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Echt Recht?

Kann man jemanden zwingen, am Scheidungs­termin teilzu­nehmen?

In unserer Serie "Echt Recht?" beantwortet Rechtsanwalt Swen Walentowski Ihre Fragen. © Quelle: DAV

Am Scheidungs­termin müssen in der Regel beide Ehegatten teilnehmen. Nur was geschieht, wenn einer der beiden den Termin absagt - und das womöglich mehrmals? Rechts­anwalt Swen Walentowski klärt die Frage unseres Lesers Peter S. aus Nürnberg.

Lieber Peter S.,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich gern beantworte. Zunächst: Vier Jahre für eine Scheidung sind eine ungewöhnlich lange Zeit. Da ich Ihren Fall nicht im Detail kenne, werde ich an dieser Stelle allgemein einige der Faktoren nennen, die für lange Scheidungs­prozesse verant­wortlich sein können.

Ganz wichtig für die Dauer eines Scheidungs­ver­fahrens ist, ob und welche Fragen zwischen den Ehegatten strittig sind. Zu den klassischen Streit­themen gehört die Frage, wie viel Unterhalt der eine dem anderen zahlen muss. Aber auch wenn etwa das Sorgerecht für die Kinder zwischen den Gatten umkämpft ist, kann sich eine Scheidung in die Länge ziehen.

Das kann natürlich auch der Fall sein, wenn einer der Ehegatten die Scheidung schlicht ablehnt. Dann muss der scheidungs­willige Ehegatte oft mehrere Jahre auf das offizielle Ende seiner Ehe warten.

Müssen beide Ehegatten am Scheidungs­termin teilnehmen?

Normalerweise kann sich ein Paar scheiden lassen, wenn es ein Jahr lang getrennt voneinander gelebt hat und beide in die Scheidung einwilligen. Stellt einer der Gatten nach  Ablauf dieses Trennungs­jahres einen Scheidungs­antrag, lädt das Famili­en­gericht die Gatten zu einer Anhörung, also dem Scheidungs­termin. An diesem Termin müssen beide Gatten persönlich teilnehmen, es gibt nur wenige Ausnahmen von dieser Regel.

Wann kann man einen Scheidungs­termin absagen?

Natürlich kann es immer Gründe geben, aus denen einer der Ehegatten den Scheidungs­termin nicht wahrnehmen kann. Das kann der Fall sein, wenn der Ehegatte, einer seiner Angehörigen oder sein Rechts­beistand erkrankt ist. Legitim könnte eine Absage auch sein, wenn der Scheidungs­termin in einen lange geplanten Urlaub fällt.

In solchen Fällen unterliegt der absagende Gatte aber einer Nachweis­pflicht und muss belegen, warum er am Scheidungs­termin nicht teilnimmt. Er muss dem Famili­en­gericht also zum Beispiel ein ärztliches Attest vorlegen.

Findet der Scheidungs­termin nicht statt, lädt das Famili­en­gericht die Ehegatten zu einem späteren Zeitpunkt erneut vor. Doch wer auch diesen neuen Scheidungs­termin absagt oder die Absage des ersten Termins nicht richtig begründen kann, kommt mindestens in Erklärungsnot. Mehr noch: Er könnte sich dem Verdacht aussetzen, zu taktieren und das offizielle Ende seiner Ehe bewusst hinaus­zu­zögern.

Und dafür könnte es tatsächlich verschiedene Gründe geben. Ein Beispiel: Nach einer Trennung erhält der eine Ehegatte in der Regel Trennungs­un­terhalt vom anderen. Dieser Unterhalt entfällt nach einer Scheidung aber und wird durch nachehe­lichen Unterhalt ersetzt – aber nicht immer. Denn besonders seit der Reform des Unterhalts­rechts im Jahr 2009 steht nicht mehr jedem Ehegatten nachehe­licher Unterhalt zu.

Nachehe­licher Unterhalt entfällt auch dann, wenn man ihn beispielsweise in einem Ehevertrag ausgeschlossen hat.

In diesen Fällen könnte ein „blockie­render“ Ehegatte davon profitieren, wenn seine Ehe nicht rechts­kräftig geschieden wird – er könnte so länger Trennungs­un­terhalt bekommen.

Was kann das Famili­en­gericht tun, wenn jemand den Scheidungs­termin mehrmals absagt?

Gesetzlich geregelt ist es nicht, wie oft man einen Scheidungs­termin absagen kann. Allerdings wird kaum ein Famili­en­gericht vorgeschobene Gründe für Termin­absagen oder faule Ausreden eines Ehegatten hinnehmen. Es wird dann in der Regel eingreifen und „blockierende“ Ehegatten zur Raison bringen, und dafür stehen einem Gericht verschiedene Instrumente zur Verfügeng.  

Je nachdem, wie der „verwei­gernde“ Ehegatte seine Absagen begründet, kann ein Famili­en­gericht etwa ein amtsärzt­liches Attest verlangen. Möglich ist auch, ein Ordnungsgeld zu verhängen. Das Gericht kann auch einen Gerichts­voll­zieher damit beauftragen, den Gatten beim Scheidungs­termin vorzuführen.

Eine weitere Möglichkeit ist, die Ehe zu scheiden, ohne dass der andere am Termin teilnimmt. Das ist unter Umständen dann möglich, wenn er auf Vorladung nicht zum Termin erscheint und an einem ordnungs­gemäßen Verfahren offensichtlich nicht interessiert ist. Dieses Vorgehen ist zwar noch nicht durch ein höchst­rich­ter­liches Urteil rechtlich bestätigt, aber es gibt juristische Kommentare, auf die sich Famili­en­richter stützen könnten.

Man sollte allerdings seine Rechte in einem Scheidungs­ver­fahrens wahrnehmen. Auch durch eine eigene anwaltliche Vertretung.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen helfen,

Ihr Swen Walentowski.

Datum
Aktualisiert am
13.11.2015
Autor
Swen Walentowski
Bewertungen
7554
Themen
Echt Recht? Ehe Familie Scheidung

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