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Famili­enrecht

Umgangsrecht: Einschränkung bei Drogen­konsum eines Elternteils?

Auch bei Drogenkonsum eines Elternteils muss in Sachen Umgangsrecht abgewogen werden. © Quelle: iordani/fotolia.de

Die Drogen­ab­hän­gigkeit von Vater oder Mutter kann das Kindeswohl gefährden. Rechtfertigt möglicher Drogen­konsum eines Elternteils, dass dessen Umgangsrecht mit dem Kind eingeschränkt wird? Die Rechts­praxis zeigt: Es hängt vom Einzelfall ab.

Erforderlich ist in solchen Fällen eine Gefahren­ein­schätzung anhand der konkreten Umstände. Darüber informiert die Arbeits­ge­mein­schaft Famili­enrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) und verweist auf eine Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Dresden vom 6. September 2016 (AZ: 18 UF 342/16).

Umgangsrecht: Kindes­wohl­ge­fährdung durch Umgang mit drogen­ab­hängigem Elternteil?

Im vorlie­genden Fall begann die Frau Crystal Meth zu konsumieren, kurz nachdem ihr Sohn geboren war. Der Junge lebte bei seiner Mutter. Als das Kind vier Jahre alt war, trennte sich die Frau vom Vater des Jungen, mit dem sie aber nie zusammen­gelebt hatte. In derselben Zeit nahm sie die Unterstützung des Jugendamts und einer Drogen­be­ra­tungs­stelle in Anspruch. Als sie eine stationäre Langzeit­therapie antrat, zog das Kind zum Vater. Der Kontakt zur Mutter blieb jedoch bestehen, das Kind übernachtete auch immer wieder bei ihr.

Als sie nach Ende der Therapie mit dem Vater ihres Kinds abklären wollte, wie das Umgangsrecht aussehen solle, erwirkte der Vater über eine einstweilige Anordnung eine Übertragung des Aufent­halts­be­stim­mungs­rechts auf sich, was das Famili­en­gericht bestätigte. Die Richter ordneten einstweilen einen Umgang des Kinds mit seiner Mutter alle zwei Wochen von Mittwoch bis Montag an.

Drogen­ab­hän­gigkeit: Regeln für getrennte Eltern und unbegleiteten Umgang mit dem Kind

Das Jugendamt legte fest, dass die Mutter vor jedem Umgang einen Drogentest durchzu­führen habe. Vor einem der Umgangs­termine erschien die Mutter nicht zum Drogentest und holte das Kind aus dem Kinder­garten ab. Ein später durchge­führter Test war positiv. Auf Veranlassung des Jugendamts wurde das Kind daraufhin umgehend aus dem Haushalt der Mutter entfernt und dem Vater übergeben.

Doch schon am darauf­fol­genden Tag, in der mündlichen Verhandlung zum Umgangsrecht, bestätigte das Famili­en­gericht den unbegleiteten Umgang von Mittwoch bis Montag und übergab hierfür das anwesende Kind an die Mutter. Es sei nicht zu erwarten, dass das Kind bei der Frau Schaden nehmen werde, so die Richter.

Vater und Jugendamt wandten sich gegen den unbegleiteten Umgang. Wenn es keine Möglich­keiten gebe, so das Jugendamt, den Clean-Status der Mutter vor dem Umgang festzu­stellen, sei eine Kindes­wohl­ge­fährdung nicht einschätzbar. Das knapp sechsjährige Kind gehöre zur Hochri­si­ko­gruppe der 0 bis 6-Jährigen. Der Drogen­konsum der Frau stelle eine latente Gefahr dar, zu denken sei an Entzugs­er­schei­nungen, Wahnvor­stel­lungen oder Beschaf­fungsdruck. Es müsse daher die Sicherheit des Kinds durch geeignete Maßnahmen gewähr­leistet werden. 

Die Mutter argumen­tierte, sie habe sich unabhängig von ihrer Drogen­krankheit stets um ihr Kind gekümmert. Es habe nie Betreu­ungs­de­fizite gegeben und werde sie auch in Zukunft nicht geben. Die Frau lebte in einer neuen Beziehung in einem gemeinsamen Haushalt. Ihr Lebens­ge­fährte, selbst Vater eines sechsjährigen Sohns, nimmt keinerlei Drogen.

Die Beschwerde des Jugendamts blieb ohne Erfolg. Das Oberlan­des­gericht sah keine Hinweise für eine Kindes­wohl­ge­fährdung bei einem mehrtägigen Aufenthalt im Haushalt der Mutter. „Dann aber ist für eine Beschränkung des Umgangs­rechts der Mutter kein Raum“, so die Richter.

Elternrecht: Umgangsrecht mit Kind verfas­sungs­rechtlich geschützt

Die Richter erläuterten auch den hohen Rang des Eltern­rechts für die Elternteile: Das Umgangsrecht des Elternteils, bei dem ein Kind nicht seinen dauernden Aufenthalt hat, wurzele im Elternrecht und sei verfas­sungs­rechtlich geschützt. Es soll dem Elternteil ermöglichen,

  • sich vom körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung fortlaufend persönlich zu überzeugen.
  • die verwandtschaftlichen Beziehungen aufrechtzuerhalten
  • einer Entfremdung vorzubeugen
  • dem gegenseitigen Liebesbedürfnis Rechnung zu tragen.

In der Regel gehe man davon aus, dass der persönliche Umgang mit beiden Eltern­teilen dem Kindeswohl entspreche. Im vorlie­genden Fall komme dem Umgangsrecht in Form eines regelmäßigen und auch längeren Aufenthalts bei der Mutter eine besondere Bedeutung für die Bindungen des Kindes zu.

Die Frau räume selbst ein, an einem „Abhängig­keits­syndrom durch psychotrope Substanzen“, also Rausch­mittel, erkrankt zu sein. Ob sie derzeit Drogen nehme, sei nicht sicher. Sie selber bestreite es. Sie absolviere jedenfalls eine Therapie und sei angebunden an eine Suchtbe­ratungs- und Suchtbe­hand­lungs­stelle.

Umgangsrecht: Kindes­wohl­ge­fährdung durch Drogen­konsum der Mutter?

Die Drogen­krankheit der Frau stelle grundsätzlich eine abstrakte Einschränkung ihrer Fähigkeit dar, sich um das Kind zu kümmern, und könne eine Kindes­wohl­ge­fährdung mit sich bringen. Allerdings dürfe man einem Elternteil nicht eine Beschränkung des Umgangs­rechts allein aufgrund einer abstrakten Gefahren­ein­schätzung auferlegen.

Zwar mögen Drogen und Kindes­wohl­ge­fährdung nicht selten miteinander einhergehen. Es bedürfe aber in jedem Fall einer umfassenden, auf den Einzelfall bezogenen Prüfung, ob im konkreten Fall aufgrund des Drogen­konsums eine Gefahr für das Kind zu befürchten sei. Im Verhältnis des Jungen zu seiner Mutter sehe der Senat eine solche konkrete Gefahr für eine Kindes­wohl­ge­fährdung nicht. Zu keiner Zeit, also weder vor, während noch nach der Therapie, habe es Hinweise auf eine Kindes­wohl­ge­fährdung gegeben.

Die angesprochene abstrakte Gefährdung während des Umgangs mit der Mutter werde zudem noch durch weitere Umstände gemindert: So besuche das Kind auch in der Zeit, die er bei seiner Mutter verbringt, regelmäßig den Kinder­garten. Auch der Kinder­garten habe keinerlei Hinweise darauf, dass es dem Kind an etwas fehle. Der Junge sei pünktlich gebracht und abgeholt worden und habe keinerlei Besonder­heiten erkennen lassen.

Betroffene sollten sich in jedem Fall anwaltlich beraten lassen, um ihre Interessen und die des Kindes bei juristischen Ausein­an­der­set­zungen bestmöglich durchsetzen zu können.

Datum
Aktualisiert am
27.09.2017
Autor
DAV/red
Bewertungen
88641
Themen
Alkohol Familie Sorgerecht Trennung Umgangsrecht

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