Wer schwarz fährt, muss Strafe zahlen. Seit 2015 sind es 60 Euro, die Fahrgäste von Bussen und Bahnen ohne Ticket bezahlen müssen, vorher lag die Bußgeldhöhe bei 40 Euro. Zu viel sagen die einen, vor allem die fahrkartenlosen Fahrer; gerade ausreichend, die anderen. Die anderen sind primär die Verkehrsbetriebe, die das jährliche Ausfallvolumen durch Schwarzfahren auf 250 Millionen Euro beziffern.
Dass die sogenannte Beförderungserschleichung nicht nur Geld kostet und keine Ordnungswidrigkeit wie etwa das Falschparken ist, wissen viele Menschen allerdings nicht. In Deutschland ist das vorsätzliche Schwarzfahren eine Straftat, das so genannte „Erschleichen von Leistungen“, und im Strafgesetzbuch aufgeführt.
Was passiert, wenn man beim Schwarzfahren erwischt wird?
„Ersttäter“ bittet die jeweilige Verkehrsgesellschaft zunächst meist „nur“ zur Kasse und zur Begleichung des erhöhten Beförderungsentgelts.
Allerdings kann auch das erstmalige Schwarzfahren zu einer Anzeige führen. Robert Hotstegs ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Mitglied im Deutschen Anwaltverein (DAV) und erklärt: „Grundsätzlich kann jede Schwarzfahrt angezeigt werden. Das kann das betroffene Verkehrsunternehmen selbst entscheiden.“ Hier gebe es Unterschiede. Einige Unternehmen würden eine ‚Null-Toleranz-Politik’ verfolgen, andere dagegen Strafanzeige erst bei Wiederholungstätern stellen.
Dass Schwarzfahren generell erst beim dritten Mal des Erwischtwerdens zur Anzeige gebracht wird, ist ein weit verbreiteter Irrtum, das können die Verkehrsbetriebe selbst festlegen. Viele große Verkehrsbetriebe in Deutschland wenden diese Regel allerdings zumindest grob an. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zeigen zum Beispiel an, wenn Fahrgäste dreimal innerhalb von zwei Jahren bei Kontrollen keinen Fahrschein haben. Der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) zeigt ebenfalls beim dritten Mal an, auch beim Münchner Verkehrsverbund (MVV) wird diese Praxis angewendet. Bei Manipulation oder Fälschung von Fahrscheinen oder anderem negativen Verhalten kann es aber auch schon beim ersten Mal eine Anzeige geben.
Wann landen Schwarzfahrer im Gefängnis?
„Eine Gefängnisstrafe kommt in der Regel nur dann in Betracht, wenn neben dem Erschleichen auch andere Straftaten mit erfüllt sind“, sagt Rechtsanwalt Hotstegs.
Allerdings gebe es viele Fälle, in denen die Geldstrafe nicht gezahlt werde und dann Ersatzhaft angeordnet werde. „So gab es schon Zeiten, zu denen ein Drittel der Gefangenen einer Berliner Justizvollzugsanstalt Schwarzfahrer waren, die ihre Geldstrafe absaßen“, weiß Hotstegs.
Ab wann erschleichen sich Fahrgäste Leistungen?
Zunächst muss zwischen dem erhöhten Beförderungsentgelt und dem Erschleichen von Leistungen als Straftat unterschieden werden. Denn um für Letzteres belangt zu werden, muss der Täter die Absicht gehabt haben, schwarz zu fahren.
Der Bundesgerichtshof entschied hierzu vor einigen Jahren, dass es sich auch dann um eine Leistungserschleichung handle, wenn der Fahrgast ein öffentliches Verkehrsmittel benutzt und dabei hofft, nicht aufzufallen. Dabei sei es nicht erforderlich, dass die Person Schutzvorrichtungen überwindet oder Kontrollen umgeht (Beschluss vom 8. Januar 2009; AZ: 4 StR 117/08).
Das Oberlandesgericht Frankfurt wiederum hat entschieden, dass es sich nur dann ums Schwarzfahren handle, wenn der Fahrgast ohne Fahrschein in einer fahrenden Bahn oder einem fahrenden Bus erwischt werde (Beschluss vom 20. Juli 2010; AZ: 1 Ss 336/08).
In den Fällen, dass Fahrkarten nur in Bussen oder Bahnen gekauft werden können, müssen Fahrgäste beim Besteigen den direkten Weg zum Automaten einschlagen. „Hinsetzen oder einen sicheren Stehplatz einnehmen, ist der Beginn des Schwarzfahrens“, erklärt Verwaltungsrechtsexperte Robert Hotstegs. Dabei sei das Schlangestehen vor dem einzigen Automaten in der Bahn aber ungefährlich.
Ticket vergessen zu kaufen: Kommt man um das erhöhte Beförderungsentgelt herum?
Ohne das Wohlwollen der Kontrolleure ist das kaum möglich, es sei denn, der Fahrgast besitzt ein Wochen-, Monat-, Semester- oder Job-Ticket, das er an diesem Tag vergessen hat und deshalb nachreichen kann.
Wer beweisen will, dass er nicht vorsätzlich schwarzgefahren ist, muss das Gericht davon überzeugen. „Das ist schwierig, kann aber gelingen. Hier ist es besonders wichtig, sich anwaltlich vor einer Aussage beraten und im Verfahren vertreten zu lassen“, rät Hotstegs.
Welche Folgen hat eine Anzeige für den Fahrgast?
Unter Umständen landet eine Anzeige infolge des Schwarzfahrens im polizeilichen Führungszeugnis – zumindest dann, wenn eine entsprechend hohe Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe verhängt wurde. Robert Hotstegs verweist noch auf eine andere Konsequenz, die mit einer Verwaltungsnotiz im staatsanwaltlichen Verfahrensregister zusammenhängt. Diese zeigt dem Gericht auch an, welche Anzeigen bereits eingereicht, aber vielleicht eingestellt worden sind. „Kristallisiert sich dann heraus, dass es sich um einen Wiederholungstäter oder notorischen Schwarzfahrer handelt, erhöht dies die Strafe regelmäßig.“
Dürfen Schwarzfahrer, nachdem sie ertappt wurden, den Rest des Tages „umsonst“ fahren?
Entgegen anderslautender Meinungen: nein! Allerdings sehen einige Beförderungsbestimmungen vor, dass man noch bis zu der Haltestelle weiterfahren darf, die man bei der Kontrolle als Zielhaltestelle angegeben hat. Doch ist das nicht überall so. Rechtsanwalt Robert Hotstegs empfiehlt, diese Frage im Fall des Falles direkt an die Kontrolleure zu richten.
Dürfen Kontrolleure Schwarzfahrer festhalten, wenn sie sich weigern, ihre Personalien anzugeben?
Egal, ob Kontrolleure zu dem Beförderungsunternehmen gehören oder bei einem privaten Sicherheitsdienst angestellt sind, haben sie nur das so genannte „Jedermannsrecht“. Hotstegs erklärt: „Nach § 127 der Strafprozessordnung ist jedermann befugt einen anderen „festzunehmen“, wenn die Personalien festgestellt werden müssen. Dann muss die Polizei hinzugerufen werden. Mehr dürfen die Kontrolleure nicht.“ Sie dürften also nicht etwa nach einer Geldbörse suchen und das Geld an Ort und Stelle eintreiben.
Zusammenfassung
- Schwarzfahren kann bereits bei „Ersttätern“ zu einer Anzeige führen
- Eine Freiheitsstrafe ist selten, vor allem aber beim Nichtbegleichen des erhöhten Beförderungsentgelts möglich
- Ums Schwarzfahren handelt es sich erst, wenn der Fahrgast in einer fahrenden Bahn/einem fahrenden Bus erwischt wird
- Wer erwischt wurde, muss dennoch einen Fahrschein kaufen, wenn er im Laufe des Tages Bahnen oder Busse nutzt
- Kontrolleure besitzen lediglich das „Jedermannsrecht“
- Datum
- Aktualisiert am
- 09.11.2022
- Autor
- ndm