Grundsätzlich können Adoptiveltern Anspruch haben, den Aufwand durch eine schwere Erkrankung der Adoptivkinder ersetzt zu bekommen. Allerdings müssen sie nachweisen, dass das betreuende Jugendamt von dem Risiko wusste. Gelingt dies nicht, gibt es auch keinen Schadensersatz, so die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Schwere Erkrankung der Adoptivkinder
Die Kläger – die Adoptivmutter ist inzwischen verstorben – hatten 1998 zwei Kleinkinder derselben Mutter adoptiert. Beide Kinder entwickelten sich physisch und psychisch problematisch. Im Jahre 2011 wurde festgestellt, dass beide Kinder am "Fetalen-Alkohol-Syndrom" (FAS) leiden. Diese vorgeburtliche Schädigung entsteht, wenn die Mutter während der Schwangerschaft Alkohol trinkt. Die Kinder sind heute zu 100 Prozent schwerbehindert und leben in betreuenden Einrichtungen.
Die Adoptiveltern behaupteten – gestützt auf spätere Angaben der leiblichen Eltern – die Mutter habe ein Alkoholproblem gehabt und während beider Schwangerschaften Alkohol konsumiert. Dies hätten die beiden beteiligten Jugendamtsmitarbeiterinnen von Anfang an gewusst. Jedenfalls seien so deutliche Anzeichen hierfür vorhanden gewesen, dass das Jugendamt diesen hätte nachgehen müssen.
Die Adoptiveltern machten vor Gericht geltend, sie hätten sich eine Adoption nicht zugetraut, hätten sie von den gesundheitlichen Risiken gewusst. Dass die Jugendamtsmitarbeiterinnen das Alkoholproblem nicht offenbart hätten, stelle eine Verletzung der Amtspflichten des Jugendamtes – und damit der Stadt – in einem Adoptionsverfahren dar. Die Adoptiveltern verlangten Ersatz des Unterhalts für die beiden Kinder und die Feststellung, dass die Stadt für alle künftigen Schäden einzustehen habe. Das Landgericht wies die Klage ab. Hiergegen richtete sich die Berufung der Kläger.
Ohne Nachweis der Pflichtverletzung kein Schadensersatz
Das Oberlandesgericht wies die Berufung jedoch zurück und bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Die Richter hatten die Mutter, die beiden Jugendamtsmitarbeiterinnen sowie den leiblichen Vater als Zeugen vernommen. Danach spreche zwar alles dafür, dass die Mutter während der beiden Schwangerschaften Alkohol zu sich genommen habe. Das Gericht sei aber nicht davon überzeugt, dass die beiden Jugendamtsmitarbeiterinnen dies gewusst oder hinreichend sichere Anzeichen hierfür gehabt hätten. Die Mutter habe nicht bestätigt, dass sie den Jugendamtsmitarbeiterinnen den Alkoholkonsum mitgeteilt habe.
Ihre gegenteilige frühere schriftliche Angabe sei falsch, sie habe plausibel geschildert, wie es dazu gekommen sei. Auch in Zusammenhang mit der Aussage des leiblichen Vaters könne das Gericht nicht ausreichend sicher feststellen, dass den Jugendamtsmitarbeiterinnen der Alkoholkonsum bekannt gewesen sei. Der schlechte gesundheitliche Zustand der Mutter hätte seine Ursache auch in ihnen bekannten anderen Erkrankungen haben können. Diese Erkrankungen seien den Adoptiveltern auch offen gelegt worden.
Da die Kläger ihre Behauptung, die Jugendamtsmitarbeiterinnen hätten den Alkoholkonsum gekannt, beweisen müssten, dies aber nicht getan hätten, bestehe kein Schadensersatzanspruch (AZ: 1 U 305/12).
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- red/dpa