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Familien

Kindergeld im Ausland: Welche Ansprüche haben Eltern?

Lebt eine Familie für eine längere Zeit im Ausland, können die Eltern oft dennoch Kindergeld bekommen. © Quelle: Laurence Mouton/PhotoAlto/Gettyimages.de

Das ganze Leben lang an einem Ort zu bleiben ist für immer weniger Familien eine Option. Sei es aus beruflichen Gründen oder schlicht, um eine Zeit im Ausland zu verbringen: Immer mehr Familien ziehen in andere Länder um. Ebenfalls kommt es vor, dass die Eltern sich trennen und ein Elternteil mit den Kindern in ein anderes Land zieht. Kann man auch im Ausland Kindergeld bekommen?

Mütter und Väter haben mehr Ausgaben als Kinderlose. Sie werden deswegen vom Staat finanziell entlastet, unter anderem mit dem Kindergeld. Auch Familien oder Elternteile, die im Ausland leben, können Anspruch darauf haben. Die Anwalt­auskunft fasst die wichtigsten Fakten zum Kindergeld im Ausland für die drei gängigsten Konstel­la­tionen zusammen.

Ob in Deutschland oder im Ausland: Kindergeld wird von der Famili­enkasse gezahlt. Eltern beziehungsweise Erziehungs­be­rechtigte können entweder steuerlich von einem Kinder­frei­betrag profitieren oder Kindergeld als Sozial­leistung erhalten. Der Anspruch auf Kindergeld ergibt sich also entweder nach dem Einkom­men­steu­er­gesetz (EStG) oder nach dem Bundes­kin­der­geld­gesetz (BKGG). Reicht man eine Steuer­erklärung ein, vergleicht das Finanzamt automatisch, welche Finanzhilfe für die Eltern günstiger ist. Dies ist wiederum vom Einkommen abhängig.

1. Fall: Familie lebt dauerhaft im Ausland

Auch wer dauerhaft im Ausland lebt, kann deutsches Kindergeld bekommen. Ob ein Anspruch besteht, hängt vom unter anderem vom steuer­lichen Status der Eltern ab. „Leben deutsche Staats­an­ge­hörige vorüber­gehend oder länger­fristig im Ausland, kommt es darauf an, ob sie in Deutschland noch unbeschränkt einkom­men­steu­er­pflichtig sind oder entsprechend behandelt werden“, erklärt Rechts­anwalt Prof. Ronald Richter, Mitglied des Geschäfts­füh­renden Ausschusses der Arbeits­ge­mein­schaft Sozialrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV). Sei das der Fall, erhielten sie Kindergeld nach EStG.

Beschränkt steuer­pflichtig in Deutschland: Kindergeld im Ausland nach BKGG

Wer in Deutschland nicht unbeschränkt steuer­pflichtig ist, kann im Ausland in manchen Fällen ebenfalls Kindergeld erhalten. „Kindergeld ist dann eine Sozial­leistung nach dem BKGG“, erklärt der Rechts­anwalt aus Hamburg. Dazu müssten allerdings einige Voraus­set­zungen erfüllt sein. So muss der Antrag­steller:

  • in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit stehen, also arbeitssuchend sein,
  • als Entwicklungshelfer oder Missionar tätig sein,
  • als Beamter eine bei einer Einrichtung außerhalb Deutschlands zugewiesene Tätigkeit ausüben,
  • als Ehegatte oder Lebenspartner eines NATO-Truppenmitglieds in Deutschland leben und die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates der EU oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) besitzen oder
  • in Deutschland beschäftigt oder selbständig erwerbstätig sein oder Rente nach deutschen Rechtsvorschriften beziehen und in einem Mitgliedstaat der EU, des EWR beziehungsweise in der Schweiz leben.

Ob eine Familie im Ausland Anspruch auf Kindergeld hat, hängt auch vom Wohnsitz des Kindes ab. So können Eltern für ihre Kinder nur Kindergeld bekommen, wenn das Kind seinen Wohnsitz oder gewöhn­lichen Aufenthalt innerhalb der Europäischen Union oder des EWR hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich der Anspruch aus dem BKGG oder dem EStG ergibt. „Hat der eine Elternteil Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG und der andere Elternteil nach dem BKGG, hat der Anspruch nach dem EStG Vorrang“, fügt Rechts­anwalt Richter hinzu.

Wer Kinder hat und plant, für eine längere Zeit ins Ausland zu ziehen, sollte sich bei der Famili­enkasse oder dem Finanzamt informieren, welchen steuer­recht­lichen Status man hat und ob ein Anspruch auf Kindergeld besteht.

2. Fall: Grenzpendler

Manche fahren für eine längere Zeit ins Ausland, andere jeden Tag: In Grenzre­gionen pendeln viele Menschen über die Landes­grenze zu ihrem Arbeitsplatz. Wie sieht es mit dem Kindergeld für Mütter und Väter aus, die in einem Land leben und in einem anderen arbeiten? „In diesem Fall haben die Erziehungs­be­rech­tigten meist in dem Land Anspruch auf Kindergeld, in dem sie erwerbstätig sind und Sozial­ver­si­che­rungs­beiträge zahlen“, erklärt der Rechts­anwalt aus Hamburg. Wer Beiträge an die deutsche Sozial­ver­si­cherung zahle, habe also auch Anspruch auf deutsches Kindergeld. Das gelte auch für alle anderen Sozial­leis­tungen wie Arbeits­lo­sengeld oder Rente.

Kindergeld in dem Land, in dem man in die Sozial­ver­si­cherung einzahlt

Die Höhe des Kinder­geldes errechnet sich dann nach den jeweiligen nationalen Rechts­vor­schriften. Würde Deutschland ein höheres Kindergeld zahlen als der Staat, in dem der Arbeitgeber einen Kinder­geld­an­spruch hat, kann der Betrag durch die Famili­enkasse in Deutschland aufgestockt werden. „Anders sieht es bei Selbständigen aus, die in Deutschland tätig sind und deren Familie im Ausland lebt“, warnt der Hamburger Sozial­rechtler. Sind sie nicht Mitglied der deutschen Sozial­ver­si­cherung, erhielten sie für ihre im Ausland lebenden Kinder kein Kindergeld.

3. Fall: Ein Teil der Familie lebt im Ausland, ein Teil in Deutschland

Sind die Eltern geschieden und die Kinder leben mit einem Elternteil im Ausland, können die Eltern für dieses Kind ebenfalls Kindergeld bekommen. Der Bundes­fi­nanzhof (BFH) in München hat kürzlich in zwei solcher Fälle entschieden.

BFH: Anspruch auf Kindergeld für im Ausland lebenden geschiedenen Partner

In einem der Fälle ging es um geschiedene Eltern mit einem gemeinsamen Sohn. Der Vater war deutscher Staats­an­ge­höriger und wohnte in Deutschland, die Mutter polnische Staats­an­ge­hörige und wohnte mit dem Sohn in Polen. Als der Mann in Deutschland Kindergeld für seinen Sohn beantragte, lehnt die Famili­enkasse seinen Antrag ab. Sie war der Ansicht, dass nicht der Kläger, sondern seine geschiedene Ehefrau Anspruch auf Kindergeld habe. Dass diese in Deutschland weder über einen Wohnsitz verfüge, noch ihren gewöhn­lichen Aufenthalt dort habe, sei kein Hinderungsgrund.

Wohnsitz­fiktion: Familie wird rechtlich behandelt, als lebte sie an einem Ort

Während die Vorinstanz noch zugunsten des Klägers entschieden hatte, gab der BFH der Famili­enkasse Recht. Die Richter begründeten ihre Entscheidung mit der unions­recht­lichen Verein­heit­lichung der nationalen Regelungen zur sozialen Sicherheit. Danach gilt die sogenannte Wohnsitz­fiktion: Wenn es um Famili­en­leis­tungen in grenzüber­schrei­tenden Sachver­halten geht, muss die gesamte Familie so behandelt werden, als würde sie in dem Mitgliedstaat wohnen, in dem Famili­en­leis­tungen beansprucht werden – in diesem Fall Deutschland.

Da das deutsche Kinder­geldrecht nicht danach unterscheidet, ob die Eltern eines Kindes verheiratet sind oder nicht, gilt rechtlich auch die geschiedene Ehefrau als Famili­en­an­ge­hörige. Mit Blick auf den Kinder­geld­an­spruch wird sie also so behandelt, als lebte sie mit dem Kind in Deutschland. Da nach deutschem Recht das Kindergeld vorrangig an den Elternteil ausgezahlt wird, bei dem das Kind lebt, liegt der Anspruch auf Kindergeld bei ihr. Dass sie im Ausland lebt, ändert daran nichts (Urteil vom 4. Februar 2016, AZ: III R 17/13). Ob sie für den Sohn tatsächlich Kindergeld bekommt, muss nun die Famili­enkasse entscheiden.

Kindergeld im Ausland auch für Großeltern

In einem zweiten Fall zum Kindergeld im Ausland hat der BFH inhalts­gleich entschieden (Urteil vom 10. März 2016, AZ: III R 62/12). Dabei ging es um einen in Deutschland wohnenden Kläger, dessen Töchter bei ihrer Großmutter in Griechenland lebten. Nach deutschem Recht kann ein Anspruch auf Kindergeld auch einem Großel­ternteil zustehen, der seine Enkelkinder in seinen Haushalt aufgenommen hat. Auch hier wurde die Großmutter rechtlich so behandelt, als lebte sie mit ihren beiden Enkeltöchtern in Deutschland. In der Folge liegt der Anspruch auf Kindergeld bei ihr statt beim Vater der Kinder.

Beratung zum Kindergeld im Ausland? Anwalt für Sozialrecht kontak­tieren

Sie haben Fragen zum Kindergeld im Ausland oder befinden sich wegen des Kindesgelds in einem Konflikt mit ihrem geschiedenen Ehepartner? Wenden Sie sich an eine Rechts­an­wältin oder einen Rechts­anwalt für Sozialrecht. Diese können Sie beraten und dabei unterstützen, mit Blick auf Kindergeld im Ausland das richtige Vorgehen zu wählen. Anwälte in ihrer Nähe finden Sie in unserer Anwaltssuche.

Datum
Aktualisiert am
10.08.2016
Autor
vhe
Bewertungen
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Themen
Ausland Familie Geld Kinder Kindergeld

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