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- Seite 1 – Mutter will Änderung von Wechselmodell zum Residenzmodell
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Wenn es dem Kindeswohl am besten entspricht, kann das Wechselmodell auch gegen den Willen der Mutter angeordnet werden. Die Voraussetzungen für ein Wechselmodell müssen allerdings vorliegen, und das Modell muss dem Kindeswohl am besten entsprechen. Einigkeit der Eltern darüber ist jedoch nicht zwingend erforderlich. Für das Wechselmodell spricht, wenn es vorher bereits gelebt wurde, so die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Die Eltern lebten in nichtehelicher Lebensgemeinschaft und haben zwei Söhne, die 2005 und 2009 geboren wurden. Die Mutter zog Ende 2013 aus der gemeinsamen Familienwohnung aus, in der der Vater noch bis heute lebt. Für die Kinder besteht das gemeinsame Sorgerecht. Beide Kinder waren zunächst mit der Mutter aus der Wohnung ausgezogen. Die Eltern vereinbarten dann ein Wechselmodell im Rhythmus von 2-2-5-5 Tagen.
Die Mutter wollte jedoch zum so genannten Residenzmodell zurückkehren. Die Kinder würden unter den häufigen Wechseln im Wechselmodell leiden und Auffälligkeiten wie etwa Durchfall zeigen. Im Übrigen habe sie, die Mutter, den Umgang nur geduldet. Auch habe der Vater sein Interesse an den Kindern erst mit der Trennung entdeckt und stelle sein Hobby Volleyball in den Vordergrund.
Der Vater dagegen argumentierte, dass sich beide Elternteile um die Kinder gekümmert hätten, da sie beide berufstätig seien. Das Wechselmodell habe sich dabei bewährt. Er habe sich auch dementsprechend mit dem Vorgesetzten verständigt und sich beruflich darauf eingestellt.
In der Debatte, ob ein Wechselmodell auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden kann, bezog das Amtsgericht in Heidelberg eindeutig Position: Es kann, sogar gegen den Willen der Mutter. Die Voraussetzungen für ein Wechselmodell müssten allerdings vorliegen und dem Kindeswohl am ehesten entsprechen.
Voraussetzungen für das Wechselmodell seien
- Wohnortnähe zu den Einrichtungen der Kinder
- betreuungskompatible Arbeitszeiten
- ausreichender Wohnraum bei beiden Elternteilen
Keine zwingende Voraussetzung für das Wechselmodell sei, dass beide Eltern stets gut kooperierten. Es komme vielmehr darauf an, wie sie mit einer Meinungsverschiedenheit umgingen. Die Eltern seien aber auch gehalten, schwelende Trennungskonflikte zu beenden.
Das Gericht ordnete das Wechselmodell mit wöchentlichem Wechsel jeweils am Samstag an. Damit beginne die Umgangswoche mit der freien Zeit, wodurch die Kinder sich auf den jeweiligen Elternteil einstimmen könnten und umgekehrt.
Zu dem Wechsel der Kinder von einem zum Elternteil führte das Gericht aus: „Die Frage, ob ein Kind samstags, montags oder dienstags wechselt oder ob es zwei oder fünf Tage am Stück bei einem Elternteil ist oder die Wochen geteilt werden, spielt für das subjektive Erleben der Kinder in den seltensten Fällen eine entscheidende Rolle.“
Das Wechselmodell bietet den Kindern nach Auffassung des Gerichts einige Vorteile:
- Es bestehen weniger Loyalitätskonflikte, da auch aus Sicht der Kinder die Zeit bei den Eltern gerecht geteilt ist.
- Ebenso ist dadurch eine gleichmäßige emotionale Bindung der Kinder zu beiden Eltern gewährleistet.
- Auch nehmen sie an den verschiedenen Ressourcen der Eltern teil und haben so die Möglichkeit, unterschiedliche Rollenbilder in ihrem Alltag zu erfahren.
Auch für die Eltern biete das Wechselmodell Vorteile:
- Die kinderfreie Zeit ermögliche es, sich für eigene Bedürfnisse und Interessen zu engagieren, sei es in beruflicher oder in privater Hinsicht. Ferner hätten die Kinder die gleiche Teilhabe am Alltag.
- Das Wechselmodell ermögliche beiden Eltern in gleichem Maße die berufliche Entfaltung.
- Beide Elternteile könnten auf gleicher Augenhöhe auftreten.
Dies alles könne sich auch deeskalierend auf die Konflikte der Eltern auswirken (AZ: 31 F 15/14).