Das Gericht hat mit Beschluss vom 13.5.2013 (AZ.: 2 WF 82/13) entschieden, dass derjenige, der Anspruch auf Kindesunterhalt hat und diesen über einen längeren Zeitraum nicht einfordert, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre, nach mehr als einem Jahr kein Recht mehr hat, Unterhalt einzufordern, der länger als ein Jahr zurückliegt. Damit gelten länger zurückliegende rückständige Unterhaltsansprüche als verwirkt.
In dem entschiedenen Fall hatte ein geschiedener Vater im Jahr 2006 eine Jugendamtsurkunde erstellen lassen, an seinen minderjährigen Sohn Unterhalt zu bezahlen. Obwohl er den Unterhalt nicht bezahlt hat, hat seine geschiedene Frau aber von 2006 bis 2011 keine Vollstreckung aus der Jugendamtsurkunde eingeleitet, obwohl sie dazu in der Lage gewesen wäre.
Andere Gerichte urteilten bereits ähnlich
Das Gericht ist der Auffassung, dass rückständiger Unterhalt grundsätzlich der Verwirkung unterliegen kann, wenn sich seine Geltendmachung unter dem Gesichtspunkt illoyal verspäteter Rechtsausübung als unzulässig herausstellt. Voraussetzung sei, dass der Berechtigte sein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht habe (sog. Zeitmoment) und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und sich darauf eingerichtet hat, dieser werde sein Recht auch künftig nicht mehr geltend machen (sog. Umstandsmoment). Dies hatte bereits der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 23.10.2002 (AZ.: XII ZR 266/09) für andere in Vergangenheit fällig gewordene Ansprüche entschieden.
Von einem Unterhaltsgläubiger, der lebensnotwendig auf Unterhaltsleistungen angewiesen ist, muss eher als von einem Gläubiger anderer Forderungen erwartet werden, dass er sich zeitnah um die Durchsetzung der Ansprüche bemüht. Andernfalls könnten Unterhaltsrückstände zu einer erdrückenden Schuldenlast anwachsen, so der überzeugende Beschluss des BGH vom 10.12.2003 (AZ: XII ZR 155/01).
Einkommen ist im Nachhinein schwer aufzuklären
Das Oberlandesgericht Brandenburg hatte in seinem Beschluss vom 25.11.2011 (AZ.: 13 W 129/11) ebenso entschieden. Es war der Auffassung, dass die für die Bemessung des Unterhalts maßgeblichen Einkommensverhältnisse der Beteiligten nach längerer Zeit oft nur schwer aufklärbar wären. Auch im Falle der Titulierung künftig fällig werdender Unterhaltsforderungen kann das Zeitmoment bereits nach dem Verstreichenlassen einer Frist von etwas mehr als einem Jahr als erfüllt anzusehen sein.
Etwas anderes gelte allerdings, wenn Vollstreckungsversuche angesichts der finanziellen Situation des Schuldners voraussichtlich erfolglos geblieben wären. In diesem Falle sei das Umstandsmoment regelmäßig zu verneinen.
Fazit: Liegt Ihnen ein Vollstreckungstitel wegen Kindes- oder Ehegattenunterhalt vor, sollten Sie auch vollstrecken. Vollstrecken Sie längere Zeit nicht aus rückständigen Unterhaltsansprüchen, verwirken Sie das Recht, Zahlungen zu fordern, die länger als ein Jahr zurückliegen.
Viola Lachenmann ist Fachanwältin für Familienrecht und berät zudem als Fachanwältin für IT-Recht im Internetrecht, Softwarerecht, Urheberrecht und Datenschutzrecht. Sie betreibt einen eigenen Blog, der unter www.kanzlei-lachenmann.de/blog aufzurufen ist. Für die Deutsche Anwaltauskunft bloggt Frau Lachenmann regelmäßig zum Thema Familienrecht.
- Datum
- Aktualisiert am
- 27.06.2014
- Autor
- Viola Lachenmann