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Unterhalt

Künstliche Befruchtung: Wie müssen Partner ihr Einver­ständnis geben?

Viele Paare mit unerfülltem Kindernwunsch entscheiden sich für eine künstliche Befruchtung. © Quelle: Science Photo Library/gettyimages.de

Die Frage, wer für ein Kind Unterhalt zahlen muss, beschäftigt häufig die Gerichte. In einem aktuellen Fall hat ein Mann ein Kinder­wunsch­zentrum auf Unterhalt verklagt. Der Grund: Seine damalige Frau habe seine Unterschrift gefälscht und die Klinik sie nicht überprüft. Wir erklären, wie das Landgericht (LG) Hamburg entschieden hat.

Entscheidet sich ein Paar für eine künstliche Befruchtung und eine Samenspende, muss der Partner der Frau sein Einver­ständnis geben, das Kind später anzuer­kennen. Wann kann man von einem Einver­ständnis ausgehen? Und wie muss die Klinik beziehungsweise das Kinder­wunsch­zentrum das dieses überprüfen?

Nach künstlicher Befruchtung: Mann zahlt freiwillig Unterhalt

Im zugrun­de­lie­genden Fall ging es um ein Paar, das sich in einer Klinik seinen Kinder­wunsch per künstlicher Befruchtung mit Fremdsamen erfüllen wollte. Der zeugungs­un­fähige Mann hatte zu Beginn der Behandlung im Juli 2008 sein Einver­ständnis zu einer künstlichen Befruchtung seiner Frau mit Fremdsamen erklärt. Im Laufe der Zeit gab es rund zehn Behand­lungen.

Bei der letzten Behandlung im März 2010 war der Mann selbst anwesend. Im Dezember des Jahres brachte die Frau ein Mädchen zur Welt. Seitdem zahlt der Mann seiner inzwischen von ihm geschiedenen Frau freiwillig monatlich 500 Euro Unterhalt für das Kind.

Gericht: Kinder­wunsch­zentrum muss keinen Unterhalt zahlen

Sein Mandant habe in dieser Zeit der Befruch­tungs­versuche einen Nerven­zu­sam­menbruch erlitten, sagte der Berliner Anwalt Jörg Heynemann. Die Versuche der künstlichen Befruchtung – Experten sprechen auch von „assistierter Reproduktion“ – hätten den Mann seelisch stark belastet. Er habe seiner Frau gesagt, dass er mit weiteren Behand­lungen nicht einver­standen sei. Das Gericht entschied jedoch, das Kinder­wunsch­zentrum habe nicht fahrlässig gehandelt. (AZ: 316 O 318/15).

Die Hamburger Klinik muss keinen Unterhalt für das Mädchen zahlen, das aus der künstlichen Befruchtung hervor­ge­gangen ist. Das Landgericht Hamburg wies am Donnerstag die Klage des Mannes zurück, der dem Zentrum vorgeworfen hatte, seine Unterschrift unter Einver­ständ­nis­er­klä­rungen nicht geprüft zu haben. Tatsächlich habe seine damalige Frau seine Unterschriften gefälscht. Der Kläger-Anwalt will die Entscheidung anfechten.

Strittig, ob Frau mit Einver­ständnis des Mannes für ihn unterschrieben habe

Tatsächlich hatte die Frau nach Gerichts­angaben 2009 und 2010 vier Formulare der Klinik mit seinem Namen unterschrieben. Ein Ermitt­lungs­ver­fahren wegen dieser gefälschten Unterschriften hatte die Staats­an­walt­schaft eingestellt. Strittig sei, ob die Frau die Unterschriften mit Einver­ständnis des Mannes geleistet habe, heißt es in dem Urteil. Unabhängig davon habe die Klinik aber nicht gegen die Pflicht verstoßen, das Einver­ständnis einzuholen. Der Mann habe schließlich nie seine ursprüngliche Einver­ständ­nis­er­klärung zurück­gezogen. Nach zehn Behand­lungen habe sie auch davon ausgehen können, dass dieses Einver­ständnis weiterhin vorliegt.

„Wir werden auf jeden Fall in Berufung gehen“ sagte Heynemann. Besonders im Umgang mit Fremdsperma müsse doch besonders gründlich vorgegangen werden. Mittlerweile hätten sich vier Männer bei ihm gemeldet, denen es ähnlich wie seinem Mandanten ergangen sei. In allen Fällen hätten die Partne­rinnen Unterschriften gefälscht und so weitere Befruch­tungs­versuche ermöglicht. Die Männer müssten nun Unterhalt für die Kinder zahlen.

Bundesweit gibt es nach Angaben des Bundes­verbands Reproduk­ti­ons­me­di­zinscher Zentren (BRZ) mehr als 130 Kinder­wunsch­zentren. 2014 wurden im IVF-Register (In-vitro-Fertili­sation, lat: „Befruchtung im Glas“) rund 88 000 Behand­lungen erfasst. Der Bundes­verband betonte: „Nach unserem Kenntnisstand kommt es in Deutschland aufgrund der strengstens regulierten Arbeits­abläufe sehr selten zu juristischen Ausein­an­der­set­zungen zwischen Patien­tenpaar und einem Zentrum.“

Datum
Aktualisiert am
04.08.2016
Autor
dpa/red
Bewertungen
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Themen
Ehe Familie Kinder Künstliche Befruchtung Unterhalt

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