
Was ist mit Strafmündigkeit gemeint?
Strafmündigkeit bezieht sich auf das Alter, ab dem eine Person für eine Straftat strafrechtlich verantwortlich gemacht werden kann. Wenn eine Person unterhalb dieses Alters eine Straftat begeht, wird sie nicht strafrechtlich verfolgt. Stattdessen können andere Maßnahmen wie Jugendarbeit oder Therapie ergriffen werden, um das Verhalten zu korrigieren. Erreicht die Person das Mündigkeitsalter, wird sie für strafbare Handlungen, die sie begeht, rechtlich belangt - und kann gemäß den deutschen Gesetzen bestraft werden.
(Eltern: Darf man Kinder und Jugendliche allein zu Hause lassen? Antworten finden Sie hier.)
Ist dies gleichbedeutend mit Schuldfähigkeit?
Schuldfähig zu sein heißt, dass die handelnde Person über die Unrechtmäßigkeit der Tat und möglichen Konsequenzen für das Opfer reflektieren kann. Ebenso muss die Person in der Lage sein, ihre Handlungen bewusst zu steuern. Beides wird bei Kindern aufgrund fehlender Reife ausgeschlossen. Wenn eine Person aufgrund einer geistigen Behinderung oder Beeinträchtigung nicht in der Lage ist, die Konsequenzen ihrer Handlungen zu verstehen oder diese zu kontrollieren, kann sie ebenso als nicht schuldfähig angesehen werden (§ 20, StGB).
Verkürzt gesagt: Schuldfähigkeit bezeichnet die körperlichen und geistigen Voraussetzungen, Verantwortung für seine Taten übernehmen zu können. Strafmündigkeit das Alter, ab dem das Vorhandensein dieser Voraussetzungen als gegeben gesehen wird.
Wann sind Menschen in Deutschland strafmündig?
Nach § 19 im Strafgesetzbuch (StGB) mit Vollendung des 14. Lebensjahres: „Schuldunfähig ist, wer bei Begehung der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt ist.“ Dann spricht man von der sogenannten Schuldunfähigkeit des Kindes. Wer laut Gesetz noch nicht fähig scheint, Schuld zu konzeptualisieren, dem soll keine Strafe nach ebendiesen Gesetzen auferlegt werden.
Voll oder in Teilen strafmündig?
Allerdings werden Straftäter und Straftäterinnen ab 14 nicht wie Erwachsene sanktioniert, sondern unterliegen dem Jugendstrafrecht. Es soll sicherstellen, dass jugendliche Straftäter auf eine Weise behandelt werden, die auf ihre besonderen Bedürfnisse und Entwicklungsstufen abgestimmt ist. Das Jugendstrafrecht legt fest, welche Handlungen von Jugendlichen als strafbar angesehen werden und welche Arten von Sanktionen verhängt werden können - um sie zur Verantwortung zu ziehen und ihre Rehabilitation zu fördern. Die Aufteilung sieht wie folgt aus:
- Unter 14 Jahre: strafunmündige Kinder
- 14 - 17 Jahre: Jugendliche, in Teilen strafmündig nach dem Jugendstrafrecht
- 18 – 21 Jahre: Heranwachsende, voll oder in Teilen strafmündig (Einzelfallbetrachtung)
- Ab 21 Jahre: voll strafmündig, Anwendung Erwachsenenstrafrecht
Forderungen nach Absenkung der Strafmündigkeit
Der sprunghafte Anstieg an verübten Straftaten durch Kinder könnte durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst worden sein. Studien bestätigen, dass beispielsweise die Corona-Pandemie starke Auswirkungen auf Kinder hatte, um einen möglichen Faktor zu nennen. Die Gründe werden jedoch vielschichtiger sein, als eine oberflächliche Spekulation darüber.
Jüngste Straftaten, wie der Mord eines Kindes durch Gleichaltrige, haben Forderungen nach der Absenkung des Strafmündigkeitsalters losgetreten. Rechtsanwalt Swen Walentowski, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Deutschen Anwaltvereins (DAV), sieht die Forderungen kritisch: „So schrecklich der Vorfall auch ist und uns fassungslos macht: Kriminalpolitik darf sich nicht nach Einzelfällen richten“. Der Kerngedanke des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) sei „Erziehung vor Strafe“. Das Strafrecht solle nicht leichtfertig bei Kindern angewandt werden.
Keine Folgenlosigkeit von Straftaten durch Minderjährige
Rechtsanwalt Fabian Kahlert von der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht im DAV erklärt, welche Handlungsoptionen gegenüber gewalttätigen Kindern bestehen:
„Auch derzeit hat das Familiengericht in Fällen, in denen aufgrund ihres Alters schuldunfähige Täter vom Strafgericht nicht sanktioniert werden können, Einwirkungsmöglichkeiten. Das heißt: Nur weil dem Strafrichter „die Hände gebunden“ sind, bedeutet dies nicht, dass das Verhalten eines auffälligen Kindes keinerlei Konsequenzen hat. Oft haben Laien den Eindruck, dass jungen Tätern aufgrund der Strafunmündigkeit „nichts passiert“ – was falsch ist. Und das macht auch aus pädagogischer Sicht Sinn: die Einwirkungsmöglichkeiten des Familiengerichts sind oft besser geeignet, ein Kind nachhaltig zu beeindrucken, als die Sanktionsmöglichkeiten „Auflagen und Weisungen“ des Jugendrichters. Auch die Jugendämter werden in solchen Fällen natürlich regelmäßig beteiligt und können ebenfalls Einfluss nehmen.“
Altersgrenze für Strafen muss unangetastet bleiben
Der Ausschuss Strafrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) spricht sich klar gegen eine frühere Strafmündigkeit für Kinder aus:
„Mit der Festlegung bestimmter Altersgrenzen – der Strafmündigkeitsgrenze (ab 14 Jahre), der relativen Strafmündigkeit Jugendlicher (unter 18 Jahre) und der Möglichkeit, Heranwachsende (unter 21 Jahre) nach Jugendstrafrecht zu sanktionieren – hat der Gesetzgeber aus gutem Grund die Besonderheiten der Entwicklungs- und Reifeprozesse junger Menschen berücksichtigt.“
Erklärungsversuche, dass Kinder heutzutage eher straffällig und schuldfähig seien, bedingt durch Soziale Medien und andere Einflüsse, weist der Ausschuss zurück:
„Ein solcher „Trend“ ist nicht abbildbar. Es trifft auch nicht zu und lässt sich psychowissenschaftlich nicht belegen, junge Menschen unter 14 Jahren seien heutzutage „reifer“ als früher.“
In ihrer Stellungnahme weisen die Expertinnen und Experten darauf hin, dass die Entwicklung von jungen Menschen unterschiedlich ist und ihre Reife nicht pauschal an einem Alter festzumachen sei. Sie plädieren für Ursachenbekämpfung, nicht zuletzt um die Zukunftschancen von Kindern so gut wie möglich zu erhalten:
„Es geht mithin um Prävention, Früherkennung und (außerstrafrechtliche) Intervention. Das – und nicht: Strafe – ist das, was man den Kindern und jungen Menschen schuldet: dass man sie ernst nimmt, dass man ihnen Unterstützung und Chancen bietet […].“
Das Thema Jugendkriminalität ist ein sensibles Thema - für Opfer, Täter sowie Familienangehörige und Freunde. Für Betroffene ist es sinnvoll, sich anwaltlich beraten zu lassen, um schwierigen Situationen mit professioneller Hilfe zu begegnen. Fachanwältinnen und Fachanwälte mit Schwerpunkt Jugendstrafrecht helfen Ihnen dabei. Den passenden Rechtsbeistand in Ihrer Nähe finden Sie unter anwaltauskunft.de/anwaltssuche.
Bagatellen - Welche Strafen drohen für Ordnungswidrigkeiten?

- Datum
- Aktualisiert am
- 02.05.2023
- Autor
- red/dav