Unterhaltspflichtige Eltern dürfte das Thema interessieren: Müssen sie ihrem Kind auch dann Unterhalt zahlen, wenn es ein eigenes Vermögen besitzt? Um die Antwort auf diese Frage vorweg zu nehmen: Ein Kind muss sein Vermögen in der Regel nach und nach für den eigenen Lebensbedarf einsetzen.
Allerdings: Ein minderjähriges Kind muss nur die Erträge aus seinem Vermögen für seinen Lebensbedarf aufwenden, nicht das Vermögen selbst. Demgegenüber ist ein volljähriges Kind dazu verpflichtet, das Vermögen selbst zu verwenden. Das Kind darf es nicht anderweitig verbrauchen. Die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 16. Oktober 2015 (AZ: 2 UF 107/15).
Unterhaltspflicht auch bei einem reichen Kind?
Der Entscheidung lag dieser Fall zugrunde: Die Tochter befand sich in einer Ausbildung, sie studierte und verlangte von ihrem Vater monatlichen Unterhalt, zum Teil rückwirkend ab dem Beginn ihres Studiums im Wintersemester 2013/14. Als die junge Frau volljährig wurde, besaß sie ein Vermögen von mindestens 56.000 Euro. Der Vater hatte selbst 25.000 Euro dazugegeben. Auch von der Mutter bekam sie immer wieder finanzielle Zuwendungen.
Das Amtsgericht lehnte den Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber dem Vater ab. Die Tochter müsse zunächst ihr Vermögen einsetzen und sei daher nicht unterhaltsbedürftig. Daraufhin forderte die Mutter von der Tochter das von ihr überlassene Geld zurück. Die Tochter zahlte 40.800 Euro an die Mutter zurück. Weiterhin legte sie Beschwerde gegen die Entscheidung des Gerichts ein. Nun sei sie ja unterhaltsbedürftig.
Unterhalt für Kind: Zunächst muss es das eigene Vermögen einsetzen
Dem folgte das Oberlandesgericht nicht. Zum einen stellte es fest, dass ein volljähriges Kind auch seinen Vermögensstamm für den Lebensbedarf einsetzen müsse, bevor es Unterhalt von den Eltern, in diesem Fall dem Vater, verlangen könne. Lediglich einen Notgroschen dürfte ein Kind behalten.
Auch dürfe das Kind das Vermögen nicht einfach anderweitig verbrauchen. Es sei vielmehr verpflichtet, das vorhandene Vermögen nach und nach einzusetzen, um seinen eigenen Lebensbedarf abzudecken. Verstoße das Kind dagegen, müsse es sich so behandeln lassen, als ob das Vermögen noch vorhanden wäre. Daher wirke sich auch die Rückübertragung an die Mutter nicht aus.
Das Gericht errechnete, dass von dem Vermögen bei einer sukzessiven Verwendung zur Deckung des Unterhaltsbedarfs zum Zeitpunkt der Klage noch mindestens 30.000 Euro übrig wären. Natürlich müssten der Tochter mindestens 5.000 Euro als Sonderbedarf und Notgroschen verbleiben. Ziehe man diesen Betrag ab, könne die Tochter nach Auffassung des Gerichts von den verbleibenden 25.000 Euro als Studentin noch zweieinhalb bis drei Jahre ihren Lebensbedarf decken.
Die DAV-Familienrechtsanwälte weisen darauf hin, dass zum Vermögen nicht nur die Beträge zur Finanzierung der Ausbildung gerechnet werden. Berücksichtigt wird vielmehr sämtliches zur freien Verfügung stehendes Vermögen. Im Zweifelsfall sollte man sich über Unterhaltsansprüche und -pflichten anwaltlich beraten lassen.
- Datum
- Autor
- red/dpa