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Nach der Scheidung

Wechsel­modell: Vater, Mutter, Streit?

Wechselmodell in Trennungsfamilien: Das Wechselmodell funktioniert nur unter bestimmten Bedingungen gut. © Quelle: WavebreakmediaMicro/ panthermedia.net

Kinder haben nach einer Scheidung oder Trennung der Eltern einen Anspruch auf Umgang mit Mutter und Vater. Eine Möglichkeit für einen paritä­tischen Umgang in Trennungs­fa­milien ist das Wechsel­modell – doch dafür bedarf es einiger Voraus­set­zungen.

Nach einer Trennung oder Scheidung wollen Väter und Mütter auch weiterhin so viel Kontakt und Umgang wie möglich zum Kind oder den Kindern haben. Aber es geht hier nicht nur um einen Wunsch, sondern um ein Recht: Getrennte Mütter und Väter haben gleichermaßen ein Umgangsrecht mit ihrem Kind, es spielt dabei keine Rolle, ob die Eltern miteinander verheiratet waren oder nicht.

Für den Umgang zwischen Eltern und Kind sind in Trennungs­fa­milien verschiedene Modelle denkbar, zum Beispiel das in den letzten Jahren viel diskutierte sogenannte Wechsel­modell, auch als Pendel- oder Doppel­re­si­denz­modell bekannt. Dabei kümmern sich getrennt lebende Mütter und Väter mit gemeinsamem Sorgerecht in der Regel im wöchent­lichen Wechsel um ihre Kinder.

Dass es beim Wechsel­modell aber einige Hürden zu überwinden gibt, ist nachvoll­ziehbar. Denn insbesondere nach einer schmerz­haften Trennung oder Scheidung dürfte ein am Kindeswohl orientierter Umgang untereinander nicht selbst­ver­ständlich sein. Für ein Wechsel­modell ist dieser aber notwendig, getrennt lebende Mütter und Väter müssen sich eng austauschen und miteinander kooperieren.

Wechsel­modell: Welche Voraus­set­zungen müssen vorliegen?

Wenn dies nicht der Fall ist, müssen Famili­en­ge­richte häufig darüber entscheiden, ob ein Wechsel­modell in einer Trennungs­familie angeordnet werden kann oder welche andere Umgangs­re­gelung sich für die Familie eignet.

Weit verbreitet war bislang die Ansicht, dass Famili­en­ge­richte ein Wechsel­modell nicht gegen den Willen eines der Elternteile anordnen können. Doch diese Ansicht scheint nicht mehr zuzutreffen, seit der Bundes­ge­richtshof (BGH) im Februar 2017 einen Beschluss zum Thema Wechsel­modell veröffentlicht hat (AZ: XII ZB 601/15).

In dem Beschluss weist der BGH darauf hin, dass § 1684 des Bürger­lichen Gesetz­buches (BGB) – er regelt den Umgang zwischen Eltern und Kind – sich zwar an der bislang noch üblichen Variante orientiere, in der das Kind zum Beispiel nur jedes zweite Wochenende beim Vater sei und seinen Lebens­mit­telpunkt bei der Mutter habe.

Dennoch definiere der Paragraph kein Leitbild für Trennungs­fa­milien, favorisiere also kein bestimmtes Betreu­ungs­modell. Daher spricht dem BGH zufolge nichts dagegen, wenn Famili­en­ge­richte ein Wechsel­modell anordnen und Mütter und Väter mit gemeinsamem Sorgerecht sich den Umgang mit dem Kind paritätisch teilen.

Bundes­ge­richtshof: Beschluss zum Wechsel­modell

Dem Bundes­ge­richtshof (BGH) lag ein Fall aus Süddeutschland vor. Dabei konnte ein Vater seinen nun 13 Jahre alten Sohn alle 14 Tage am Wochenende besuchen. Der Vater wollte aber, dass der Sohn jeweils eine Woche bei ihm lebt, eine Woche bei der Mutter. Die Mutter lehnte ein Wechsel­modell ab. In erster und zweiter Instanz konnte der Vater seinen Wunsch nach einem paritä­tischen Wechsel­modell aber nicht durchsetzen und legte dagegen Revision beim BGH ein.

Diese Formulie­rungen wird aktuell so interpretiert, dass der BGH mit seinem Beschluss Eltern­teilen die Möglichkeit eröffnet, über ein Famili­en­gericht das Wechsel­modell auch gegen den Willen des anderen Elternteils durchzu­setzen.

Aber aus der Formulierung ergibt sich ein gewisser Widerspruch zu der Tatsache, dass der den Beschluss fassende Senat des BGH zugleich betont hat: Ein Wechsel­modell stelle höhere Anforde­rungen an alle Beteiligten. Wenn Mütter und Väter stark zerstritten seien, liege das Wechsel­modell meist nicht im Interesse des Kindes und des Kindes­wohles.

Wechsel­modell und Kindeswohl: Dürfen Kinder entscheiden, ob sie bei der Mutter oder dem Vater leben wollen?

Die BGH-Richter haben darauf verwiesen, dass der Wille des Kindes mitent­scheidend dafür ist, ob ein Wechsel­modell in Trennungs­fa­milien möglich ist. Famili­en­ge­richte müssen ein Kind also persönlich anhören und seine Meinung berück­sichtigen, wenn es um die Entscheidung geht, ob ein Wechsel­modell in Trennungs­fa­milien angeordnet werden kann.

Um das Kindeswohl heraus­zu­finden, haben die BGH-Richter den Fall an die Vorinstanz zurück­ver­wiesen, das Oberlan­des­gericht (OLG) Nürnberg. Das OLG muss nun das betroffene Kind befragen (zum verhan­delten Fall siehe Info-Kasten).

Lesen Sie mehr darüber, wann Famili­en­richter Kinder anhören müssen und ob das Kindeswohl durch eine Befragung von Richtern feststellbar ist.

Wechsel­modell: Wie haben Gerichte bisher entschieden?

Nicht nur den BGH beschäftigt das Thema Wechsel­modell. Noch in diesem Jahr wird sich auch das Bundes­ver­fas­sungs­gericht mit dem Wechsel­modell befassen und über die Verfas­sungs­be­schwerde eines Vaters entscheiden, dem das Wechsel­modell verweigert wurde.

In der Vergan­genheit haben Gerichte sehr unterschiedlich über das Wechsel­modell entschieden. In einem vor dem OLG Hamm 2012 verhan­delten Fall zum Beispiel strebte ein Vater das wöchentliche Wechsel­modell an, die Mutter lehnte es ab. Im Laufe des Verfahrens kam es zum Streit und gegenseitigen Vorwürfen. Das war letztlich der Grund, warum das Gericht den Antrag des Vaters ablehnte  Grundsätzlich, so die Begründung des OLG, sei das Wechsel­modell geeignet, um eine enge Eltern-Kind-Beziehung aufzubauen. Allerdings sei ein solches Umgangs­modell mit Belastungen für die Kinder verbunden. Es fehle an einem festen Lebens­mit­telpunkt.

Voraus­setzung für ein Wechsel­modell sei daher, dass Mütter und Väter in der Lage sind, ihre Konflikte einzudämmen. Beide Elternteile müssten hoch motiviert und an den Bedürf­nissen der Kinder und am Kindeswohl ausgerichtet sein, außerdem kontinu­ierlich kommuni­zieren und kooperieren können und wollen. Wesentlich sei außerdem, dass Eltern die Vorstel­lungen des jeweils anderen in der Frage der Erziehung tolerierten.

Sei dies nicht der Fall und leistet ein Elternteil Widerstand gegen das Wechsel­modell, könne das Famili­en­gericht es nicht anordnen. Eine Gefahr der Entfremdung der Kinder von einem Elternteil bei einem anderen Umgangs­modell bestehe nicht, so das Gericht (AZ: II 2 UF 211/11).

Im Widerspruch dazu stand zum Beispiel ein Urteil des Amtsge­richts Heidelberg im Jahr 2015. Das Amtsgericht entschied, dass ein Wechsel­modell sehr wohl gegen den Willen des anderen Elternteils durchgesetzt werden kann – wenn das Wechsel­modell dem Kindeswohl entspricht (AZ: 31 F 15/14).

Datum
Aktualisiert am
24.03.2017
Autor
red/ime
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Themen
Eltern Erziehung Kinder Kinder­be­treuung Scheidung

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