
Auch wer noch nie jemanden im Gefängnis besucht hat, dürfte aus Fernsehserien oder Kinofilmen eine Vorstellung davon haben, wie der Besuch in einer Justizvollzugsanstalt (JVA) abläuft: Man wird durchsucht und darf dann den Inhaftieren im Besucherraum treffen, wo sich viele Häftlinge und ihre Besucher gegenübersitzen – unter den wachsamen Augen eines Beamten. Für Paare oder Familien, die sich etwas Privatsphäre wünschen, ist das kaum eine dauerhafte Lösung.
Langzeitbesuch: Intimsphäre inklusive
Für solche Fälle sieht das Strafvollzugsrecht die Möglichkeit eines Langzeitbesuchs in der JVA vor. Dabei können der Häftling, sein Partner und gegebenenfalls die Kinder oder teilweise auch nahe Familienangehörige ein paar Stunden gemeinsam in einer speziellen Zelle verbringen. Solche Räume sind in der Regel etwas freundlicher eingerichtet als normale Zellen, sie erinnern eher an ein Wohnzimmer.
Auch Übernachtungen können erlaubt sein. Das Besondere daran: Der Besuch wird nicht überwacht. Einen solchen Langzeitbesuch muss der Inhaftierte beantragen. Ob und unter welchen Voraussetzungen ein Inhaftierter Langzeitbesuch bekommen darf, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab – diese unterscheiden sich stark von Bundesland zu Bundesland.
„Im Grunde kann man sagen: Die unterschiedlichen Regelungen in den Bundesländern haben nur gemeinsam, dass sie den Häftlingen die Resozialisierung erleichtern sollen und das Menschenrecht im Vordergrund steht“, sagt Michaela Landgraf, Anwältin für Strafrecht und Vorstandsmitglied des Münchner Anwaltvereins sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Am Strafvollzug bemesse sich das Grundrecht am deutlichsten.
Nur förderungswürdige Kontakte
Ob ein Langzeitbesuch erlaubt wird, hängt immer vom Einzelfall ab. Eine wichtige Voraussetzung ist sehr gute Führung des Inhaftierten. Entscheidend ist auch, für welches Verbrechen der Häftling verurteilt wurde und wie Gutachter ihn einschätzen. Und wer darf zu Besuch kommen?
„In Bayern, eines der Länder mit den strengsten Regeln im Strafvollzug, ist Langzeitbesuch in der Regel nur für Ehepartner erlaubt oder für Menschen, die in einer längeren, stabilen Beziehung leben“, sagt die Strafrechtsexpertin. Es habe einen Grund, dass diese Form der Besuche auch Ehebesuche genannt werden. Inhaftierte dürften zum Beispiel keinen Langzeitbesuch von einer Freundin bekommen, die sie erst seit Kurzem kennen.
In Nordrhein-Westfalen ist das ähnlich. Langzeitbesuch in der JVA dürfen Verheiratete oder Partner in eheähnlichen Beziehungen bekommen. Dort sind allerdings auch enge Familienmitglieder wie Eltern oder Geschwister zu einem unbeaufsichtigten Besuch zugelassen.
Potenzielle Besucher werden im Vorfeld genau unter die Lupe genommen. Wenn ein Inhaftierter den Besuch von einer Person beantragt, zu der er eine enge Beziehung unterhält, prüft der Sozialarbeiter der JVA den Besuchsanwärter in einem persönlichen Gespräch.
Ob der Besuch letztlich genehmigt wird, hängt auch davon ab, für welche Straftat der Inhaftierte verurteilt wurde. Sitzt er wegen häuslicher Gewalt in Haft und beantragt den Besuch von seiner Ehefrau, kann es schwierig werden.
Auch wenn schon Langzeitbesuche stattfanden, bei denen es zu Zwischenfällen kam, ist ein weiterer Besuch eher unwahrscheinlich. Das kann der Fall sein, wenn der Besucher zum Beispiel versucht hat, dem Inhaftierten Drogen zu übergeben.
Intimbesuch nur bei längeren Haftzeiten
Ob ein Langzeitbesuch erlaubt ist oder nicht kommt auch auf die Haftzeit an. Im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen sind Langzeitbesuche ab einer Haftzeit von drei Monaten möglich – sogar für Untersuchungshäftlinge.
In Bayern hingegen sind Langzeitbesuche weit überwiegend nur in den JVAs vorgesehen, in denen Menschen lebenslänglich oder für mehrere Jahre inhaftiert sind. Eine Ehe kann dann naturgemäß nur aufrechterhalten werden, wenn man sich regelmäßig sieht.
Wichtig sind solche Besuche auch, wenn sich die Haftzeit dem Ende zuneigt. Damit sich Verurteilte später wieder leichter ins Berufs- und Privatleben eingliedern können, dürfen sie teilweise sogar Urlaub von der Haft bekommen. „Häftlinge, die zum Beispiel einen Betrieb leiten, können dann für eine begrenzte Zeit an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, also sogenannte Freigänger werden“, erklärt Rechtsanwältin Landgraf. Auch kurzzeitiger Freigang, um Bewerbungsgespräche zu absolvieren, sei möglich. In diesem Rahmen könnten auch Treffen mit dem Partner oder der Familie stattfinden.
Entscheidend ist auch die JVA
Um einen Langzeitbesuch zu organisieren, braucht die JVA natürlich entsprechende Räumlichkeiten. Ob diese in allen Haftanstalten vorhanden sind, ist ebenfalls Ländersache. Nicht jede JVA hat die finanziellen, räumlichen und personellen Kapazitäten, um Langzeitbesuche zu organisieren.
Häftlinge in Nordrhein-Westfalen können sich glücklich schätzen. Hier sind für Langzeitbesuche geeignete Räume in fast jeder JVA vorhanden. Andernfalls werden sie für die entsprechende Zeit in eine andere Haftanstalt verlegt.
Sicherheit im Vordergrund
Auch während des Besuchs gelten hohe Sicherheitsvorkehrungen. So dürfen die Langzeitbesucher, wie jeder andere Besucher auch, nichts mit ins Gefängnis hinein nehmen. Um das sicherzustellen, werden sie gründlich durchsucht. Auch Kinder sind von den Kontrollen nicht verschont – bei ihnen werden sogar die Windeln und das Spielzeug kontrolliert. Zudem gibt es in den für Langzeitbesuche ausgestatteten Räumen einen Notrufknopf.
Fazit: Die Möglichkeit eines Langzeitbesuchs ist ein wichtiges Mittel, um die Inhaftierten dabei zu unterstützen Beziehungen zu erhalten, die ihnen später die Wiedereingliederung in den Alltag erleichtern. Damit den Häftlingen und den Besuchern nichts passiert, sind die Sicherheitsvorkehrungen sehr hoch. Ob ein Langzeitbesuch in der JVA genehmigt wird oder nicht, wird nach einer gründlichen Prüfung des Einzelfalls entschieden.
- Datum
- Aktualisiert am
- 25.02.2016
- Autor
- vhe