Lesen Sie weiter
- Seite 1 – Welche Strafen stehen im Führungszeugnis?
- Seite 2 – Kann man eine Eintragung aus dem polizeilichen Führungszeugnis löschen?
- Auf einer Seite lesen
Wer mit Kindern oder in einer sicherheitssensiblen Branche arbeiten möchte, muss es vorlegen: das polizeiliche Führungszeugnis. Es gibt Auskunft darüber, ob Sie ein Sicherheitsrisiko darstellen. Kurz: Ob Sie vorbestraft sind, und wenn ja, weswegen. Grundlage für das Führungszeugnis ist das Bundeszentralregister, in dem die Verurteilungen aller Bundesbürger registriert sind. Das Führungszeugnis ist ein Auszug aus diesem Register.
Früher wurde das Führungszeugnis auch „polizeiliches Führungszeugnis“ genannt – und so ist es auch heute noch im Volksmund bekannt. Schon vor einigen Jahren wurde das Zeugnis allerdings umbenannt. Ganz offiziell heißt das „polizeiliche Führungszeugnis" seitdem nur noch Führungszeugnis.
Jede Person, die das 14. Lebensjahr vollendet hat, hat das Recht auf Antrag eines Führungszeugnisses beim Bundesamt für Justiz. So steht es im § 30 des Bundeszentralregistergesetz (BZRG). Hat die Person das 14. Lebensjahr noch nicht erreicht, muss ein gesetzlicher Vertreter bestellt werden, der den Antrag stellt. Das Gleiche gilt für Menschen, die nicht geschäftsfähig sind. Auch hier stellt der gesetzliche Vertreter den Antrag.
Bis vor ein paar Jahren musste jeder Bürger zur Behörde gehen und sein Führungszeugnis persönlich vor Ort beantragen. Seit 2016 gibt es die Möglichkeit, den Antrag online zu stellen – im Online-Portal des Bundesamts für Justiz (BfJ). Die Bestellung ist in wenigen Minuten abgeschlossen und Sie erhalten eine Bestellbestätigung per E-Mail. Es gibt aber auch die Möglichkeit, das Führungszeugnis persönlich zu beantragen. Dazu müssen Sie Ihren Personalausweis vorlegen. Unter besonderen Umständen funktioniert die Antragstellung mit Hilfe des elektronischem Aufenthaltstitels (eAT).
Die Gebühr für das Führungszeugnis liegt für alle Bundesländer bei 13,00 EUR. Einzig das europäisches Führungszeugnis kostet 17,00 EUR. Die Gebühr ist direkt bei der Antragstellung zu begleichen. Informieren Sie sich im Vorfeld, welches Zahlungsmittel bei der Behörde zulässig ist, damit es vor Ort keine Probleme gibt.
In der Regel dauert es zwei bis drei Wochen bis das Führungszeugnis fertig gestellt ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie den Antrag online oder persönlich gestellt haben. Die Bearbeitungsdauer hängt von der Gesamtzahl der zu bearbeitenden Anträge ab, sodass es in Ausnahmefällen bis zu fünf Wochen dauern kann. Beantragen Sie Ihr Zeugnis mit ausreichend Vorlauf beim Bundesamt für Justiz (BfJ). Vor allem wenn Sie mit Kindern und Jugendlichen arbeiten möchten. Hier kann die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses Pflicht sein.
Das hängt davon ab, welche Art von Zeugnis Sie beantragen: das einfache (private), das erweiterte, behördliche oder europäische Führungszeugnis.
In einem einfachen Führungszeugnis sind keine Verurteilungen zu geringfügigen Strafen eingetragen. „Ist eine Person nicht vorbestraft, erscheint eine Verurteilung erst in ihrem Führungszeugnis, wenn sie zu einer Geldstrafe von mindestens 90 Tagessätzen oder drei Monaten Haft verurteilt wird“, informiert Rechtsanwalt Uwe Freyschmidt, Anwalt für Strafrecht und Vorsitzender des Berliner Anwaltsvereins.
Um die Interessen des Bewerbers zu schützen, darf er nur das einfache Führungszeugnis einsehen. In diesem Zusammenhang ist wichtig: Solange nichts im einfachen Führungszeugnis steht, sind Sie offiziell nicht vorbestraft.
Anders sieht es aus, wenn Sie mit Kindern oder Jugendlichen arbeiten möchten, sei es hauptberuflich oder ehrenamtlich. „In diesem Fall kann der Arbeitgeber oder Leiter einer ehrenamtlichen Einrichtung gemäß SGB VIII ein erweitertes Führungszeugnis verlangen“, sagt Rechtsanwalt Freyschmidt.
Das erweiterte Führungszeugnis enthält alle kinder- und jugendschutzrelevanten Verurteilungen – auch geringfügige. Ein Beispiel: Wurde eine Person wegen sexueller Nötigung eines Jugendlichen zu 70 Tagessätzen verurteilt und war sie nicht vorbestraft, taucht die Verurteilung im einfachen Führungszeugnis nicht auf.
Wer entscheiden muss, ob die Person mit jungen Menschen arbeiten darf, benötigt diese Information allerdings unbedingt. Das erweiterte Führungszeugnis gehört nach SGB VIII vor allem für Erzieher in der Jugendhilfe oder bei ehrenamtlichen Tätigkeiten zu einer der erforderlichen Unterlagen, die vor Jobbeginn vorgelegt werden müssen. Selbst wenn es sich nur um ehrenamtliche Beaufsichtigung handelt.
Im behördlichen Führungszeugnis steht alles, was ein Bundesbürger sich strafrechtlich hat zu Schulden kommen lassen – inklusive Sicherungsverwahrung. Diese Auszüge aus dem Bundeszentralregister bekommen nur ausgewählte Personen zu sehen – etwa Richter und Staatsanwälte in einem Strafverfahren.
Stehen Sie vor Gericht, ist es wichtig zu wissen, ob Sie schon einmal verurteilt wurden, oder aus einem bestimmten Grund nicht verurteilt werden konnten. Das behördliche Führungszeugnis ist ein Zeugnis von Behörden für Behörden und wird nicht für private Zwecke ausgestellt.
Sie ziehen für die Arbeit aus dem EU-Ausland nach Deutschland – oder andersherum? Dann kann es sein, dass Ihr Arbeitgeber Sie darum bittet, ein europäisches Führungszeugnis vorzulegen. Das europäische Führungszeugnis gibt ihm Auskunft darüber, was im Bundes und Strafregister Ihres Herkunftslandes über Sie steht.
Welche Informationen das Herkunftsland an das Bundesamts für Justiz (BfJ) übermittelt, hängt vom Herkunftsland ab. Dafür gibt es europaweit keine einheitliche Regel. Die Beantragung eines europäischen Führungszeugnises funktioniert wie bei den anderen Zeugnissen auch. Sie können es online, unter Angabe persönlicher Daten, wie Name und Anschrift oder vor Ort unter Vorlage des Personalausweises bei der zuständigen Meldebehörde beantragen.
Nein. Ist eine Verurteilung erstmal im Führungszeugnis eingetragen, kann man dagegen wenig unternehmen. Aktiv löschen lässt sich aus dem polizeilichen Führungszeugnis nichts. Es bleibt nur abzuwarten, bis der Eintrag verjährt. Das passiert, je nach Schwere der Straftat, nach Ablauf von drei, fünf oder zehn Jahren und auch nur, wenn bis zur Verjährung keine neue Verurteilung hinzu kommt.
„Wird man für ein Vergehen verurteilt, das im Führungszeugnis erscheint, bleiben auch alte Eintragungen bestehen. Und zwar so lange, bis die neue Eintragung verjährt“, warnt der Rechtsanwalt aus Berlin.
Ein Beispiel: Ein verurteilter Straftäter hat in seinem Führungszeugnis eine Eintragung, die in einem halben Jahr verjährt. Zu diesem Zeitpunkt wird er erneut wegen eines kleineren Vergehens verurteilt. Unter den Umständen bleibt der erste Eintrag ebenfalls bestehen – und das so lange, bis auch der zweite Eintrag verjährt ist. Die Verjährungsfrist ist nicht mit dem Strafmaß verknüpft. Wird ein Straftäter vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen, erlischt nicht automatisch der Eintrag im Führungszeugnis.
„Wer erneut straffällig wird, kurz bevor ein alter Eintrag verjährt ist, kann versuchen, die Verurteilung hinauszuzögern“, so Freyschmidt. Fällt der Richterspruch nach Ende der Verjährungsfrist des alten Eintrags, wird dieser gelöscht. Denn entscheidend für den Eintrag in ein polizeiliches Führungszeugnis ist der Tag der Verurteilung. Ob das Urteil rechtskräftig ist, spielt dabei keine Rolle.
Wenn ein Bewerber auf eine Lehramtsstelle sich charakterlich nicht für den Beruf des Lehrers eignet, kann ihm das Lehramt versagt werden. Auch ein zunächst ausgewählter Bewerber hat keinen rechtlichen Anspruch auf eine Einstellung. Dies musste ein Bewerber erfahren, der wegen Fahrens ohne gültigen Fahrschein und Vorzeigens eines verfälschten Fahrscheins und daher wegen versuchten Betrugs verurteilt worden war.
Das Land Berlin hatte dem Bewerber eine Einstellung als Lehrer in Aussicht gestellt. Wie üblich holte es ein erweitertes Führungszeugnis ein. Darin war ein Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten aufgeführt. Demnach wurde der Mann wegen versuchten Betrugs zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Die Gerichte entschieden in zwei Instanzen, dass er wegen der Verurteiltung nicht als Lehrer eingestellt werden könne (Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. März 2017, AZ: 2 Sa 122/17).