Zunächst ist wichtig: Auch bei einer einvernehmlichen Ehescheidung muss das Trennungsjahr eingehalten werden. Wenn sich beide Parteien einig sind, dass das Trennungsjahr stattgefunden hat und dies so auch dem Richter sagen, gilt das als gegeben.
Nur ein Anwalt bei einvernehmlicher Scheidung?
Bei jeder Scheidung besteht Anwaltszwang. Das heißt, der Scheidungsantrag muss von einem Anwalt beim Familiengericht eingereicht werden. In der Regel lässt sich jede Partei von einem eigenen Anwalt vertreten. Bei einer einvernehmlichen beziehungsweise unstreitigen Scheidung genügt es theoretisch, wenn nur einer der Ehepartner einen Anwalt beauftragt. Stimmt die Gegenseite der Scheidung zu, kann die Ehe geschieden werden. Das Gericht spricht dann lediglich die Scheidung per Beschluss aus und muss von Amts wegen die Rentenansprüche regeln, das bedeutet den Versorgungsausgleich.
Anwaltliche Beratung für beide Parteien sinnvoll
Über die restlichen Folgesachen können sich beide Parteien im Vorfeld einigen. Die Vereinbarungen, die sie treffen, können in einer Scheidungsfolgenvereinbarung festgehalten werden. Sie kann dabei helfen, Streit und Kosten zu vermeiden beziehungsweise zu reduzieren. Wird die Vereinbarung von den Ehepartnern untereinander geschlossen, bezeichnet man sie als privatrechtlich.
Die wichtigsten Aspekte auf diese Art zu klären scheint vielen die bessere, da kostengünstige Möglichkeit zu sein – zu empfehlen sie jedoch nicht. Denn auch wenn sich beide Partner darüber einig sind, wer zum Beispiel welchen Anteil des Vermögens beansprucht, bei wem die Kinder leben sollen und wer die Kinder wann sehen darf, kann es schnell passieren, dass etwas vergessen wird.
Denn eine Scheidung hat langfristige finanzielle und den Versicherungsschutz betreffende Folgen, die viele Scheidungswillige nicht in vollem Umfang überblicken können. Wenn sich beide Seiten von einem Anwalt beraten lassen, kann eine Scheidungsfolgenvereinbarung ausgehandelt werden, die alle wichtigen Aspekte abdeckt und keinen Partner benachteiligt.
„Auch bei einer einvernehmlichen Scheidung sollten sich die Ehepartner im Vorfeld separat von einem Anwalt beraten lassen“, erklärt Dr. Undine Krebs, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht vom Deutschen Anwaltverein (DAV). Häufig stelle sich in so einem Gespräch heraus, dass Aspekte geregelt werden müssen, die die Ehepartner gar nicht im Blick hatten. Dazu zählt die Frage, wer ein Darlehen abbezahlt oder wie Steuerrückerstattungen aufgeteilt werden sollen.
Zeigt sich erst im Nachhinein, dass eine Partei einen Aspekt vergessen hat, kann sich die Gegenseite möglicherweise auf Verjährung berufen. „Der Anspruch auf Zugewinnausgleich verjährt zum Beispiel drei Jahre nach der Scheidung“, warnt Dr. Undine Krebs. „Wer also vertraglich keine andere Lösung vereinbart hat, sollte den entsprechenden Antrag nach der Scheidung zeitnah stellen. Zeit kann in diesem Fall Geld sein – im wahrsten Sinne des Wortes.“
Das Ziel: bestmögliche Lösung für jede Partei
Auch wenn ein scheidungswilliges Ehepaar an alles gedacht hat – vielfach sind auch andere Lösungen möglich, die für beide vorteilhafter sind. Das betrifft zum Beispiel Regelungen rund um Rentenansprüche. Vielen fehlt das spezifische Fachwissen, um in diesen Aspekten die für beide Parteien langfristig effektivste Lösung zu finden.
Vereinbarungen teilweise nur mit Notar oder vor Gericht möglich
Hinzu kommt: Nicht alle Folgesachen lassen sich auf diese Art regeln. Dr. Undine Krebs, erklärt: „Privatschriftliche Vereinbarungen zum Beispiel über den Zugewinn und den nachehelichen Unterhalt sind formunwirksam. Sie müssen notariell beglaubigt oder gerichtlich protokolliert werden, damit sie rechtlich bindend sind. Regelungen zur Aufteilung des Hausrats oder dem Umgang mit den Kindern bedürfen keiner besonderen Form.“
Auch nicht alle Vereinbarungen können ohne Weiteres beim Notar wirksam geregelt werden. Das gilt zum Beispiel, wenn eine Partei komplett auf Versorgungsausgleich verzichten will. Ob eine solche Vereinbarung zulässig ist, muss das Familiengericht prüfen.
Vorsicht vor Online-Scheidung
Ein Scheidungsantrag kann auch im Internet gestellt werden. Das klingt praktisch und bei einer einvernehmlichen Scheidung besonders sinnvoll. Dr. Undine Krebs mahnt jedoch zur Vorsicht: „Die Kosten für eine Online-Scheidung sind nahezu immer die gleichen wie bei einer herkömmlichen Scheidung. Was wegfällt, ist die anwaltliche Beratung. Der Mandant erhält unterm Strich also weniger.
Fazit: Wer sicher sein will, dass er bei der Scheidung an alles gedacht hat, und vermeiden möchte, dass es im Nachhinein zu bösen Überraschungen kommt, sollte sich rechtzeitig von einem Anwalt beraten lassen – auch bei einer einvernehmlichen Scheidung.
- Datum
- Aktualisiert am
- 15.01.2018
- Autor
- vhe