
Wenn es mit dem Wunschkind nicht klappt, greifen manche Paare auf die Medizin und die Angebote von Samenbanken zurück. Samen zu spenden ist in Deutschland legal – im Gegensatz etwa zu Eizellspenden oder Leihmutterschaft. Mit der Legalität von Samenspenden geht aber nicht einher, dass die Samenspender anonym bleiben dürfen. Denn Spenderkinder haben das Recht darauf, zu erfahren, wer ihr biologischer Vater ist.
Künstliche Befruchtung und Vaterschaft: Dürfen Samenspender anonym bleiben?
Dieses Recht der Kinder können vertragliche Anonymitätsvereinbarungen zwischen einer Reproduktionsklinik und einem Samenspender nicht aushebeln. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Jahr 2013 deutlich gemacht. Das OLG Hamm hat eine Klinik dazu verurteilt, einer jungen Frau den Namen ihres Erzeugers zu nennen und sie damit über ihre Herkunft in Kenntnis zu setzen (AZ: I-14 U 7/12).
Spenderkinder: Unter welchen Bedingungen dürfen sie den Namen ihres biologischen Vaters erfahren?
Über eine Samenspende gezeugte Kinder müssen keine bestimmten Bedingungen erfüllen, um ihr Recht auf Kenntnis ihres Erzeugers durchzusetzen. Zwar haben sie keinen gesetzlich fixierten Anspruch auf dieses Recht. Ihr Anspruch leitet sich aber aus den Grundrechten ab, wie das Bundesverfassungsgericht 1989 in einem Urteil zum Thema Samenspende klargestellt hat (AZ: 1 BvL 17/87).
„Diesem Urteil nach definieren das Allgemeine Persönlichkeitsrecht gemäß Artikel zwei in Verbindung mit Artikel eins des Grundgesetzes das Recht auf Kenntnis der leiblichen Eltern“, sagt der Oldenburger Rechtsanwalt Burkhard Bühre von der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltverein.
Um den Auskunftsanspruch einzulösen, müssen Kinder, die durch eine Samenspende gezeugt wurden, kein Mindestalter haben, wie der Bundesgerichtshof (BGH) 2015 entschieden hat (AZ: XII ZR 201/13).
„Allerdings muss ein gesetzlicher Vertreter die Interessen von Kindern unter 16 Jahren gegenüber einer Samenbank oder Reproduktionsklinik durchsetzen", sagt Rechtsanwalt Bühre zum Urteil des BGH.
Die BGH-Richter machten deutlich, dass sich ein Auskunftsanspruch aus den Grundsätzen von Treu und Glauben ergibt, wie sie das Bürgerliche Gesetzbuch in Paragraph 242 definiert. Allerdings müsse immer der konkrete Einzelfall geprüft und die Interessen der Beteiligten gegeneinander abgewogen werden: das Persönlichkeitsrecht des Kindes, die ärztliche Schweigepflicht und das Recht des Samenspenders auf informationelle Selbstbestimmung. Dessen wirtschaftliche Interessen seien aber nicht maßgeblich, betonten die Richter am BGH.
Unterhalt, Erbe: Welche Rechte haben Kinder gegenüber dem Samenspender?
Nach aktueller Rechtslage dürfen durch Samenspenden gezeugte Kinder nur den Namen ihres Erzeugers erfahren. Dem biologischen Vater schreiben oder ihn besuchen dürfen sie nicht, jedenfalls nicht gegen seinen Willen. Der Spender ist den Kindern gegenüber nicht verpflichtet, Kontakt mit ihnen zu haben. Außerdem ist der biologische Vater den Kindern gegenüber nicht ohne weiteres unterhaltspflichtig. Zumindest ist die Möglichkeit, dass ein Samenspender Unterhalt zahlen muss, theoretisch und würde ein kompliziertes juristisches Prozedere verlangen. Darin müsste das Kind zum Beispiel die Vaterschaft seines rechtlichen Vaters anfechten und ein Gericht veranlassen, die Vaterschaft seines biologischen Vaters festzustellen.
Durch Samenspende gezeugte Kinder: Probleme bei der Suche nach biologischem Vater
Trotz der höchstrichterlichen Urteile, die es zum Thema Samenspende gibt, haben Kinder nach wie vor oft Probleme, die Identität ihres biologischen Vaters herauszufinden. Denn nicht alle Reproduktionskliniken und Samenbanken halten sich an die geltenden Regeln zu den kindlichen Auskunftsansprüchen.
Dazu kommt: Bislang gibt es kein nationales Register, in dem Samenspender und Kinder erfasst werden, und nicht immer verfügen Kliniken über die Daten der Samenspender. Denn bis 2007 waren Kliniken nicht dazu verpflichtet, diese Daten aufzubewahren mit der Folge, dass manche Akten vernichtet wurden. Eine Rekonstruktion der Identität von Spendern ist so unmöglich. Erst 2007 änderte sich diese Rechtslage mit dem Gesetz zur Gewebespende, das Kliniken dazu verpflichtet, Unterlagen 30 Jahre lang aufzubewahren.
- Datum
- Aktualisiert am
- 17.10.2016
- Autor
- ime