Es ist eine heikle Frage: Darf man das Kind seines Partners adoptieren, obwohl man seinen leiblichen Kindern Unterhalt schuldet? Schließlich kann sich deren Unterhalt durch eine Stiefkindadoption verringern.
Zu dieser Frage hat das Oberlandesgericht Köln entschieden: Wirkt sich die Stiefkindadoption auf den Unterhaltsanspruch der leiblichen Kinder nur gering aus, steht dies der Adoption eines Kindes nicht entgegen (Entscheidung vom 2. Dezember 2014; AZ: 4 UF 90/14). Über den Fall, der der Entscheidung zugrunde liegt, berichtet die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Anspruch leiblicher Kinder auf Unterhalt und Adoption eines Kindes
Ein Mann hat mit seiner geschiedenen Frau zwei Töchter, die bei der Mutter leben. Er muss 105 Prozent des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe zahlen. Inzwischen ist er erneut verheiratet und lebt mit seiner Ehefrau und deren beiden Kindern in einem Haushalt zusammen. Die Tochter der zweiten Frau ist mittlerweile volljährig. Der Mann wollte den Sohn seiner Frau adoptieren. Die Zustimmung des leiblichen Vaters zu dieser Stiefkindadoption Vaters lag vor.
In dem Verfahren erklärten die leiblichen Kinder, dass sie mit der Adoption nicht einverstanden seien. Sie befürchteten Nachteile für sich in ihrer Beziehung zu ihrem Vater. Auch ihre Unterhaltsansprüche seien betroffen.
Gericht: Stiefkindadoption trotz bestehender Unterhaltspflichten möglich
Der Mann darf sein Stiefkind adoptieren, entschied das Gericht. Die Voraussetzungen für eine Adoption lägen vor: Seit Jahren bestehe eine familiäre Gemeinschaft mit dem Stiefsohn. Der Sohn habe sich auch deutlich von seinem leiblichen Vater distanziert. Zwischen dem Mann und seinem Stiefsohn bestehe ein Eltern-Kind-Verhältnis.
Das Gericht ging zwar auch davon aus, dass die Interessen der leiblichen Töchter des Mannes der Adoption entgegenstehen. Die Richter meinten allerdings, dass diese Interessen nicht das Interesse an der Adoption des Stiefkindes überwögen. Zwar litten die Kinder durch den Kontaktabbruch des Vaters. An der Verpflichtung des Mannes zum Umgang mit seinen beiden leiblichen Töchtern ändere sich durch die Adoption des Kindes nichts.
Faktisch sei es auch so, dass seit Jahren kein Kontakt zwischen dem Vater und seinen Töchtern bestehe. „Der Kontaktabbruch ist Folge des Umstandes, dass die Ehe mit der Mutter seiner beiden Töchter gescheitert ist, er inzwischen erneut verheiratet ist und mit seiner Ehefrau und deren Kindern zusammen lebt. Hieraus und nicht aus der Adoption folgt die Entfremdung." Auch hätten die Kinder resigniert festgestellt, dass sich das Verhalten ihres Vaters ihnen gegenüber „so oder so“ nicht mehr ändern würde.
Kind adoptieren: Auswirkungen auf den Kindesunterhalt nur gering
Für das Gericht waren auch die Auswirkungen auf den Kindesunterhalt der leiblichen Töchter durch die Stiefkindadoption nicht so gewichtig, dass sie sie deswegen als unzulässig angesehen hätten.
Bei einer Stiefkindadoption könnten die Unterhaltsinteressen der leiblichen Kinder ein solches Gewicht erlangen, dass sie die Adoption eines Kindes verhinderten. Beispielsweise dann, wenn die leiblichen Kinder in Folge der Adoption Sozialhilfe in Anspruch nehmen müssten.
Das bedeute aber, dass die Auswirkungen erheblich und spürbar sein müssten. Dies sei hier eben nicht der Fall, entschied das Gericht. Der Unterhaltsanspruch der leiblichen Kinder reduziere sich durch die Adoption von 105 Prozent des Mindestunterhalts auf 100 Prozent. Hinzu käme gegebenenfalls eine Herabstufung in der Düsseldorfer Tabelle um eine Stufe. Praktisch bedeute das, dass sich der Unterhalt von derzeit 356 Euro pro Monat und Kind auf 334 Monat verringere. Das sei zwar spürbar, die Lebensführung beeinträchtige das aber nicht erheblich. Eine Adoption sei daher nicht zu untersagen.
Auch bei einer Adoption sollte man sich Hilfe von einem Anwalt für Familienrecht holen – nicht nur dann, wenn die Adoption eines Kindes rechtliche Auswirkungen auf den Unterhalt der leiblichen Kinder hat.
- Datum
- Aktualisiert am
- 08.03.2016
- Autor
- DAV