Lieber Peter S.,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich gern beantworte. Zunächst: Vier Jahre für eine Scheidung sind eine ungewöhnlich lange Zeit. Da ich Ihren Fall nicht im Detail kenne, werde ich an dieser Stelle allgemein einige der Faktoren nennen, die für lange Scheidungsprozesse verantwortlich sein können.
Ganz wichtig für die Dauer eines Scheidungsverfahrens ist, ob und welche Fragen zwischen den Ehegatten strittig sind. Zu den klassischen Streitthemen gehört die Frage, wie viel Unterhalt der eine dem anderen zahlen muss. Aber auch wenn etwa das Sorgerecht für die Kinder zwischen den Gatten umkämpft ist, kann sich eine Scheidung in die Länge ziehen.
Das kann natürlich auch der Fall sein, wenn einer der Ehegatten die Scheidung schlicht ablehnt. Dann muss der scheidungswillige Ehegatte oft mehrere Jahre auf das offizielle Ende seiner Ehe warten.
Müssen beide Ehegatten am Scheidungstermin teilnehmen?
Normalerweise kann sich ein Paar scheiden lassen, wenn es ein Jahr lang getrennt voneinander gelebt hat und beide in die Scheidung einwilligen. Stellt einer der Gatten nach Ablauf dieses Trennungsjahres einen Scheidungsantrag, lädt das Familiengericht die Gatten zu einer Anhörung, also dem Scheidungstermin. An diesem Termin müssen beide Gatten persönlich teilnehmen, es gibt nur wenige Ausnahmen von dieser Regel.
Wann kann man einen Scheidungstermin absagen?
Natürlich kann es immer Gründe geben, aus denen einer der Ehegatten den Scheidungstermin nicht wahrnehmen kann. Das kann der Fall sein, wenn der Ehegatte, einer seiner Angehörigen oder sein Rechtsbeistand erkrankt ist. Legitim könnte eine Absage auch sein, wenn der Scheidungstermin in einen lange geplanten Urlaub fällt.
In solchen Fällen unterliegt der absagende Gatte aber einer Nachweispflicht und muss belegen, warum er am Scheidungstermin nicht teilnimmt. Er muss dem Familiengericht also zum Beispiel ein ärztliches Attest vorlegen.
Findet der Scheidungstermin nicht statt, lädt das Familiengericht die Ehegatten zu einem späteren Zeitpunkt erneut vor. Doch wer auch diesen neuen Scheidungstermin absagt oder die Absage des ersten Termins nicht richtig begründen kann, kommt mindestens in Erklärungsnot. Mehr noch: Er könnte sich dem Verdacht aussetzen, zu taktieren und das offizielle Ende seiner Ehe bewusst hinauszuzögern.
Und dafür könnte es tatsächlich verschiedene Gründe geben. Ein Beispiel: Nach einer Trennung erhält der eine Ehegatte in der Regel Trennungsunterhalt vom anderen. Dieser Unterhalt entfällt nach einer Scheidung aber und wird durch nachehelichen Unterhalt ersetzt – aber nicht immer. Denn besonders seit der Reform des Unterhaltsrechts im Jahr 2009 steht nicht mehr jedem Ehegatten nachehelicher Unterhalt zu.
Nachehelicher Unterhalt entfällt auch dann, wenn man ihn beispielsweise in einem Ehevertrag ausgeschlossen hat.
In diesen Fällen könnte ein „blockierender“ Ehegatte davon profitieren, wenn seine Ehe nicht rechtskräftig geschieden wird – er könnte so länger Trennungsunterhalt bekommen.
Was kann das Familiengericht tun, wenn jemand den Scheidungstermin mehrmals absagt?
Gesetzlich geregelt ist es nicht, wie oft man einen Scheidungstermin absagen kann. Allerdings wird kaum ein Familiengericht vorgeschobene Gründe für Terminabsagen oder faule Ausreden eines Ehegatten hinnehmen. Es wird dann in der Regel eingreifen und „blockierende“ Ehegatten zur Raison bringen, und dafür stehen einem Gericht verschiedene Instrumente zur Verfügeng.
Je nachdem, wie der „verweigernde“ Ehegatte seine Absagen begründet, kann ein Familiengericht etwa ein amtsärztliches Attest verlangen. Möglich ist auch, ein Ordnungsgeld zu verhängen. Das Gericht kann auch einen Gerichtsvollzieher damit beauftragen, den Gatten beim Scheidungstermin vorzuführen.
Eine weitere Möglichkeit ist, die Ehe zu scheiden, ohne dass der andere am Termin teilnimmt. Das ist unter Umständen dann möglich, wenn er auf Vorladung nicht zum Termin erscheint und an einem ordnungsgemäßen Verfahren offensichtlich nicht interessiert ist. Dieses Vorgehen ist zwar noch nicht durch ein höchstrichterliches Urteil rechtlich bestätigt, aber es gibt juristische Kommentare, auf die sich Familienrichter stützen könnten.
Man sollte allerdings seine Rechte in einem Scheidungsverfahrens wahrnehmen. Auch durch eine eigene anwaltliche Vertretung.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen helfen,
Ihr Swen Walentowski.
- Datum
- Aktualisiert am
- 13.11.2015
- Autor
- Swen Walentowski