Seit wann haben Kinder einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz?
Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr haben seit August 2013 einen gesetzlichen Anspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz. Das kann ein Platz in einer Kindertagesstätte (Kita) oder bei einer Tagesmutter sein.
Wann muss man sein Kind für einen Betreuungsplatz anmelden?
Die Anmeldefristen legt jedes Bundesland eigenständig fest, bundesweit einheitliche Regeln gibt es nicht. Zu den Terminen sollten Mütter und Väter das zuständige Jugendamt befragen.
Kita oder Tagesmutter: Dürfen Eltern wählen?
Aus dem Rechtsanspruch folgt nicht, dass Eltern einen Platz in einer bestimmten Kita oder bei einer bestimmten Tagesmutter beanspruchen können. Ob Eltern wählen dürfen, wo ihr Kind betreut wird - etwa in einer Kita oder bei einer Tagesmutter - ist juristisch umstritten.
Dürfen Eltern einen Kinderbetreuungsplatz ablehnen?
Es gibt noch keine klaren Regeln, unter welchen Umständen Eltern einen Kita-Platz für ihr Kind ablehnen können. Derzeit wird die eine oder andere Frage vor Gericht geklärt.
Wenn Eltern ein Angebot ablehnen, müssen sie es plausibel begründen. Beispielsweise dürfte die Farbe der Tapeten als Grund nicht ausreichen. Wer einen zumutbaren Kita-Platz ablehnt, verliert den Rechtsanspruch darauf.
Geklärt scheint zum Beispiel aber, dass eine Kita dann unzumutbar sein kann, wenn sie den gültigen Standards nicht entspricht, also: Wenn das Gebäude, in dem sie sich befindet, bauliche Mängel hat, wenn zu viele Kinder in einer Gruppe sind oder die Qualifizierung der Betreuerinnen und Betreuer ungenügend ist.
Muss der Kinderbetreuungsplatz nah am Wohnort sein?
Umstritten ist, wie weit der Betreuungsplatz für das Kind vom Wohnort entfernt liegen darf. In verschiedenen Urteilen wird eine „zumutbare Entfernung" zwischen Wohnort und Kita von maximal fünf Kilometern oder 30 Minuten Fahrzeit beziehungsweise Fußweg genannt.
Rechtsanspruch auf Betreuung: Wie viele Stunden kann ein Kind betreut werden?
Wer Vollzeit arbeitet, hat Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung. Eine Teilzeittätigkeit kann dazu führen, dass das Kind nur einen Betreuungsumfang von einigen Stunden pro Tag zugebilligt bekommt.
Anspruch auf Betreuung unabhängig von Kapazität
(red/dpa) Auch wenn es in einer Kommune keine freien Betreuungsplätze mehr gibt, hat das Kind Anspruch auf einen Betreuungsplatz. Die Kommune muss den Anspruch des Kinds auf einen Platz in einem Kindergarten oder in einer Kita unbedingt erfüllen. Sie kann sich nicht darauf berufen, dass alle Betreuungsplätze belegt seien. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 7. Juni 2017 (AZ: 4 B 112/17), wie die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert.
Doch was tun, wenn einfach kein Betreuungsplatz frei ist? Wer dringend einen Platz benötigt, kann das Kind in einer privaten Einrichtung unterbringen. Die Gemeinde muss dann die Kosten erstatten, wenn sie keinen Platz zur Verfügung stellt, wie das Bundesverwaltungsgericht 2013 entschieden hat. Die Eltern müssen die Gemeinde allerdings früh genug über ihre Pläne informieren.
Alternativ können die Eltern auf Schadensersatz klagen beziehungsweise Verdienstausfall geltend machen. Das betrifft jene Mütter und Väter, die nicht wie geplant an den Arbeitsplatz zurückkehren können, weil sie keinen Betreuungsplatz gefunden haben. Sie müssen dann aber beweisen, dass sie sich rechtzeitig um einen Platz bemüht haben. Das hat der Bundesgerichtshof 2016 entschieden.
Kein Kinderbetreuungsplatz: Was können Eltern tun?
Seit 2013 haben nur wenige Mütter und Väter geklagt, weil sie keinen Betreuungsplatz für ihr Kind zur Verfügung gestellt bekommen haben. Das mag auch daran liegen, dass viele Eltern unsicher sind, ob sie ihren Anspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz schnell genug durchsetzen können.
Um solche Unsicherheiten zu klären, ist es ratsam, sich von einer Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt für Verwaltungsrecht beraten zu lassen. Denn sie oder er kann Eltern zeigen, wie sie ein Eilverfahren anstrengen können, um darüber eine einstweilige Anordnung zu erzwingen und so einen Platz für ihr Kind zu bekommen – oder wie Eltern auf einen Betreuungsplatz klagen können.
Kommune stellt Betreuungsplatz nicht rechtzeitig zur Verfügung - Schadensersatz für Eltern?
Wer mit seinem Arbeitgeber abgesprochen hat, nach der Elternzeit zu einem bestimmten Zeitpunkt ins Unternehmen zurückzukehren, ist darauf angewiesen, dann einen Betreuungsplatz für sein Kind zu haben. Klappt dies nicht rechtzeitig zum geplanten Arbeitsbeginn, müssen Kommunen damit rechnen, Schadensersatz für die Verdienstausfälle der Eltern zahlen zu müssen.
Das zumindest folgt aus einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) von Mitte Oktober 2016. Die verantwortliche Kommune muss dem Urteil zufolge aber nur dann zahlen, wenn sie den Mangel mitverschuldet hat.
Geklagt hatten drei Frauen aus Leipzig. Sie hatten jeweils kurz nach der Geburt ihrer Kinder bei der Stadt Bedarf an einem Kita-Platz nach einem Jahr Elternzeit angemeldet. Trotzdem gingen sie zunächst leer aus und konnten erst Monate später zurück in den Job. Ihrer Ansicht nach muss die Stadt dafür geradestehen und ihnen den entgangenen Verdienst ausgleichen - knapp 2200, rund 4500 und etwa 7300 Euro.
Das BGH-Urteil ist für die Mütter ein wichtiger Etappensieg. Die Gerichte der Vorinstanzen hatten allerdings nicht geklärt, ob die Stadt Leipzig auch schuld an den Verzögerungen war. Unverschuldet wären der Karlsruher Entscheidung zufolge zum Beispiel der Mangel an qualifiziertem Personal oder Verspätungen durch die Insolvenz einer Baufirma - nicht aber finanzielle Engpässe. Das Oberlandesgericht Dresden muss die Fälle deshalb noch einmal verhandeln. Erst dann wird es das endgültige Urteil geben (AZ: III ZR 278/15 u.a.).
Grundsätzlich eröffnet die BGH-Entscheidung aber auch anderen Eltern die Möglichkeit einer Schadenersatz-Klage. Denn Urteile der obersten Zivilrichter in Karlsruhe sind für die Rechtsprechung in ganz Deutschland maßgeblich.
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: Stadt muss nicht für Luxus-Kita zahlen.
In der Frage um die Kostenübernahme bei der Kinderbetreuung durch die öffentliche Hand hat das Bundesverwaltungsgericht Ende Oktober 2017 ein Urteil mit Signalwirkung gesprochen: Die Stadt München muss nicht die Kosten für einen Platz in einer Luxus-Kita übernehmen (AZ: BVerwG 5 C 19.16).
Im verhandelten Fall hatte sich eine Familie, zunächst erfolglos, um einen Krippenplatz für ihren Sohn beworben. Sechs Angebote der Stadt für eine Tagesmutter lehnten die Eltern ab, weil sie unpassende Betreuungszeiten hatten. Stattdessen suchten sie auf eigene Faust einen Platz in einer privaten Kita, die allerdings 1380 Euro im Monat kostete – inklusive Kinder-Yoga und Tanzkurs. Einen Teil der Kosten, die Differenz zwischen einem städtischen und dem teuren privaten Kita-Platz - ungefähr 1000 Euro im Monat, wollten die Eltern von der Stadt München zurückerstattet bekommen und klagten.
Das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass es zwar zulässig war, dass die Eltern sich den Krippenplatz selbst beschafften. Eine Kostenübernahme könnten sie deswegen aber nicht verlangen. Die Jugendhilfeträger seien nicht verpflichtet, „dem Kind einen kostenfreien oder zumindest kostengünstigen Betreuungsplatz“ anzubieten. Es sei nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen, ob der Beitrag von 1380 Euro im Monat für die Eltern finanziell zumutbar gewesen wäre. Das müsse im Einzelfall separat geprüft werden.
OLG Frankfurt: Kein Schadensersatz, wenn dreijähriges Kind keinen Betreuungsplatz findet
Bekommen Eltern für ihr dreijähriges Kind keinen Platz in einer städtischen Kita, müssen sie die höheren Kosten einer privaten Einrichtung selbst zahlen. Die Stadt muss ihnen die Mehrkosten nicht erstatten. Das geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt hervor (Urteil vom 17.05.2018, AZ 1 U 171/16).
Es gibt zwar einen Anspruch auf Betreuung von Kindern bis zum sechsten Lebensjahr in einer Tageseinrichtung, erklärte das Gericht. Daraus ergebe sich aber kein Recht für die Eltern, zwischen städtischen und privaten Einrichtungen zu wählen. Die Stadt müssen lediglich insgesamt genügend Plätze bereitstellen. Auf den Preis und die Trägerschaft komme es dabei nicht an.
Wären die Kosten der privaten Kita für die Eltern allerdings eine unzumutbare Belastung gewesen, könnten sie eventuell Anspruch darauf haben, dass ihnen die Kosten erstattet werden, so das Gericht weiter. Das hätten die Eltern hier aber nicht geltend gemacht.
Fragen zum Rechtsanspruch auf Kita-Platz? Anwälte helfen
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- Datum
- Aktualisiert am
- 18.07.2018
- Autor
- red/dpa