unter den Mehrbedarf?
Demgegenüber zählt die private Betreuung eines Kindes durch eine Kinderfrau nicht zum Mehrbedarf des Kindes. Denn in der Regel kümmert sich eine Kinderfrau nicht aus pädagogischen Gründen um ein Kind, sondern ermöglicht dem Elternteil, berufstätig zu sein, wie das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden hat (AZ: II-1 UF 12/16) und die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des DAV mitteilt.
Unterhalt für ein Kind in Trennungsfamilien: Wie berechnet man den Mehrbedarf?
Der Elternteil, bei dem das Kind hauptsächlich wohnt, erhält monatlich Unterhalt für das Kind. Auf den Kindesunterhalt wird die Hälfte des Kindergeldes angerechnet, die andere Hälfte wird für den Lebensunterhalt des Kindes verwendet.
Von dieser Hälfte des Kindesgeldes muss der betreuende Elternteil zunächst den Mehrbedarf für das Kind zahlen. „Übersteigen die Kosten für den Mehrbedarf diesen Betrag, muss sich auch der andere Elternteil am Mehrbedarf beteiligen“, sagt Rechtsanwalt Bühre.
Wie sich die Kosten für den Mehrbedarf auf die Eltern aufteilen, hängt davon ab, wie viel Geld sie pro Monat verdienen. „Konkret haben die Eltern den nach Abzug des hälftigen Kindergeldes verbleibenden Mehrbedarf anteilig nach dem Verhältnis ihres Einkommens zu tragen“, sagt Burkhard Bühre. „Allerdings wird nur das Einkommen berücksichtigt, welches über dem angemessenen Selbstbehalt liegt.“
Kindesunterhalt: Welche Kosten fallen unter den Sonderbedarf?
Über den Mehrbedarf hinaus kann für ein Kind auch ein Sonderbedarf anfallen. Als Sonderbedarf definiert das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in § 1613 jeden „unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarf“.
Ein Sonderbedarf muss überraschend auftreten und in seiner Höhe nicht vorhersehbar gewesen sein. Das kann der Fall sein, wenn ein Kind zum Beispiel ein teures Musikinstrument braucht oder die Schule kurzfristig den Besuch in einem Schullandheim ansetzt.
Unterhalt für ein Kind in Trennungsfamilien: Wie berechnet man den Sonderbedarf?
Der Sonderbedarf wird so wie der Mehrbedarf berechnet.
Trennungsfamilien und Kindesunterhalt: Zählen ein neuer Schulranzen oder eine Klassenfahrt zum Sonderbedarf?
Beim Sonderbedarf verlangt der Gesetzgeber, dass dieser Bedarf unvorhersehbar sein muss. Letztlich erfüllen allerdings nur wenige kindliche Bedarfe dieses Kriterium, denn die meisten Bedarfe sind vorhersehbar. Daher fallen beispielsweise ein neuer Schulranzen, eine Klassenfahrt oder ein Kommunionskleid meist nicht unter den Sonderbedarf. Für diese Bedarfe muss der betreuende Elternteil Geld vom regulären Kindesunterhalt ansparen.
Urteil: Jobcenter müssen Kosten für Schulbücher tragen.
Beziehen die Eltern eines Kindes Arbeitslosengeld II, so muss das Jobcenter die Kosten für die Schulbücher tragen. Geklagt hatte eine Schülerin, die 135,65 Euro für Schulbücher und 76,94 für einen grafikfähigen Taschenrechner forderte, vom Jobcenter jedoch nur die Schulbedarfs-Pauschale von 100 Euro jährlich bekam. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen entschied zu Gunsten der Schülerin: Bücher dürften nicht pauschal beim Schulbedarf abgerechnet werden. Stattdessen müssten sie vom Hartz-IV-Regelbedarf gezahlt werden. Dieser, so das Gericht, sei mit nur drei Euro pro Monat für Bücher jedoch zu niedrig angesetzt. Daher sei die bisherige Berechnung eine „planwidrige Reglungslücke“. Der Gesetzgeber müsse das gesamte menschenwürdige Existenzminimum sicherstellen. (AZ.: L 11 AS 349/17).
Kindesunterhalt: Kann man den Mehrbedarf oder den Sonderbedarf einklagen?
Ja, das ist möglich. „Über eine Abänderungsklage kann man zum Beispiel beim Mehrbedarf den Unterhaltstitel ändern“, sagt Rechtsanwalt Burkhard Bühre. Die Kosten des Verfahrens trägt derjenige, der vor Gericht unterliegt. Doch sollte man sich vor einer Klage von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt für Familienrecht eingehend darüber beraten lassen, welche anderen Möglichkeiten es außer einer Klage gibt, um Ansprüche auf Mehrbedarf oder auf Sonderbedarf durchzusetzen.
- Datum
- Aktualisiert am
- 01.06.2018
- Autor
- ime/red