Anwältin/Anwalt suchen!

Merkzettel

Es befinden sich noch keine Anwälte in Ihrer Merkliste.

Kinderfreie Zonen

Dürfen Hotels und Cafés Kindern den Zutritt verweigern?

Nicht alle Menschen mögen es, wenn im Urlaub Kinder um sie sind. © Quelle: Caiaimage/Bradbury/gettyimages.de

Besonderes Marketing-Konzept oder Diskri­mi­nierung? Manche Hotels wollen nur erwachsene Gäste beherbergen und weigern sich, Kinder und Jugendliche dort übernachten zu lassen. Sind solche „kinder­freien Zonen“ in Hotels oder Cafés rechtlich eigentlich erlaubt?

Im vergangenen Jahr machte ein kleines Luxus-Hotel im branden­bur­gischen Bad Saarow Schlag­zeilen, als publik wurde, dass das Hotel sein Marketing-Konzept geändert hat. Danach dürfen dort keine Gäste mehr übernachten, die jünger als 16 Jahre alt sind.

Der Deutsche Hotel- und Gaststät­ten­verband bezweifelt, dass sich darin ein allgemeiner Trend hin zu mehr Adults Only-Angeboten in der Hotellerie abzeichnet. Und doch liest man immer wieder, dass Hotels und Hotelketten ihren Betrieb nach dem Marketing­konzept der kinder­freien Hotels organi­sieren. Im vergangenen Jahr kündigte etwa der britische Touris­tik­konzern Thomas Cook an, weltweit seine Adults Only-Angebote ausweiten zu wollen.

Doch abgesehen von der Frage, ob wir gerade einen Trend hin zu mehr Adults Only-Angeboten und damit zu einer immer stärkeren Trennung von Erwachsenen- und Kinderwelt erleben, stellt sich die Frage, ob der Ausschluss von Kindern und Jugend­lichen aus Hotels rechtlich erlaubt ist.

Die Antidis­kri­mi­nie­rungs­stelle des Bundes stuft Ho­te­l­-An­ge­bo­te mit ei­nem Min­de­stal­ter von 16 Jah­ren als möglichen Verstoß gegen das All­ge­mei­ne Gleich­be­hand­lungs­ge­setz (AGG) ein. Nach diesem Regelwerk, das auch als Antidis­kri­mi­nie­rungs­gesetz bekannt ist, darf niemand etwa wegen seines Geschlechts, seiner Religion oder seines Alters benach­teiligt werden.

Um pauschal Kinder aus Hotels auszuschließen, reicht es nach Ansicht der Antidis­kri­mi­nie­rungs­stelle nicht aus, auf deren möglichen Lärm zu verweisen. Besonders stört die Antidis­kri­mi­nie­rungs­stelle, dass wegen des Mindest­alters auch die Eltern der Kinder, die das Hotel als Familie besuchen wollten, benach­teiligt würden.

Kinderfreie Hotels: Familie klagt gegen Ausschluss und Alters­dis­kri­mi­nierung

Doch die Sichtweise der Antidis­kri­mi­nie­rungs­stelle teilen nicht alle. Im Jahr 2011 zum Beispiel hatte eine Familie gegen ein kinder­freies Hotel geklagt und Schadens­ersatz verlangt, denn sie sah im Ausschluss ihrer Kinder eine Verletzung des Allgemeinen Gleich­be­hand­lungs­ge­setzes.

Die Richter am Landgericht Hannover folgten dieser Argumen­tation aber nicht .Sie legten in ihrem 2013 ergangenen Urteil fest, dass es einem Hotelbe­treiber zustehe, sich seine Gäste auszusuchen. Das sei Teil seiner unterneh­me­rischen Vertrags­freiheit. Kinder hätten ein „gänzlich anderes Ruhe- und Erholungs­be­dürfnis“ als Erwachsene. Dies sei ein sachlicher Grund, der zu keiner Alters­dis­kri­mi­nierung führe (AZ: 6 O 115/12).

Ähnlich argumentiert auch der Rechts­anwalt Paul Degott vom Deutschen Anwalt­verein (DAV): „Der Hotelier hat das Hausrecht. Daher kann er verfügen, dass dort keine Kinder oder Jugend­lichen unter 16 oder 18 Jahre übernachten dürfen.“ Adults-Only-Angebote seien eine besondere Form der Spezia­li­sierung von Hotels, allein der Betreiber entscheide über das Konzept seines Hauses.

Der Reiserechts­experte Degott verweist darauf, dass es keinen Kontra­hie­rungszwang zwischen einem Hotel und einem Gast gibt. Im Privatrecht hat also niemand einen Anspruch darauf, mit einem Unternehmen wie einem Hotel einen Vertrag abzuschließen.

„Anders sieht es aber aus, wenn jemand zum Beispiel mit einem kommunalen Unternehmen wie einem Energie­ver­sorger einen Vertrag abschließen will“, sagt Rechts­anwalt Paul Degott. „Dabei handelt es sich um ein öffent­liches Unternehmen der Daseins­vorsorge, das niemanden abweisen darf. Daher besteht hier ein Anspruch auf einen Vertrag und darauf, gegen Entgelt mit Energie versorgt zu werden.“

Rechtliche Regeln: Dürfen Cafés und Lokale Kinder, Jugendliche oder stillende Mütter abweisen?

Vor einiger Zeit wurde ein Café ausgerechnet im kinder­reichen Berliner Bezirk Prenzlauer Berg dafür bekannt, dass es Poller vor seinen Eingang gestellt hatte, um Eltern mit Kinderwagen daran zu hindern, es zu betreten. Der Betreiber desselben Cafés verwies im vergangenen Jahr eine stillende Mutter aus seinen Räumen. Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich 2015 im Bordre­staurant eines ICEs: Das Personal verbot einer Mutter, ihrem Baby dort die Brust zu geben.

Inzwischen hat die abgewiesene Mutter aus dem Prenzlauer Berg eine Online-Petition gestartet. Darüber will sie ein Gesetz initiieren, dass Müttern das Stillen in der Öffent­lichkeit erlaubt – und umgekehrt verbietet, stillende Mütter zu diskri­mi­nieren. Rund 25.000 Menschen haben die Petition bislang unterzeichnet.

„Grundsätzlich hat ein Café-Betreiber das Hausrecht“, erklärt der Bochumer Rechts­anwalt Jürgen Widder von der Arbeits­ge­mein­schaft Famili­enrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV) die juristischen Regeln. „Dieses Recht erlaubt ihm, sich seine Gäste auszusuchen.“

Aber dieses Recht kann an seine Grenzen stoßen. So dürfen etwa Cafés, Diskotheken oder Clubs niemanden nur aufgrund seiner Herkunft oder Hautfarbe abweisen. Denn dies wäre ein Verstoß gegen das All­ge­mei­ne Gleich­be­hand­lungs­ge­setz.

„Allerdings ist fraglich, ob das Hinaus­weisen einer stillenden Mutter ein Verstoß gegen das Gleich­be­hand­lungsgebot darstellt“, sagt Rechts­anwalt Jürgen Widder. „Denn die Frau wird nicht wegen ihres Geschlechts verwiesen, es ist also keine geschlechts­spe­zi­fische Diskri­mi­nierung. Die Frau wird des Cafés verwiesen, weil sie sich in einer für viele unpassenden Weise in einem öffent­lichen Raum entblößt.“

Beim Thema stillende Mütter in der Öffent­lichkeit prallen viele gegensätzliche Interessen aufeinander: zum einen das Interesse von Frauen, die nach der Geburt ihres Babys weiter am gesell­schaft­lichen Leben teilnehmen wollen, zum anderen das Interesse derjenigen, die sich durch eine öffentlich gezeigte sehr intime Handlung, dem Stillen, gestört fühlen.

Diesen Konflikt könnten vielleicht pragma­tische Lösungen beilegen. Denkbar wäre zum Beispiel, wenn es die Räumlich­keiten erlauben, spezielle Still-Ecken in Cafés oder Restaurants einzurichten, in denen Mütter, geschützt vor den Blicken anderer, stillen können.

Datum
Aktualisiert am
27.04.2016
Autor
ime
Bewertungen
3325
Themen
Familie Hotel Jugendliche Kinder

Zurück

Anwältin/Anwalt finden!
zur
Startseite