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U-Haft

Welche Rechte gelten für Verdächtige in Untersu­chungshaft?

Für Verdächtige in Untersuchungshaft gelten andere Regeln als für Häftlinge in Strafhaft. © Quelle: orgessie/fotolia.com

Die Untersu­chungshaft beginnt dort, wo die meisten Krimis aufhören: Der Verdächtige wird von der Polizei verhaftet. Was folgt, ist eher selten Gegenstand von Kriminal­romanen. Für Untersu­chungs­häftlinge gelten deutlich strengere Regeln als für Verurteilte in Strafhaft. Wir erklären, welche Rechte Menschen in Untersu­chungshaft genießen.

Im Gegensatz zur Strafhaft, der Haftstrafe nach einer Verurteilung, hat die Untersu­chungshaft einen Übergangs­cha­rakter. Sie ist weniger dazu gedacht, den Insassen zu bestrafen, als die Durchführung eines späteren Strafver­fahrens zu sichern. Um einen Verdächtigen in Untersu­chungshaft zu nehmen, muss – das ist die Grundvor­aus­setzung – dringender Tatverdacht und zusätzlich ein Haftgrund vorliegen.

Mögliche Haftgründe sind: Der Verdächtige ist geflüchtet oder hat sich versteckt, es besteht die Gefahr, dass er flüchtet oder sich versteckt, oder es besteht Verdun­ke­lungs­gefahr. Das bedeutet, dass der Verdächtige möglicherweise Beweise verschwinden lassen oder Zeugen manipu­lieren könnte.

Untersu­chungshaft: Dauer nicht rechtlich begrenzt

Die Untersu­chungshaft beginnt, wenn der Haftbefehl gegen den Verdächtigen vollstreckt wird, also wenn er festge­nommen wird. Wie lange sie maximal dauern darf, ist nicht gesetzlich festgelegt. Vier Szenarien können die Untersu­chungshaft beenden:

• es tauchen entlastende Beweise auf oder der weitere Vollzug der U-Haft wäre unverhält­nismäßig,

• der inhaftierte Angeklagte wird verurteilt, das Urteil wird rechts­kräftig und die Untersu­chungshaft geht in Strafhaft über,

• der Haftbefehl wird mit oder ohne weitere Auflagen (meist Meldeauflagen und/oder Zahlung einer Kaution) außer Vollzug gesetzt. Das ist dann möglich, wenn das Verfahren ausreichend gesichert ist, weil die Ermitt­lungen nicht mehr behindert werden können, oder weil die Flucht­gefahr durch Zahlung einer Kaution gebannt werden kann. Oder aber

• die Staats­an­walt­schaft und/oder das Gericht bearbeiten den Fall des Inhaftierten nicht schnell genug und das Oberlan­des­gericht beendet deswegen die U-Haft und entlässt den Beschul­digten.

Prüfung nach sechs Monaten vorgeschrieben

„Wir haben in Deutschland die sogenannte 6-Monats-Frist“, informiert Rechts­anwalt Eberhard Kempf, Mitglied des Strafrechts­aus­schusses des Deutschen Anwalt­vereins (DAV). „Sechs Monate nach Vollstreckung des Haftbefehls muss das zuständige Oberlan­des­gericht (OLG) erstmals prüfen, ob weiterhin dringender Tatverdacht und ein Haftgrund bestehen.“ Die weiteren Prüfungen sind alle drei Monate fällig.

Staats­an­walt­schaft und Gericht unterliegen in Haftsachen dem grundge­setz­lichen Beschleu­ni­gungsgebot. Das heißt, die Staats­an­walt­schaft und das Gericht dürfen keinen Fall unnötig lange liegen lassen, ohne ihn zu bearbeiten. Wenn das Gericht zum Beispiel wegen Überlastung dennoch nicht dazu kommt, den Fall fristgerecht zu prüfen, gilt das als sogenannter Organi­sa­ti­ons­mangel der Justiz­ver­waltung. „Der Beschuldigte muss dann freige­lassen werden“, erklärt der Strafver­teidiger. „Die Beschleu­ni­gungs­re­gelung wiegt hier schwerer als der Verdacht. Dass Verdächtige aus diesem Grund aus der Untersu­chungshaft entlassen werden, kommt in der Praxis nicht so selten vor.“

Recht auf Besuch in Untersu­chungshaft ist Ländersache

Darf ein Untersu­chungs­häftling Besuch empfangen? Selbst­ver­ständlich, sagt der Fachanwalt für Strafrecht. „Wie die Besuchs­re­ge­lungen genau aussehen, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich.“ In der Regel habe ein Verdächtiger in U-Haft aber ein Recht auf zwei Besuche von je 30 Minuten pro Monat.

Ausnahmen sind möglich: „Sitzt beispielsweise ein Prokurist in Untersu­chungshaft und muss der Geschäfts­führer des Unternehmens ihn dringend sprechen, weil eine wichtige unterneh­me­rische Entscheidung ansteht, kann ein Sonder­besuch genehmigt werden“, erklärt Anwalt Kempf.

Strafver­teidiger unterliegen diesen restriktiven Besuchs­regeln nicht: Wer in Untersu­chungshaft sitzt hat ein Recht darauf, seinen Anwalt so oft wie nötig zu sehen. Strafver­teidiger sind nur an die Besuchs­zeiten der Haftanstalt gebunden.

Briefge­heimnis gilt nicht für Untersu­chungs­häftlinge

Da Verdächtige in Untersu­chungshaft davon abgehalten werden sollen, in irgendeiner Form auf das laufende Ermitt­lungs­ver­fahren einzuwirken, wird auch ihre Korrespondenz mit der Außenwelt überprüft. Jeder Brief, den ein Untersu­chungs­häftling schreibt, geht über den Schreibtisch des Richters oder des Staats­anwalts. Ausgeschlossen ist auch hier Post vom und an den Strafver­teidiger („Vertei­di­gerpost“). Im Strafvollzug ist das nicht der Fall, dort werden Briefe nicht überprüft. Zu E-Mail-Kommuni­kation haben U-Häftlinge keinen Zugang.

In Untersu­chungshaft: Kein Urlaubs­an­spruch Wer in Untersu­chungshaft sitzt, darf einer Arbeit nachgehen, wenn es in der Haftanstalt Arbeits­mög­lich­keiten gibt. Allerdings gilt: Während Strafhäftlinge ab einer bestimmten Zeit Hafturlaub bekommen können, haben Untersu­chungs­häftlinge keinen Anspruch darauf. Das ist ein weiterer Aspekt, in dem die Rechte von Menschen in Untersu­chungshaft schwächer ausgeprägt sind als die der Insassen im Strafvollzug – trotz der Unschulds­ver­mutung, die auch während des Vollzugs von Untersu­chungshaft gilt.

Datum
Aktualisiert am
24.02.2016
Autor
vhe
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Themen
Gericht Haft Verbrechen Verdacht

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