
Grundsätzlich hat man die Pflicht zu arbeiten, wenn man Kindesunterhalt zahlen muss. Doch wie sieht es mit dieser Erwerbsobliegenheit aus, wenn man Mutter ist und für ein Kind unter drei Jahren sorgen muss? Antworten auf diese Frage gibt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 25. September 2014 (AZ: 10 UF 429/14), über das die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert.
Ist man unterhaltspflichtig wenn man Elterngeld bezieht?
Der Entscheidung lag folgender Fall zugrunde: Die Eltern des 2008 geborenen Sohnes sind geschieden. Der Junge lebt bei seinem Vater. Die Mutter hat 2012 noch eine Tochter bekommen, die sie allein betreut. Von deren Vater erhält sie Kindesunterhalt. Außerdem bezog sie bis September 2013 Elterngeld.
Der Vater des Sohnes ist Arzt. Er arbeitet in Teilzeit als Oberarzt und verdient 4.000 Euro netto im Monat. Von der Mutter verlangte er für den gemeinsamen Sohn Kindesunterhalt.
Wann muss eine Mutter mit Kleinkind Kindesunterhalt zahlen?
Vor Gericht war er teilweise erfolgreich. Grundsätzlich schulde die Mutter keinen Kindesunterhalt, solange sie selbst Elterngeld beziehe. Zum Unterhalt verpflichtet sei sie aber ab Oktober 2013. Die Mutter – eine gelernte Krankenschwester – sei nicht berufstätig und habe vor Gericht auch nicht nachgewiesen, dass sie sich um eine Stelle bemühe. Sie habe darauf verwiesen, dass sie sich um das jüngere Kind kümmern müsse.
Das überzeugte das Gericht nicht: Es ging von einer gesteigerten Erwerbsobliegenheit aus. Die Mutter muss also arbeiten, um den Kindesunterhalt zahlen zu können. Diese Erwerbsobliegenheit besteht auch, während sie das Kleinkind betreut. Üblicherweise müssen Unterhaltsverpflichtete erst arbeiten gehen, wenn das eigene Kind drei Jahre alt geworden ist.
Diesen Widerspruch begründet das Gericht wie folgt: „Die Betreuung eines minderjährigen Kindes aus einer neuen Beziehung lässt die gesteigerte Erwerbsobliegenheit gegenüber minderjährigen Kind aus einer früheren Verbindung wegen des Gleichranges beider Ansprüche grundsätzlich nicht entfallen." Die Mutter müsse also arbeiten, obwohl ihre jüngere Tochter noch nicht drei Jahre alt sei.
Bei der Berechnung des Unterhalts wird ein fiktives Erwerbseinkommen zu Grunde gelegt. Das Gericht ging davon aus, dass sie als Krankenschwester eine Halbtagsstelle annehmen könnte. Basis für die Berechnung war der Tariflohn im öffentlichen Dienst für Krankenschwestern.
- Datum
- Aktualisiert am
- 16.02.2016
- Autor
- red/dpa