
Das Gericht hat entschieden, dass kein elternbezogener Umstand vorliegt, der es rechtfertigen würde, der nichtehelichen Mutter länger als drei Jahre aus Billigkeitsgründen Betreuungsunterhalt zu gewähren. Auch die Tatsache, dass der Vater - entgegen der Mutter - sein Studium in der Zeit beenden konnte und das Kind schwerbehindert ist, rechtfertige keine andere Entscheidung.
Seit der Unterhaltsrechtsrechtsreform zum 1.1.2008 wird Betreuungsunterhalt (unabhängig vom Kindesunterhalt) für ein Kind gemäß § 1615 l BGB nur noch in den ersten drei Lebensjahren des Kindes geschuldet. Möchte eine Mutter nach dieser Zeit weiter Betreuungsunterhalt, muss dies der „Billigkeit“ entsprechen, d. h. sie muss vortragen können, dass es ihr aus kindes- und/oder elternbezogenen Gründen nicht möglich ist, für ihren Lebensunterhalt zu sorgen.
Nach Auffassung des OLG Karlsruhe liegt ein kindesbezogener Grund nicht vor, da das behinderte Kind von 9 bis 15 Uhr in einer Einrichtung betreut werde. In dieser Zeit könne die Mutter einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen.
Ein elternbezogener Grund liege ebenfalls nicht vor, obwohl die Mutter wegen der Geburt des Kindes das Studium unterbrechen musste, dagegen der Vater sein Studium beenden konnte. Die Eltern hätten nicht zusammen gelebt, sodass kein Vertrauenstatbestand für die Mutter geschaffen worden wäre, woraus sie hätte schließen können, dass sie durch eine gemeinsame Lebensführung mit dem Vater des Kindes abgesichert wäre.
Das OLG Karlsruhe erkannte zwar an, dass die Mutter auch nach der Betreuung des Kindes in einer Kindertagesstätte von 9 bis 15 Uhr einen überdurchschnittlich hohen Betreuungsaufwand leiste, der die Aufnahme einer Vollzeitstelle in keinem Falle rechtfertige. Der Mutter sei aber zuzumuten, in der Zeit, in der das Kind fremdbetreut werde, einer Teilzeitbeschäftigung nachzugehen. Ein über das dritte Lebensjahr hinausgehender Betreuungsunterhalt sei daher nicht geschuldet.
Das OLG Karlsruhe hat zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung immerhin eine Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen, weil das OLG Nürnberg in einer ähnlichen Konstellation Betreuungsunterhalt wegen Billigkeit zumindest für die Zeit zugesprochen hatte, in der sich das Studium durch die Geburt und Betreuung des Kindes verzögert hatte.
Es ist zu hoffen, dass der BGH dieses harte Urteil aus Karlsruhe aufhebt und eine klare Entscheidung für den Elternteil trifft, der wegen der Betreuung eines schwer behinderten Kindes nur in Teilzeit arbeiten kann. Es ist in der Entscheidung des OLG Karlsruhe nicht ersichtlich, dass das Gericht die enorme zeitliche und seelische Belastung ausreichend bewertet hat, die der Mutter eines Kindes mit Down-Syndrom ausgesetzt ist – ganz abgesehen von den fehlenden Zeiten in der Rentenversicherung.
Viola Lachenmann ist Fachanwältin für Familienrecht und berät zudem als Fachanwältin für IT-Recht im Internetrecht, Softwarerecht, Urheberrecht und Datenschutzrecht. Sie betreibt einen eigenen Blog, der unter www.kanzlei-lachenmann.de/blog aufzurufen ist. Für die Deutsche Anwaltauskunft bloggt Frau Lachenmann regelmäßig zum Thema Familienrecht.
- Datum
- Aktualisiert am
- 27.06.2014
- Autor
- Viola Lachenmann