Es sind Berichte solcher Art, die regelmäßig zu lesen oder zu hören sind: Menschen aus Deutschland, die im Ausland für viele Jahre und teils unter katastrophalen Bedingungen inhaftiert sind. In der Tat kann es in manchen Fällen schwierig werden, wenn man im Ausland verhaftet und verurteilt wird.
Festgenommen im Ausland: Recht auf Kontakt zur Botschaft
Ob Verdacht auf Drogendelikte, Gewaltverbrechen oder verkehrsrechtliche Delikte – wer im Ausland festgenommen wird, hat in der Regel einen Anspruch darauf, dass die deutsche Auslandvertretung kontaktiert wird. „In den meisten Ländern muss die Botschaft benachrichtigt werden, sobald ein Ausländer verhaftet wurde – das ist in der Wiener Konvention geregelt, einem konsularischen Übereinkommen“, erklärt Rechtsanwalt Prof. Ulrich Sommer, Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Es liege dann im Ermessen der Botschaft oder des Konsulats, was für den Inhaftierten getan wird.
Vertretung nur durch örtlichen Anwalt
Die Beamten von der Botschaft oder dem Konsulat können zwar nicht aktiv in ein Strafverfahren eingreifen. Sie können den Verhafteten allerdings im Gefängnis besuchen, sich über die Haftbedingungen erkundigen und auf Wunsch die Angehörigen informieren. Botschaften und Konsulate verfügen außerdem über eine Liste mit Anwälten, an die Verhaftete sich wenden können
Ob sie zusätzlich einen Anwalt aus dem Heimatland engagieren dürfen, der mit dem örtlichen Anwalt zusammenarbeitet, hängt vom Einzelfall ab. Hintergrund sind weniger die subjektiven Rechte der Verhafteten als die Vereinbarungen, die die Länder untereinander getroffen haben.
Festnahmen und Verurteilungen im Ausland
Die Rechte Verhafteter unterscheiden sich von Land zu Land und vor allem innerhalb und außerhalb der EU deutlich. Dabei ist die Position Festgenommener im Ausland häufig insgesamt schlechter als etwa auf deutschem Boden. Schlagzeilen macht derzeit beispielsweise der Fall eines US-amerikanischen Studenten, der in Nordkorea zu einer langen Strafe verurteilt worden ist. Danach muss der 21-jährige Otto Frederick Warmbier 15 Jahre lang Zwangsarbeit machen. Die Behörden werfen ihm vor, in seinem Hotel versucht zu haben, ein Banner mit einem politischen Slogan zu stehlen.
Verhaftet innerhalb der EU: Anwalt aus Heimatland kann engagiert werden
Wer im Ausland innerhalb der EU festgenommen wird, ist in dieser Hinsicht rechtlich deutlich besser gestellt als Verhaftete auf anderen Kontinenten. Hier wird nicht nur sofort die Botschaft benachrichtigt, jeder Verhaftete hat auch Anspruch auf einen Anwalt seines Heimatlandes.
In manchen Fällen muss allerdings ein Anwalt des entsprechenden Landes dabei sein, ein sogenannter nationaler Einvernehmensanwalt. Dieser begleitet den deutschen Anwalt bei seiner Arbeit im Ausland und insbesondere bei den Mandantenbesuchen. Die Kosten dafür trägt der Mandant.
Nicht immer Recht auf Pflichtverteidiger
Problematisch wird es allerdings auch in einem EU-Land, wenn der Verhaftete sich keinen Anwalt leisten kann. „Auch innerhalb der EU bekommt man nicht immer einen Pflichtverteidiger zur Seite gestellt“, warnt Rechtsanwalt Sommer. In diesem Fall gebe es nur noch die Möglichkeit, dass Familie oder Freunde in Deutschland einen Anwalt engagieren, der dann zum Festgenommenen ins Ausland fährt, einen vor Ort ansässigen Kollegen engagiert und gemeinsam mit ihm den Inhaftierten aufsucht.
Haftstrafen können nicht immer in Deutschland verbüßt werden
Was passiert nun, wenn der Verhaftete dennoch verurteilt wird? „Auch dann kommt es darauf an, um welches Land es sich handelt“, informiert der Rechtsanwalt aus Köln. Innerhalb der EU sei es Standard, dass Verurteilte die Strafe in einem Gefängnis im Heimatland verbüßen. In den meisten Ländern insbesondere außerhalb Europas haben Inhaftierte deutlich weniger Rechte als in Deutschland.
In Ländern außerhalb der EU werde in der Regel geprüft, ob die Haftstrafe in Deutschland verbüßt werden kann. Problematisch wird es bei einer Verurteilung für eine Tat, die in Deutschland nicht strafbar ist, zum Beispiel Homosexualität. Dafür kann in Deutschland natürlich niemand in Haft genommen werden. In diesem Fall muss der Verurteilte die Haftstrafe im Ausland verbüßen.
Doppelte Staatsbürgerschaft: Örtliche Regeln gelten
Andere Regeln gelten bei Menschen, die eine doppelte Staatsbürgerschaft haben. Werden sie in einem Land festgenommen, deren Staatsbürgerschaft sie besitzen, gelten sie nicht als Ausländer, auch wenn sie in einem anderen Land wohnen. Die lokalen Behörden sind dann nicht immer bereit, mit der deutschen Auslandsvertretung zusammenzuarbeiten.
Anwalt für Strafrecht gesucht: Strafverteidiger-Notruf des DAV
Haben Sie einen Verwandten oder Familienangehörigen, der im Ausland festgenommen wurde? Oder sind Sie selbst im Ausland und stehen in einem Konflikt mit den örtlichen Strafverfolgungsbehörden? Über den Strafverteidiger-Notruf des DAV können Sie rund um die Uhr und das ganze Jahr hindurch Strafverteidiger kontaktieren, die unter Umständen auch ins Ausland reisen können. Zu den gewöhnlichen Bürozeiten können Sie über unsere Anwaltssuche ebenfalls eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt für Strafrecht in Ihrer Nähe finden.
- Datum
- Aktualisiert am
- 17.03.2016
- Autor
- vhe