Famili­enrecht-Blog

Wechsel­modell befreit nicht von Barunter­halts­pflicht

Quelle: Apeloga/corbisimages.com
Auch bei annähernd hälftiger Mitbetreuung kann das Schwergewicht der Betreuungsverantwortung bei einem Elternteil liegen.
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Der Bundes­ge­richtshof (BGH) hat am 5.11.2014 (Aktenzeichen XII ZB 599/13) entschieden, dass auch im Fall des Wechsel­modells beide Elternteile Barunterhalt bezahlen müssen und die von einem Elternteil geleistete Kinder­be­treuung nicht zur Befreiung führt. Der Unterhalts­bedarf bemisst sich nach dem beider­seitigen Einkommen der Eltern und umfasst außerdem die in Folge des Wechsel­modells entste­henden Mehrkosten wie Wohn- und Fahrtkosten.

Was ist eigentlich das Wechsel­modell? Von einem Wechsel­modell spricht man, wenn die Kinder von beiden Eltern­teilen in gleichen oder in annähernd gleichen Anteilen betreut werden, z. B. leben die Kinder wöchentlich wechselnd bei Vater und Mutter.

Es stellt sich dabei immer wieder die Frage, ob im Falle des Wechsel­modells Barunterhalt bezahlt werden muss, wenn beide Eltern ihre Unterhalts­pflicht durch Betreuung übernehmen. Der BGH hat diese Frage ganz klar mit der Feststellung beantwortet, dass bei einem Wechsel­modell kein Elternteil von der Barunter­halts­pflicht befreit wird. Dies müsse schon deshalb gelten, weil andernfalls beide Elternteile vom Barunterhalt befreit wären und damit nur der Betreu­ungs­bedarf des Kindes gedeckt sei, während der in den Sätzen der Düssel­dorfer Tabelle ausgewiesene sächliche Regelbedarf offen sei.

Der Unterhalts­bedarf bemesse sich nach dem beider­seitigen Einkommen der Eltern und umfasse daneben  auch den sich daraus ergebenden erhöhten Bedarf für Wohn- und Fahrtkosten. Der Bedarf des Kindes sei regelmäßig deutlich höher als beim üblichen sog. Residenz­modell (d. h. das Kind wohnt bei einem Elternteil, der andere Elternteil nimmt sein Umgangsrecht wahr).

Das Oberlan­des­gericht Bremen hatte in dem vorlie­genden Fall allerdings entschieden, dass gar kein Wechsel­modell vorliege, denn das deutliche Schwer­gewicht der Betreuung liege bei der Mutter, beim Vater waren die Kinder lediglich an sechs von vierzehn Tagen. Dadurch rechtfertige sich die Annahme, dass die Mutter die Hauptver­ant­wortung für das Kind trage und der Vater zum Barunterhalt verpflichtet sei.

Fazit:

Ein Wechsel­modell liegt also nur vor, wenn sich die Eltern bei der Kinder­be­treuung so abwechseln, dass jeder von ihnen etwa die Hälfte der Versorgungs- und Erziehungs­aufgaben wahrnimmt. Der Tatrichter muss entscheiden, ob ein Elternteil die Hauptver­ant­wortung für das Kind trägt und seine Unterhalts­pflicht bereits durch Pflege- und Erziehung erbringt. So kann es sein, dass auch bei annähernd hälftiger Mitbetreuung dennoch das Schwer­gewicht der Betreu­ungs­ver­ant­wortung bei einem Elternteil liegt mit der Folge, dass der andere Elternteil den gesetz­lichen Unterhalt bezahlen muss. Der Mehrbe­lastung kann nach Auffassung des BGH dadurch Rechung getragen werden, dass er in der Einkom­mensstufe der Düssel­dorfer Tabelle um eine oder mehrere Stufen herabgesetzt wird. Der Unterhalt kann auch dadurch gemindert sein, dass der Barunter­halts­pflichtige den Unterhalts­bedarf des Kindes auf andere Weise als durch Zahlung einer Geldrente deckt. 

Viola Lachenmann ist Fachan­wältin für Famili­enrecht und berät zudem als Fachan­wältin für IT-Recht im Internetrecht, Softwarerecht, Urheberrecht und Datenschutzrecht. Sie betreibt einen eigenen Blog, der unter www.kanzlei-lachenmann.de/blog aufzurufen ist. Für die Deutsche Anwalt­auskunft bloggt Frau Lachenmann regelmäßig zum Thema Famili­enrecht.