Besteht das gemeinsame Sorgerecht und sind sich getrennt lebende Eltern uneins über die Beschneidung der Kinder, kann die Mutter beantragen, dass ihr die Entscheidungsbefugnis in dieser Frage übertragen wird. So hat das Amtsgericht Düsseldorf einer Mutter das alleinige Entscheidungsrecht über die Frage der Beschneidung der Söhne zugesprochen. Immerhin waren die Eltern ursprünglich davon ausgegangen, dass die Kinder christlich erzogen werden. Es ist aber nicht notwendig, dass sämtliche Entscheidungen über die Frage der religiösen Erziehung auf die Mutter übertragen werden, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV).
Muslimische Beschneidung bei gemeinsamem Sorgerecht?
Die geschiedenen Eltern gehören unterschiedlichen Religionen an. Die Mutter ist Christin, der Vater Moslem. Sie haben das gemeinsame Sorgerecht. Die Eltern waren sich ursprünglich einig, dass die Kinder im christlichen Glauben erzogen werden. So meldeten sie eines der Kinder in einem katholischen Kindergarten an. Entgegen der eigentlichen Vereinbarung der Eltern nutzte der Vater nach der Trennung aber die Umgangskontakte, um den Kindern den muslimischen Glauben nahezubringen. In zwei Telefonaten kündigte er gegenüber der Mutter an, dass er die Kinder nun beschneiden lassen werde. Er begründete das damit, dass er die Kinder vor dem Fegefeuer bewahren wolle und im Übrigen die Mutter die falsche Religion habe.
Eilentscheidung: Frage der Beschneidung entscheidet die Mutter
In einer Eilentscheidung übertrug das Gericht die Entscheidungsbefugnis über die Beschneidung der Kinder auf die Mutter. Nach Ansicht des Gerichts entsprach dies am besten dem Kindeswohl. Da die Mutter bisher die Hauptbetreuungsperson der Kinder war, ging das Gericht davon aus, dass die Mutter besser geeignet sei, diese Entscheidung zu treffen. Die Kinder seien bisher im christlichen Glauben erzogen worden, und die Mutter beabsichtige, dies fortzusetzen. Bislang sei die Mutter allein zuständig dafür gewesen, die religiöse Erziehung in das tägliche Leben der Kinder einzubinden.
Sie wolle die Kinder weiterhin christlich erziehen und lehne die Beschneidung der Kinder ab. „Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Beschneidung eine endgültige Maßnahme darstellt, und der bisherigen Erziehung durch die christliche Mutter, entspricht es dem Wohl der Kinder, wenn die Mutter über die Frage der Beschneidung allein entscheidet“, führte das Gericht aus. Auch liege eine Gefährdung des Wohls der Kinder vor, wenn die noch kleinen Kinder ohne Begleitung der Hauptbetreuungsperson, hier der Mutter, beschnitten würden.
Antrag auf alleiniges Sorgerecht für alle religiösen Fragen abgelehnt
Vor dem Hintergrund des gemeinsamen Sorgerechts lehnte das Gericht aber den Antrag der Mutter ab, künftig über die religiöse Erziehung der Kinder allein zu entscheiden. Ebenso wurde der Antrag auf alleinige Entscheidungsbefugnis bei der Gesundheitsfürsorge abgelehnt. Dies sei nicht erforderlich, um dem Kindeswohl zu entsprechen.
Antrag auf gemeinsames Sorgerecht
Die DAV-Arbeitsgemeinschaft Familienrecht weist darauf hin, dass nach wie vor das gemeinsame Sorgerecht gemeinsam beantragt werden muss. Unabhängig von dem Vorliegen des gemeinsamen Sorgerechts kann später bei Uneinigkeit über einzelne Fragen mit Hilfe eines Gerichts entschieden werden (AZ: 269 F 58/14).
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- red/dpa