Das Umgangsrecht mit einem Kind hängt von der Art der emotionalen und sozialen Bindung zwischen den Beteiligten ab. Unter Umständen kann daher auch eine Großtante ein Umgangsrecht haben, teilt die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mit.
Dabei bezieht sich die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht auf ein Urteil des Oberlandesgerichtes Celle vom 27. November 2015 (AZ: 10 WS 303/15). Den Richtern lag folgender Fall vor: Eine Großtante ist die einzige Bezugsperson eines Kinds aus dessen väterlicher Herkunftsfamilie. Der Vater sitzt eine mehrjährige Haftstrafe ab, nachdem er die Mutter des Jungen getötet hatte. Die Großeltern leben in der Türkei, andere umgangswillige Personen aus der väterlichen Familie gibt es nicht. Als das Kind ein bis zwei Jahre alt war, verbrachte die Großtante über einen Zeitraum von zehn Monaten hinweg an jedem dritten Wochenende ungefähr fünf Stunden im Haushalt der Familie des Kindes.
Gericht: Umgangsrecht entfernter Verwandter möglich
Dem Oberlandesgericht zu Folge kann ein Umgangsrecht mit einem Kind bestehen, wenn es eine sozial-familiäre Beziehung zwischen den Beteiligten gibt. Dies kann sich aus mehreren Aspekten ergeben:
- Übernahme der Verantwortung für das Kind in Vergangenheit oder Zukunft
- Zusammenleben über einen längeren Zeitraum in einem gemeinsamen Haushalt
- eine gewachsene soziale Familienbeziehung
- enge Bezugsperson des Kindes.
Das Gericht wollte nicht ausschließen, dass es aus der Vergangenheit eine enge Beziehung der Großtante zu dem Kind gibt. Auch wenn die beiden nie zusammengelebt hätten, sei im Einzelfall ein großzügiger Maßstab für das Umgangsrecht zwischen Großtante und Großneffen anzulegen. Aus entwicklungspsychologischer Sicht könne die Frau eine wichtige Rolle für die Identitätsfindung des Kindes spielen.
In unserer Anwaltssuche finden Sie Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte für Familienrecht.
- Datum
- Aktualisiert am
- 01.09.2016
- Autor
- red/dpa