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Familienrecht-Blog

OLG Karlsruhe ohne Gnade für allein­er­ziehende Mütter

Alleinerziehende Mütter und Väter eines behinderten Kindes sind enormen zeitlichen und seelischen Belastungen ausgesetzt. © Quelle: Kneschke/panthermedia.net

Unterbrechung des Studiums wegen der Geburt und nachfol­genden Betreuung eines behinderten Kindes durch die nichteheliche Mutter rechtfertigt nicht den Anspruch auf Verlän­gerung des Betreu­ungs­un­terhalts. Diese Ansicht vertritt zumindest das Oberlan­des­gericht (OLG) Karlsruhe in seiner Entscheidung vom 28.4.2014 (Az: 2 UF 238/13).

Das Gericht hat entschieden, dass kein eltern­be­zogener Umstand vorliegt, der es rechtfertigen würde, der nichtehe­lichen Mutter länger als drei Jahre aus Billig­keits­gründen Betreu­ungs­un­terhalt zu gewähren. Auch die Tatsache, dass der Vater - entgegen der Mutter - sein Studium in der Zeit beenden konnte und das Kind schwer­be­hindert ist, rechtfertige keine andere Entscheidung.

Seit der Unterhalts­rechts­rechts­reform zum 1.1.2008 wird Betreu­ungs­un­terhalt (unabhängig vom Kindes­un­terhalt) für ein Kind gemäß § 1615 l BGB nur noch in den ersten drei Lebens­jahren des Kindes geschuldet. Möchte eine Mutter nach dieser Zeit weiter Betreu­ungs­un­terhalt, muss dies der „Billigkeit“ entsprechen, d. h. sie muss vortragen können, dass es ihr aus kindes- und/oder eltern­be­zogenen Gründen nicht möglich ist, für ihren Lebens­un­terhalt zu sorgen.

Nach Auffassung des OLG Karlsruhe liegt ein kindes­be­zogener Grund nicht vor, da das behinderte Kind von 9 bis 15 Uhr in einer Einrichtung betreut werde. In dieser Zeit könne die Mutter einer Teilzeit­be­schäf­tigung nachgehen.

Ein eltern­be­zogener Grund liege ebenfalls nicht vor, obwohl die Mutter wegen der Geburt des Kindes das Studium unterbrechen musste, dagegen der Vater sein Studium beenden konnte. Die Eltern hätten nicht zusammen gelebt, sodass kein Vertrau­en­s­tat­bestand für die Mutter geschaffen worden wäre, woraus sie hätte schließen können, dass sie durch eine gemeinsame Lebens­führung mit dem Vater des Kindes abgesichert wäre.

Das OLG Karlsruhe erkannte zwar an, dass die Mutter auch nach der Betreuung des Kindes in einer Kinder­ta­ges­stätte von 9 bis 15 Uhr einen überdurch­schnittlich hohen Betreu­ungs­aufwand leiste, der die Aufnahme einer Vollzeit­stelle in keinem Falle rechtfertige. Der Mutter sei aber zuzumuten, in der Zeit, in der das Kind fremdbetreut werde, einer Teilzeit­be­schäf­tigung nachzugehen. Ein über das dritte Lebensjahr hinaus­ge­hender Betreu­ungs­un­terhalt sei daher nicht geschuldet.

Das OLG Karlsruhe hat zur Sicherung einer einheit­lichen Rechtsprechung immerhin eine Rechts­be­schwerde zum Bundes­ge­richtshof (BGH) zugelassen, weil das OLG Nürnberg in einer ähnlichen Konstel­lation Betreu­ungs­un­terhalt wegen Billigkeit zumindest für die Zeit zugesprochen hatte, in der sich das Studium durch die Geburt und Betreuung des Kindes verzögert hatte.

Es ist zu hoffen, dass der BGH dieses harte Urteil aus Karlsruhe aufhebt und eine klare Entscheidung für den Elternteil trifft, der wegen der Betreuung eines schwer behinderten Kindes nur in Teilzeit arbeiten kann. Es ist in der Entscheidung des OLG Karlsruhe nicht ersichtlich, dass das Gericht die enorme zeitliche und seelische Belastung ausreichend bewertet hat, die der Mutter eines Kindes mit Down-Syndrom ausgesetzt ist – ganz abgesehen von den fehlenden Zeiten in der Renten­ver­si­cherung.

Viola Lachenmann ist Fachan­wältin für Famili­enrecht und berät zudem als Fachan­wältin für IT-Recht im Internetrecht, Softwarerecht, Urheberrecht und Datenschutzrecht. Sie betreibt einen eigenen Blog, der unter www.kanzlei-lachenmann.de/blog aufzurufen ist. Für die Deutsche Anwalt­auskunft bloggt Frau Lachenmann regelmäßig zum Thema Famili­enrecht.

Datum
Aktualisiert am
27.06.2014
Autor
Viola Lachenmann
Bewertungen
3260
Themen
Erziehung Kinder Unterhalt

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