In einem seiner Urteile hat das Oberlandesgericht Nürnberg bei der Berechnung des Kindesunterhalts den Vorteil eines nicht ausgeschöpften Ehegattensplittings berücksichtigt. Demnach muss ein Unterhaltspflichtiger akzeptieren, dass der mögliche Steuervorteil angerechnet wird, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Erneute Heirat des Vaters - Folgen für den Kindesunterhalt
Der Fall im Einzelnen: Der Vater arbeitet als Möbelmonteur und Umzugshelfer bei einer Möbelspedition in der Nähe des Bodensees. Er ist Vater eines 2012 geborenen Kindes, das bei der Mutter lebt. Das Amtsgericht hatte ihn zu einer Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 225 Euro monatlich verpflichtet.
Der Mann verdient brutto 1.750 Euro monatlich. Sein Gehalt wird nach Steuerklasse vier mit eineinhalb Kinderfreibeträgen versteuert. Seine Ehefrau verfügt ebenfalls über Einkommen, seit September 2014 erhält sie BAföG-Leistungen, die nicht versteuert werden.
Der Vater beantragte die Herabsetzung des Kindesunterhalts. Auch sei sein Selbstbehalt wegen der im Bodenseegebiet hohen Wohnkosten zu erhöhen. Ebenso müssten die Pfändungen der Kindesmutter bei seinem Lohn zu berücksichtigt werden.
Urteil: Fiktiver Steuervorteil muss beim Kindesunterhalt berücksichtigt werden
Das Gericht gab dem Vater nur in sehr geringem Maße Recht und entschied, dass er Kindesunterhalt in Höhe von 186,87 Euro zahlen muss. Das Gericht argumentierte:
- Der Steuervorteil muss berücksichtigt werden
Dass der Mann den Steuervorteil des Ehegattensplittings nicht ausschöpft, darf nicht zulasten seines Kindes gehen. Er muss sich also fiktiv seinen Steuervorteil anrechnen lassen, den er durch die Wahl einer günstigeren Steuerklasse erzielen könnte. Das Gericht berechnete den Vorteil aus einer Steuerklassenverteilung 3/5 statt bisher 4/4. Dabei muss allerdings auch der Nachteil gegengerechnet werden, den die neue Ehefrau aufgrund der Wahl der für sie ungünstigen Steuerklasse habe.
- Keine Erhöhung des Selbstbehalts
Das Gericht lehnt eine Erhöhung des Selbstbehalts wegen der höheren Mietkosten am Bodensee ab. Dass der Vater eine große Wohnung anmieten muss, damit genügend Platz für die neue Familie ist, darf nicht zulasten des ersten Kindes gehen. Dazu das Gericht wörtlich: „Um Kindesunterhalt leisten zu können, müsste der Antragsteller Abstriche beim Wohnort, Wohnraum oder beim Wohnkomforts machen.“
- Herabsetzung des Selbstbehalts wegen Zusammenlebens
Im Übrigen setzt das Gericht wegen des Zusammenlebens und der gemeinsamen Haushaltsführung mit seiner neuen Ehefrau den Selbstbehalt um zehn Prozent herab (Urteil vom 11. Dezember 2014, AZ: 10 UF1182/14).
Kindesunterhalt sollte man regelmäßig überprüfen lassen
Die DAV-Familienrechtsanwälte empfehlen, den Anspruch auf Kindesunterhalt regelmäßig überprüfen zu lassen – sowohl aus Sicht des Kindes als auch desjenigen, der den Unterhalt zahlen muss. Durch Veränderung der Lebensführung oder des Einkommens ergibt sich ein regelmäßiger Kontrollbedarf.
- Datum
- Aktualisiert am
- 17.02.2016
- Autor
- red/dpa