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Ehe und Familie

Brautgabe steht nicht im Einklang mit Grundgesetz

Ist eine Morgengabe mit der Freiheit von Eheschließung und Ehe vereinbar? © Quelle: flickr/Varin, CC BY 2.0

Es widerspricht den guten Sitten, eine Morgengabe zu vereinbaren. Solche Morgengaben gelten manchmal als „Gegenleistung“ dafür, dass die Frau die „ehelichen Pflichten“ erfüllt und sollen sie im Falle einer Trennung absichern.

Einen ungewöhn­lichen Fall hatte das Amtsgericht Darmstadt vor kurzem zu entscheiden: Ein Ehepaar hatte bei seiner Heirat im Iran als Brautgabe unter anderem einen Koran vereinbart, 100.000.000 Rial als Brautgeld, zwei Anteile eines Hauses, 650 Azadi Goldmünzen und 100 Meshgal Gold. Diese Gaben hatte das Paar in einer notariellen Heirats­urkunde festgelegt.

Die Brautgabe sollte der Mann seiner Frau in dem Fall zahlen, dass sich das Paar trennt. Gedacht war diese Gabe als „Gegenleistung“ dafür, dass die Frau ihre „ehelichen Pflichten“ erfüllt, darunter den Vollzug der Ehe, aber auch, um die Frau nach einer Trennung zu versorgen. Dem Paar war bewusst, dass dieser Anspruch auf die Brautgabe im Iran in aller Regel durchgesetzt wird und häufig zu Gefäng­nis­auf­ent­halten führt.

Als das mittlerweile in Deutschland lebende Ehepaar sich scheiden ließ, forderte die Frau von ihrem Mann die 650 Azadi Goldmünzen und 100 Meshgal Gold, umgerechnet über 180.000 Euro insgesamt. Der Mann wollte aber nicht zahlen und argumen­tierte: Er habe seine Pflichten übererfüllt, denn er habe der Frau Gold und Grundstücks­anteile gegeben. Außerdem habe seine Frau ihn betrogen.

Kein Geld für Vollzug der Ehe

Die Frau klagte. Doch sie scheiterte mit ihrer Forderung vor dem Amtsgericht Darmstadt. Der im Iran geschlossene Vertrag sei nichtig, entschieden die Richter. Die Verein­barung, für den Vollzug der Ehe eine hohe Geldsumme zu zahlen, sei nicht mit dem Grundgesetz in Einklang zu bringen, das Ehe und Familie unter besonderen Schutz stelle. Außerdem widerspreche die Verein­barung dem Grundsatz der Freiheit von Eheschließung und Ehe. Denn die in Aussicht gestellte Geldsumme schränke diese Freiheit erheblich ein. Sie „entspricht nicht dem Anstands­gefühl aller billig und gerecht Denkenden und widerspricht somit den guten Sitten“, so das Gericht.

Freiheit der Eheschließung versus Toleranz gegenüber anderen Kulturen

Diese Freiheit konkurriere allerdings mit der ebenfalls vom Grundgesetz geschützten Toleranz gegenüber anderen Kulturen und Sitten. Freiheit und Toleranz seien daher miteinander in Ausgleich zu bringen. Dabei dürfe keiner der Werte derart zurück­ge­drängt werden, dass er faktisch nicht mehr bestehe. Werde die Freiheit also erheblich beeinträchtigt, müsse die Gepflo­genheit, die sie beeinträchtige, wiederum zurück­ge­drängt werden.

Durch die in Aussicht gestellte Summe werde die Freiheit der Ehe erheblich eingeschränkt. Zwar habe das Geld die wichtige Aufgabe, die Ehefrau abzusichern, doch gebe es hierfür viele andere rechtliche Möglich­keiten. Außerdem widerspreche die Verein­barung auch der Freiheit der Ehescheidung. Denn das Recht, frei und unabhängig von äußeren Einflüssen darüber zu entscheiden, wann man sich trennen möchte, sei ein Freiheitsrecht. Die Aussicht, dass mit der Scheidung ein hoher Geldbetrag zu zahlen sei, schränke diese Freiheit jedoch ein (AZ: 50 F 366/13 GÜ).

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Datum
Aktualisiert am
08.10.2014
Autor
red/dpa
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Themen
Ehe Familie Migration Scheidung Trennung

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