Der Fall Ecclestone

Wann Verfahren gegen Auflagen eingestellt werden

Im Fall Ecclestone wurde die Anklage gegen eine Geldauflage von 100 Millionen US-Dollar fallen gelassen. © Quelle: ACBahn/Wikipedia.org, CC-BY-3.0

Mit dem Ecclestone-Prozess ist einer der spekta­ku­lärsten Wirtschafts­prozesse der vergangenen Jahre zu Ende gegangen. Im Fokus: Der Vorwurf, Ecclestone habe einen Amtsträger bestochen. Das Ergebnis: Die Anklage wird gegen eine Auflage von 100 Millionen US-Dollar fallen gelassen. Ecclestone ist kein Einzelfall. Die Justiz kürzt häufig aufwendige Prozesse ab: 2012 wurden 210 000 Verfahren gegen Geldauflage eingestellt.

Warum wurde das Ermitt­lungs­ver­fahren im Fall Ecclestone gegen eine Geldauflage eingestellt?

Die Begründung der Staats­an­walt­schaft im Ecclestone-Prozess vor dem Landgericht München: Der Formel-1-Chef sei mit seinen 83 Jahren recht alt und die lange Hauptver­handlung wohl sehr belastend für ihn. Es sei zudem schwierig, dem Angeklagten eine Schuld nachzu­weisen.

Ecclestone war vorgeworfen worden, den ehemaligen Vorstand der Bayerischen Landesbank bestochen zu haben –und damit einen Amtsträger. Die Bank ist eine Anstalt des öffent­lichen Rechts, also unter staatlicher Kontrolle. Die Bestechung von Amtsträgern wird per Gesetz mit Freiheits­strafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren geahndet. In minder schweren Fällen wird die Freiheits­strafe bis zu zwei Jahren verhängt oder alternativ eine Geldstrafe ausgesprochen. Letztendlich konnte die Staats­an­walt­schaft aber nicht beweisen, dass Ecclestone von der Amtsträ­ger­schaft wusste. Auch der Vorwurf der Untreue konnte dem Angeklagten nicht nachge­wiesen werden. Ecclestone ist deshalb ein freier Mann, ohne Eintrag ins Vorstra­fen­re­gister.

Über den Fall Ecclestone hinaus: Wann verkürzt die Justiz Prozesse?

Die Gesetzes­grundlage dazu schafft unter anderem 153a der Strafpro­zess­ordnung (StPO). Demnach kann ein Verfahren gegen Auflagen und Weisungen eingestellt werden, wenn sich die dazu eignen, „das öffentliche Interesse an der Strafver­folgung zu beseitigen und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht“.

Im Blick hatte der Gesetzgeber – als er die Strafpro­zess­ordnung 1974 um diese Option ergänzte – wohl vor allem kleinere Delikte wie etwa Ladendiebstahl. Die Betroffenen sollten davon verschont bleiben, als Kriminelle abgestempelt und die Strafjustiz gleich­zeitig entlastet werden. Der Paragraph fasst aber auch sogenannte Wirtschafts­strafttaten, wenn der Schaden nicht erheblich ist und es sich um ein einmaliges Fehlver­halten handelt.

In der Frage, wann die Schuld eines Täters als gering anzusehen ist, hinter­fragen die Gerichte regelmäßig auch die persön­lichen Umstände des Angeklagten. Neben dem hohen Alter – wie im Fall Ecclestone – kann auch eine Notlage den Strafver­fol­gungs­be­hörden Anlass sein, die Einstellung des Verfahrens zu erwägen.

Grundsätzlich können übrigens alle Ermitt­lungs­ver­fahren eingestellt werden. Ausgenommen davon sind allerdings vorsätzliche Straftaten gegen eine andere Person, die fahrlässige Tötung und Trunkenheit am Steuer.

Können Prozesse wieder aufgerollt werden, nachdem sie gegen Auflagen eingestellt wurden?

Nein. Sobald die Auflagen  und Weisungen des Gerichts erfüllt sind, wird das Verfahren eingestellt. Juristen sprechen in der Folge von einem „Verfah­rens­hin­dernis“ und meinen damit, dass der Angeklagte nicht noch einmal wegen der gleichen Tat angeklagt werden kann. In Ausnah­me­fällen könnte die Staats­an­walt­schaft erneut Anklage erheben. Allerdings nur innerhalb engen Grenzen.

Fazit:

Letztlich gilt im Fall Ecclestone wie in allen anderen, die nicht geklärt und gegen Auflagen eingestellt worden sind: Wer einer Straftat angeklagt wird, ist so lange unschuldig, wie er nicht in einem fairen Verfahren rechts­kräftig verurteilt wird. So lautet im Kern, was seit acht Jahrhun­derten als rechts­staat­licher Grundsatz anerkannt ist: in dubio pro reo. Im Zweifel für den Angeklagten.