Eheverträge sind keine zeitgenössische Erfindung. Zumindest haben Paare auch in vergangenen Jahrhunderten solche Verträge unterzeichnet, einige dieser Dokumente haben sogar historischen Wert erlangt. Das ist etwa bei dem Ehevertrag der Fall, den Napoleon Bonaparte und seine Frau Josephine Beauharnais 1796 miteinander schlossen, und den ein Auktionshaus im vergangenen Jahr für eine hohe Summe versteigert hat.
Diesen Ehevertrag machen nicht nur sein Alter und seine prominenten Unterzeichner interessant, sondern vor allem seine Details, über die Medien berichten: So haben Napoleon und Josephine offenbar mit ihrem Alter geschwindelt, auch soll Josephine nicht alle ihre Besitztümer angegeben haben, um bei einer Scheidung besser dazustehen.
Solche Winkelzügen mag sicherlich nicht jeder. Dennoch ändern sie nichts an der Tatsache, dass es sich auch für moderne Paare lohnen kann, über einen Vertrag für ihre Ehe nachzudenken.
Was kann ein Ehevertrag regeln?
„Einen Ehevertrag abzuschließen hat den Vorteil, dass ein Paar dabei gezwungen ist, sich über die rechtliche Seite seiner beabsichtigten Ehe schon vor der Eheschließung Gedanken zu machen“, erklärt die Berliner Rechtsanwältin und Notarin Ingeborg Rakete-Dombek von der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). „Die Partner müssen dabei auch überlegen, auf welchen finanziellen Grundlagen ihre Ehe beruht und welche Rollenverteilung sie für ihre Ehe anstreben.“
Klassischerweise vereinbart ein Paar in einem Ehevertrag, welchen Güterstand ihre Ehe haben soll, also ob ein Vermögensausgleich bei der Scheidung stattfinden soll. Auch vereinbaren Paare in einem Ehevertrag, welche Regeln nach einer Trennung oder Scheidung greifen. Sie regeln dabei zum Beispiel auch Fragen des Versorgungsausgleichs und des nachehelichen Unterhalts. „Ein Ehevertrag, der sorgfältig überlegt und gut gemacht ist, sorgt im Falle einer Trennung oder Scheidung für klare Verhältnisse und kann so einen Streit zwischen den Partnern mindern“, sagt die Familienrechtsexpertin Ingeborg Rakete-Dombek.
Die wichtigsten Themen, die ein Ehevertrag regeln sollte:
Betreuungsunterhalt, Trennungsunterhalt, nachehelicher Unterhalt
Diese Arten des Unterhalts spielen für Paare häufig dann eine Rolle, wenn sie Kinder haben wollen und einer der Partner deshalb beruflich kürzer treten wird oder seinen Job vorübergehend oder sogar ganz aufgibt, um sich um den Nachwuchs zu kümmern. Dieses Ehe- und Familienmodell bringt für denjenigen, der zu Hause bleibt, enorme finanzielle Einbußen mit sich, was sich vor allem bei seinen fehlenden Rentenanwartschaften zeigt und bei mangelhafter oder überhaupt keiner eigenen Vermögensbildung.
Um mögliche Einbußen auszugleichen und nach einer Scheidung und dem Ende des Betreuungsunterhaltes abgesichert zu sein, sollte ein Paar in einem Ehevertrag finanzielle Kompensationen für denjenigen festlegen, der zu Hause bleibt. Dabei kann das Paar Regeln zum nachehelichen Unterhalt nach den eigenen Vorstellungen, der beiderseitigen Berufsausbildung und den voraussichtlichen Erwerbsmöglichkeiten nach Wegfall der Kindesbetreuungszeiten vereinbaren.
Ehevertrag und Altersvorsorge
In einem Ehevertrag kann ein Paar zum Beispiel auch Leistungen für das Alter zugunsten desjenigen vereinbaren, der wegen der Kinder nicht oder weniger arbeitet. Um dessen reduzierte Rentenansprüche auszugleichen, könnte ein Paar vertraglich festlegen, dass der eine für den anderen monatlich einen Betrag in eine private Rentenversicherung einzahlt, damit sich daraus eine eigenständige Altersversorgung ergibt.
Ehevertrag und Güterstand
Ohne Ehevertrag befindet sich ein verheiratetes Paar „automatisch“ in der Zugewinngemeinschaft nach den gesetzlichen Vorschriften. Im Falle einer Scheidung bedeutet das: Das in der Ehe erwirtschaftete Vermögen wird in der Regel unter den Eheleuten aufgeteilt.
Nachteile mit sich bringen kann das aber etwa für Leute, die Betriebe oder Unternehmen besitzen, oder viel erben werden. Denn dem ehemaligen Partner beispielsweise die Hälfte des Wertes des Betriebes abgeben zu müssen, kann für manches kleine Unternehmen das wirtschaftliche Aus bedeuten. Es kann sich daher also lohnen, vertraglich eine andere güterrechtliche Lösung zu vereinbaren und für den Partner einen angemessenen Ausgleich festzulegen.
Was darf ein Ehevertrag nicht regeln?
Im Prinzip kann ein Paar in einem Ehevertrag alles regeln und sämtliche Wünsche festschreiben lassen. Fraglich ist aber, ob jede Vereinbarung juristisch haltbar ist. „Ein Paar kann zum Beispiel nicht rechtlich bindend vereinbaren, dass einer der Partner nach einer Scheidung etwa auf den Betreuungsunterhalt verzichtet“, erklärt die Rechtsanwältin Ingeborg Rakete-Dombek. Ein solcher Verzicht wäre unwirksam.
Das gilt auch für einen vollständigen Verzicht auf den Trennungsunterhalt vor einer Ehescheidung. Auch ein vollständiger Verzicht auf den Versorgungsausgleich ohne Kompensation kann unwirksam sein. „In einem solchen Fall müsste das Paar zumindest eine Kompensation vereinbaren.“
Ein Ehevertragdarf keine Regelungen enthalten, die einen der Partner einseitig benachteiligen. Daher endet die Vertragsfreiheit eines Paares dort, wo ein Ehevertrag einseitig die Unterlegenheit eines Ehepartners ausnutzt und damit sittenwidrige - und in der Folge - nichtige Inhalte festlegt.
Darf man in einem Ehevertrag auf alle finanziellen Ansprüche gegen den Partner verzichten?
Regeln in Eheverträgen sind dann nicht statthaft, wenn sie zum Beispiel einen „Totalverzicht“ des unterlegenen Partners auf wesentliche Ansprüche nach einer Scheidung enthalten. Dieses Verbot galt bis vor einigen Jahren aber noch nicht. „Totalverzichte“ in Eheverträgen wurden erst durch die grundlegenden Urteile des Bundesverfassungsgerichts in 2001 und des Bundesgerichtshofs in 2004 gestoppt. „Das Urteil des Bundesgerichtshofs legt ein ‚Ranking‘ fest, auf welche Ansprüche man in einem Ehevertrag keinesfalls verzichten kann“, erklärt Ingeborg Rakete-Dombek. „Dazu gehören der Betreuungsunterhalt und auch der Versorgungsausgleich als vorgezogener Altersunterhalt. Güterrechtliche Vereinbarungen kann man in der Regel abschließen.“
Wie kann ein Rechtsbeistand helfen, einen Ehevertrag aufzusetzen?
Um auszuschließen, dass man nichtige oder angreifbare Vertragsinhalte vereinbart und um auf der rechtlich sicheren Seite zu stehen, sollten alle Paare, die einen Ehevertrag miteinander abschließen wollen, sich von einem Fachanwalt für Familienrecht beraten lassen. Am besten ist es, wenn die Partner dabei getrennt voneinander jeweils einen Anwalt aufsuchen, denn sie können unterschiedliche und sich widersprechende Interessen haben. In jedem Fall sollten sich die Partner Zeit nehmen, bevor sie einen Ehevertrag aufsetzen lassen. Der Vertrag sollte daher nicht etwa einen Tag vor der Eheschließung erst beurkundet werden.
Sollte man für einen Ehevertrag ein Muster verwenden?
Um den individuellen Interessen und Vorstellungen des Paares insgesamt gerecht zu werden, sollte man keine Muster für Eheverträge verwenden, wie sie zahlreiche Seiten im Internet zum Download anbieten. Denn diese Muster gehen zu wenig auf die konkrete Situation des Paares ein und sind zu wenig auf dessen Bedürfnisse zugeschnitten. Einen individuellen Vertrag können Muster daher nicht ersetzen. Fachanwälte für Familienrecht setzen Eheverträge auf, Notare beurkunden sie.
Wie hoch sind die Kosten für einen Ehevertrag?
Die Kosten für die anwaltliche Beratung regelt das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Wie viel ein Paar dafür zahlen muss, dass ein Notar den Ehevertrag beurkundet, hängt davon ab, wie hoch das Vermögen der beiden ist. Die Kosten für einen Ehevertrag kann man steuerlich übrigens nicht absetzen.
Kann man einen Ehevertrag ändern oder aufheben?
„Einen Ehevertrag kann man jederzeit ändern. Diese Änderungen muss ebenfalls ein Notar beurkunden“, erklärt Rechtsanwältin Rakete-Dombek. „Allerdings darf man nicht einseitig etwas an dem Ehevertrag ändern, der andere Partner muss immer zustimmen.“ Sind beide einverstanden, kann ein Paar seinen Ehevertrag auch wieder vollständig aufheben, so dass die gesetzlichen Regeln wieder gelten. Auch dies muss ein Notar beurkunden.
Was unterscheidet einen Ehevertrag von einer Scheidungsfolgenvereinbarung?
Einen Ehevertrag muss man von einer Scheidungsfolgenvereinbarung unterscheiden. Dabei macht nicht unbedingt der Inhalt den Unterschied aus, sondern der Zeitpunkt, an dem die Verträge geschlossen werden. Einen Ehevertrag schließt ein Paar vor oder während der - noch intakten - Ehe. Eine Scheidungsfolgenvereinbarung vereinbart ein Paar demgegenüber, wenn es sich getrennt hat und sich scheiden lassen will. Beide Arten von Verträgen brauchen eine notarielle Beurkundung.
- Datum
- Aktualisiert am
- 22.06.2015
- Autor
- ime